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Der weiße Klang der Wellen: Roman (German Edition)

Der weiße Klang der Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der weiße Klang der Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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Nachrichten über Palästina oder den Irak
im Hintergrund zu hören war, die Kehle zusammenschnürte). Er hängte sich seinen
Rucksack über die Schulter. Die Hitze traf ihn unmittelbar – paradoxerweise
entnervend und verführerisch zugleich. Beim Gehen hatte er das Gefühl, als
würde er durch Wasser den Hügel hinaufschwimmen, an der Harrambee Avenue vorbei
auf das Museum zu, wo er nach Aussage des Herausgebers des Magazins (um die
Lüge nicht aufrechterhalten zu müssen, hatte Thomas um einen Auftrag gebeten
und auch einen erhalten) vielleicht eine Unterkunft vermittelt bekäme. Thomas
folgte einer Karte, verirrte sich in dem Gewirr enger Gassen mit Geschäften,
Cafés und Steinhäusern, die mit herrlich geschnitzten Türen versehen waren. Auf
der mit Kopfsteinen gepflasterten Straße, die vom Hafen den Hügel hinaufführte
(Straßen, auf denen nie Autos gefahren waren), herrschte ein Hauch von Kühle,
weshalb Thomas erwog, seine Route zu ändern. Männer in Kanzus und Kofias sahen
ihn forschend an, während Frauen in schwarzen bui-buis mit Babys auf dem Arm
leise an ihm vorbeiglitten. Ständig hörte er die Schreie von Eseln, und
geschickt wichen Katzen vor seinen Füßen aus. In den Rinnsteinen floß Abwasser
und verbreitete einen ungesunden süßlichen Gestank.
    Er fragte nach dem Weg und wurde von einem Jungen, der mit einem
Stock vorausrannte, zum Museum geführt. Thomas mußte sich beeilen, um den
Jungen einzuholen, der an jeder Ecke geduldig seiner harrte und schweigend auf
sein Trinkgeld wartete, als er Thomas vor der Museumstür ablieferte. Thomas
trat ein und hatte kaum Zeit, einen Blick auf die Nachbildungen alter
Segelschiffe und die schweren Silberteller zu werfen, als eine Frau, vielleicht
eine Angestellte, ihn fragte, ob sie ihm behilflich sein könne. Er sagte, er
suche einen Mann namens Sheik. Ah, sagte die Frau, Bwana Sheik sei nicht im
Haus. Sie lächelte und zog einen Umschlag heraus. Auf dem Umschlag stand eine
Wegbeschreibung und im Innern befand sich ein Schlüssel, was Thomas
überraschte, denn er wußte nicht, daß vor seiner Ankunft Telefongespräche
geführt und Vorkehrungen getroffen worden waren. Von Bezahlung wurde nichts
erwähnt, und Thomas schätzte, daß es unhöflich wäre, Geld anzubieten, da er
keine Ahnung hatte, welche Gefälligkeiten seinetwegen ausgetauscht worden
waren.
    Der Junge mit dem Stock, der ihn zum Museum geführt hatte, wartete
auf ihn, als er herauskam, und Thomas war froh, ihm den Umschlag mit der
Adresse geben zu können. Der Junge führte ihn durch ein Labyrinth von Gassen,
in denen sich Kochgerüche mit dem Gestank von Abwasserkanälen vermischten, zu
einem schmalen Gebäude mit einer unauffälligen Tür. Thomas hatte ein Zimmer
oder bestenfalls eine Wohnung erwartet und war überrascht, als der Junge die
Tür aufschloß und ihn in den Innenhof eines Hauses führte. Er war irritiert und
hätte geglaubt, daß der Junge sich verlaufen hatte, wenn der Schlüssel nicht so
perfekt ins Schloß gepaßt hätte. Ein kahler Suaheli in einer Schürze –
vermutlich ein Diener – tauchte aus den Schatten auf, verscheuchte den Jungen
mit einem barschen Wort und stellte sich als Mr. Hussein vor. Thomas gefiel der
Stolz, der sich in dem Wort Mister ausdrückte. Ob er sich umsehen wolle, bevor
er ihm kalten Tee bringe? Thomas sah schon wieder auf seine Uhr, wie bereits
vor zehn Minuten. Irgendwie befürchtete er, daß auf der exotischen Insel die
Zeit nach eigenen Gesetzen ablaufen könnte. Ja, sagte er, er werde sich umsehen
und wäre dankbar für ein Glas Tee.
    Der Diener verschwand in dem Dunkel, aus dem er gekommen war. Thomas
blieb einen Moment im Hof stehen. Die eng stehenden Hauswände warfen kühle
Schatten auf den Steinboden. In seiner Mitte befand sich ein niedriger, von
gelben Blumen umgebener Brunnen, in der Ecke stand ein Paw-Paw-Baum. Zu ebener
Erde schien eine Küche zu sein, aber Thomas ging nicht hinein, weil er Mr.
Hussein nicht bei seinen Vorbereitungen stören wollte. Statt dessen stieg er
eine Treppe hinauf, wo in Nischen verschiedene Skulpturen standen, und er hatte
das Gefühl, als flösse Wasser über die Steine. Die Treppe führte in ein
Stockwerk, in dem sich eine Art Wohnzimmer befand mit niedrigen geschnitzten
Möbeln und Kissen, die mit gebleichtem Baumwollstoff bezogen waren. Ziselierte
Kupfer- und Silberschalen und große Keramikvasen schmückten Wände und Nischen.
Die Treppe führte noch höher ins dritte Stockwerk hinauf, das unter

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