Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
dauerte eine Weile, bis Steapa begriff, worauf sein Herr anspielte. «Ja, Herr», antwortete er.
    «Dann begleiche sie jetzt!»
    «Wovon ist hier die Rede?», fragte Harald.
    «Euer König», antwortete Odda und betonte das letzte Wort hämisch, «hat Steapa und Uhtred aufgefordert, gegeneinander zu kämpfen,
     bis einer von beiden tot ist. Und doch leben beide noch. Dem Befehl Eures Königs wurde also nicht entsprochen.»
    |386| «Es gilt Waffenruhe!», legte Harald Widerspruch ein.
    «Wenn sich Uhtred weiterhin in die Angelegenheiten Defnascirs einmischt, werde ich ihn töten lassen», erwiderte Odda entschieden.
     «Ihr wollt wissen, wer im Recht ist, Alfred oder ich? Ihr wollt wissen, wer König in Wessex sein wird, Æthelwold oder Alfred?
     Dann lasst es auf einen Zweikampf ankommen, Harald. Lasst Steapa und Uthred ihren Kampf beenden, dann werden wir ja sehen,
     welcher von beiden Gottes Gunst besitzt. Gewinnt Uhtred, werde ich Euch unterstützen. Und wenn er verliert?» Er lächelte.
     Er hatte keinen Zweifel daran, wer gewinnen würde.
    Harald schwieg. Ich sah Steapa an und entdeckte, wie auch bei unserer ersten Begegnung, keinerlei Regung in seinem Gesicht.
     Er hatte versprochen, mich zu schützen, doch das war, bevor er seinen Herrn wiedergesehen hatte. Die Dänen waren sehr zufrieden.
     Was kümmerte es sie, wenn sich zwei Sachsen schlugen? Harald dagegen zögerte weiter. Und dann erklang eine schwache, brüchige
     Stimme vom Ende der Halle her. «Lasst sie kämpfen, Harald, lasst sie kämpfen.» Odda der Ältere stand, in einen Mantel aus
     Wolfsfellen gehüllt, an der Tür. Er hielt ein Kruzifix in der Hand. «Lasst sie kämpfen», wiederholte er. «Gott wird den Arm
     des Siegers führen.»
    Harald sah mich an. Ich nickte. Mir war nicht danach zu kämpfen, doch ein Mann darf keiner Herausforderung ausweichen. Hätte
     ich etwa sagen sollen, wie unsinnig es war zu erwarten, dass Gott durch einen solchen Kampf kundtäte, wie man sich entscheiden
     sollte? Hätte ich Harald ansprechen und behaupten sollen, dass Odda im Unrecht sei und Alfred gewinnen werde? Mit einer Verweigerung
     des Kampfes hätte ich Odda recht gegeben. Und in Wahrheit hatte mich Odda halb davon überzeugt, |387| dass Alfred am Ende war, und Harald, da war ich sicher, hatte er ganz und gar davon überzeugt. Doch dass ich an diesem Tag
     in Haralds Palas den Kampf aufzunehmen bereit war, hatte nicht nur mit meinem Stolz zu tun. Tief im Inneren glaubte ich trotz
     allem, dass Alfred die Oberhand gewinnen würde. Ich mochte weder ihn noch seinen Gott, glaubte aber fest daran, dass sich
     das Schicksal zu seinen Gunsten entscheiden würde. Also nickte ich ein zweites Mal, diesmal in Steapas Richtung. «Ich will
     nicht gegen dich kämpfen», sagte ich, «aber ich habe Alfred Treue geschworen. Mag mein Schwert beweisen, dass er den Sieg
     davontragen und Dänenblut unsere Felder düngen wird.»
    Steapa sagte nichts. Er spannte nur die Muskeln seiner riesigen Arme.
    Einer von Oddas Männern ging nach draußen und kehrte wenig später mit zwei Schwertern zurück. Ohne Schilde, nur mit Schwertern.
     Er hatte die beiden Waffen wahllos aus dem Haufen gefischt und bot nun Steapa an, eine Wahl zu treffen, doch der schüttelte
     den Kopf und überließ dieses Vorrecht mir. Ich ergriff mit geschlossenen Augen das erste Heft, das mir zwischen die Finger
     kam. Es war ein großes Schwert, das zur Spitze hin schwerer wurde. Eine Hiebwaffe, die sich nicht gut als Stichwaffe einsetzen
     ließ. Da wusste ich, dass ich die falsche Wahl getroffen hatte.
    Steapa nahm das andere Schwert und ließ es so schwungvoll durch die Luft zischen, dass die Klinge zu singen anfing. Svein,
     der bislang kaum eine Regung gezeigt hatte, war beeindruckt. Odda der Jüngere grinste vor sich hin. «Du kannst immer noch
     das Schwert niederlegen», sagte er zu mir, «aber dann beugst du dich meinem Willen.»
    |388| Ich schüttelte den Kopf und ging zu der freien Fläche neben der Feuerstelle. Statt selber anzugreifen, wollte ich Steapa kommen
     lassen. Mir war alles gleichgültig, dem Schicksal entkommt niemand.
    «Bring es schnell hinter dich», hörte ich Odda den Älteren im Hintergrund sagen, «um meinetwillen.»
    «Ja, Herr», sagte Steapa. Er ging einen Schritt auf mich zu, wirbelte dann plötzlich so schnell wie eine zustoßende Schlange
     herum, und die Klinge seines Schwertes fuhr mit einem Hieb durch die Kehle des jungen Aldermannes. Das Schwert war nicht so
    

Weitere Kostenlose Bücher