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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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und dass ich diese Gelegenheit genutzt hatte, um ihn zu töten.
    «Aber es heißt, dass Ihr gut gekämpft habt», sagte Svein.
    Iseult hörte aufmerksam zu. Sie verstand unsere Sprache nicht, doch ihre großen Augen schienen jedes Wort aufzusaugen. Als
     das Fest vorbei war, führte ich sie in die Räume jenseits der Halle, wo sie mich an der notdürftigen Leine in ihre Kammer
     zog, die mit rohem Holz getäfelt war. Ich bereitete uns ein Lager aus unseren Umhängen. «Wenn wir damit fertig sind», sagte
     ich ihr, obwohl sie mich nicht verstehen konnte, «wirst du deine Zauberkraft verloren haben.»
    Sie legte den Zeigefinger auf meine Lippen, um mich zum Schweigen zu bringen, und weil sie eine Königin war, gehorchte ich
     ihr.
     
    |110| Am nächsten Morgen plünderten wir weiter. Iseult zeigte mir, in welchen Häusern Wertgegenstände zu finden sein könnten, und
     meistens behielt sie recht, auch wenn die Suche meist mit der Zerstörung der Häuser endete, weil die Bewohner ihre dürftigen
     Schätze gut versteckt hielten, nicht selten im Strohdach. Also trugen wir die Dächer ab, scheuchten dabei Ratten und Mäuse
     auf und durchsiebten das faulige Stroh. Danach gruben wir den Lehmboden unter der Feuerstelle um und überall da, wo man sein
     Silber aufbewahren mochte. Wir sammelten jedes Stück Metall, jeden Kochtopf oder Angelhaken, und die Suche dauerte den ganzen
     Tag. An diesem Abend teilten wir am Ufer unsere Beute.
    Svein hatte mittlerweile noch einmal über Callyn nachgedacht und war dabei wohl ausreichend nüchtern gewesen, denn er befand
     nun, dass der König zu stark für uns war. «Wir könnten leicht siegen», sagte er, «aber wir würden viele Männer verlieren.»
    Eine Schiffsmannschaft kann keine größeren Verluste verkraften. Im Kampf gegen Peredur war auf unserer Seite niemand gefallen.
     Aber Callyn war stärker und misstraute den Dänen. Deshalb hielt er aller Wahrscheinlichkeit nach seine Haustruppen in Bereitschaft.
     «Außerdem gibt’s da nicht viel zu holen», sagte Svein verächtlich.
    «Bezahlt er Euch?», fragte ich.
    «Ja, genau wie Peredur Euch bezahlt hat.»
    «Ich habe mit Euch geteilt», sagte ich.
    «Aber nicht das Geld, das er Euch vor dem Kampf gegeben hat», erwiderte Svein mit einem Grinsen. «Das habt Ihr nicht geteilt.»
    «Wovon redet Ihr?»
    «Wir sind also quitt», sagte er. Wir hatten aus Peredurs Tod alle beide ordentlichen Gewinn gezogen. Svein hatte |111| Gefangene, und jeder von uns besaß jetzt Silber und Metallstücke im Wert von über neunhundert Schillingen. Es war kein Vermögen,
     zumal den Männern ein Anteil daran zustand, übertraf aber alles, was ich auf meiner Reise bislang an Beute hatte machen können.
     Außerdem hatte ich Iseult. Auch ohne Fessel blieb sie an meiner Seite, und anscheinend war sie darüber glücklich. Voller Schadenfreude
     hatte sie der Zerstörung von Peredurs Palas zugesehen, also hatte sie ihren Gemahl vermutlich gehasst. Er hatte sie gefürchtet,
     und sie hatte ihn gehasst, und falls es ihr tatsächlich möglich gewesen war, in die Zukunft zu schauen, dann hatte sie mich
     gesehen und ihren Gemahl getäuscht, um das Vorhergesehene Wirklichkeit werden zu lassen.
    «Wohin werdet Ihr jetzt fahren?», fragte Svein. Wir gingen am Ufer entlang, an der Reihe der Gefangenen vorbei, die uns mit
     finsteren, rachsüchtigen Blicken bedachten.
    «Ich hatte vor, durch die Sæfern-See zu kreuzen», antwortete ich.
    «Da ist nichts mehr zu holen», sagte er.
    «Nichts?»
    «Alles leer geräumt.» Er meinte damit, dass die Dänen und Nordmänner die Küstenorte vollständig ausgeplündert hatten. «Alles,
     was in der Sæfern-See zu finden ist», fuhr er fort, «sind unsere Schiffe, die Kämpfer aus Irland bringen.»
    «Um Wessex anzugreifen?»
    «Nein!» Er grinste mich an. «Ich will mit den walisischen Königreichen Handel treiben.»
    «Und ich will mit meinem Schiff zum Mond segeln, um dort einen Palas für immerwährende Festgelage zu bauen.»
    Er lachte. «Wenn wir schon von Wessex sprechen; ich |112| habe gehört, dass an der Stelle, wo Ihr Ubba getötet habt, eine Kirche gebaut werden soll.»
    «Das habe ich auch gehört.»
    «Mit einem Altar aus purem Gold?»
    «So heißt es», antwortete ich und ließ mir nicht anmerken, dass mich sein Wissen um Oddas Pläne überraschte. Aber eigentlich
     hätte es mich nicht überraschen sollen. Gerüchte, in denen von Gold die Rede ist, verbreiteten sich immer wie Quecken. «So
     heißt es»,

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