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Der weiße Klang der Wellen: Roman (German Edition)

Der weiße Klang der Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der weiße Klang der Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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erfüllte ein limonenfarbener Nebel den
Raum. Es war eines der kleinen Wunder, auf die er sich in Afrika inzwischen
eingestellt hatte. Eine von Gottes bescheidenen Darbietungskünsten.
    Darbietungen gab es überall: Ein Massai-Krieger, der nur ein rotes
Lendentuch trug, um seine Nacktheit zu bedecken, wartete auf seinen Speer
gestützt, im Intercontinental auf den Lift, während er mit seinem
Taschenrechner herumspielte. Ein neues Mercedesmodell, das vor einer Lehmhütte
parkte, ein Chemieprofessor an der Universität, der weder sein Geburtsdatum
kannte noch wußte, wie alt er war, und sich immer leicht amüsiert fragte, warum
das jemanden kümmern sollte. Sogar die Landschaft war widersprüchlich. Er
erwachte in der klaren Luft Nairobis in seinem Daunenschlafsack (es war
verdammt kalt in der Nacht), fuhr dann fast fünfzig Kilometer nach Westen und
kam in eine Wüste von so drückender Hitze, daß nur Dornbüsche dort überleben
konnten. Dornbüsche waren das beste Beispiel für Darwins Selektionstheorie,
Thomas war nie einer besseren begegnet – Selbsterhaltung in Extremform.
    Er legte die Paw-Paw- und die Passionsfrüchte zu der Mango in den
Strohkorb und reichte ihn einem schlanken Asiaten hinter der behelfsmäßigen
Ladentheke. Thomas feilschte nicht, obwohl der Mann das wahrscheinlich
erwartete. Für Regina war Handeln Ehrensache, ein fester Bestandteil der kenianischen
Kulturerfahrung. Nicht zu handeln, erklärte sie, trage zur Inflation bei.
Außerdem mache es den Eindruck, als seien Amerikaner leichte Beute. Nun, das
sind sie doch auch, antwortete Thomas, warum sollten sie so tun, als wäre es
anders? Und was war schlecht daran, als leichte Beute zu erscheinen? War Jesus
letzten Endes nicht auch leichte Beute? Obwohl Thomas, der nicht besonders
religiös war, Mühe hatte, den Streit fortzuführen.
    Kenia war tatsächlich ein Land der Gegensätze – nervenaufreibend und
manchmal quälend. Eines Sonntags vor nicht allzu langer Zeit, als er Regina
wegen ihrer wissenschaftlichen Untersuchungen zur psychiatrischen Klinik in Gil
Gil brachte, hatte er den Ford Escort über die Haarnadelkurven des
Steilabbruchs in die Ebene des Rift Valley hinuntergefahren, und das Heck des
Wagens war auf der zerfurchten Straße heftig ins Schlingern geraten. Regina
hatte ein Kleid getragen, das er besonders mochte: ein dünnes Hemdblusenkleid
aus maulbeerfarbener Baumwolle, das sich eng an Brust und Hüften schmiegte.
Regina war üppig, eine Tatsache, für die sie sich verachtete. Eine Tatsache,
für die er sie einst angebetet hatte. Was er vielleicht immer noch täte, wenn
sie diese Bewunderung nicht durch ihren Selbsthaß verdorben hätte.
    Sie hatte dichtes, lockiges schwarzes Haar, das sich nicht zähmen
ließ und ihr oft wirr ins Gesicht hing. Ihre Augen waren klein, und tiefe
Zornesfalten standen zwischen ihren dichten Brauen. Aber im Wagen, mit der
Sonnenbrille auf der Nase, sah sie an diesem Tag fast elegant aus. Sie hatte
Lippenstift aufgelegt, was sie selten tat, ein Pink mit metallischem Glanz, das
ihn maßlos ablenkte.
    Die Klinik bestand aus einer Reihe von Beton- und Blechhütten, die
wie Kasernen angeordnet waren. Männer lagen oder saßen in zerrissenen blauen
Hemden und Shorts, der einzigen Kleidung, die sie besaßen, auf dem geteerten
Hof. Sauberkeit schien so gut wie unmöglich zu sein, und der Gestank war in der
Hitze fast unerträglich. Die Männer streckten die Hände aus, um Thomas und
Regina zu berühren, als sie vorbeigingen, und wenn es ihnen gelang, zischten
sie, als hätten sie sich an der weißen Haut verbrannt. In der Abteilung für
gewalttätige Patienten hingen die Männer nackt an den vergitterten Fenstern.
Sie waren schizophren, hatten Tuberkulose oder litten an Lepra und Syphilis.
Ihr Führer, ein Luo, der einen Nadelstreifenanzug und ein schneeweißes Hemd
trug (was in dieser Welt aus Staub und Wahnsinn ganz unglaublich erschien),
informierte sie, daß alle von offizieller Seite als psychotisch eingestuft
worden seien. Herzlich lachend, hatte ihr Gastgeber ihnen die Küche gezeigt,
die nach verfaulendem Abfall stank. Ein Patient, der vor sich hin sang, wischte
mit einem fast schwarzen Lappen in schwungvollen Bewegungen den Boden. Die
Ananasschneider, die Messer besitzen durften, waren in Käfige gesperrt, während
sie ihre Arbeit verrichteten. In der Frauenabteilung trugen die Patientinnen
grüne Kittel. Einmal wöchentlich wurden ihnen die Köpfe geschoren. Die meisten
lagen schlafend oder

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