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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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nahm die Gefangenen an Bord seines Schiffes. Wir verbrachten eine letzte Nacht in der Bucht unter dem zähen Rauch und
     ruderten los, sobald am nächsten Morgen die ersten Sonnenstrahlen auf dem Wasser blitzten. Wir umschifften die Landzunge im
     Westen und |115| steuerten aufs offene Meer hinaus, als ich hoch oben auf der Klippe eine schwarzgekleidete Gestalt entdeckte, die uns beobachtete.
     Trotz der Entfernung glaubte ich Asser zu erkennen. Iseult sah ihn ebenfalls. Sie fauchte wie eine Katze, schüttelte ihre
     Faust in seine Richtung und spreizte dann die Finger, wie um ihn mit einem Fluch zu belegen.
    Dann vergaß ich ihn wieder, denn die
Fyrdraca
war zurück auf hoher See und nahm Kurs auf das Ende der Welt.
    Und ich hatte eine Schattenkönigin als Begleitung.

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    |117| ZWEITER TEIL
Der Marschenkönig
    |119| VIER
    Ich liebe das Meer. Ich bin an der Küste aufgewachsen, doch in meinen Erinnerungen ist das Wasser, das die Bebbanburg umspült,
     meist grau und düster und nur selten von der Sonne überglänzt. Ganz anders die große See, die von den Toteninseln heranrollt
     und an Felsen im Westen Britanniens donnernd zerschellt. Dort heben sich die Wogen, als würden Meeresgötter ihre Muskeln spielen
     lassen. Ohne Unterlass kreischen die Seevögel, und der Wind treibt Gischt an die Klippen, und die
Fyrdraca
, die vor diesem Wind segelte, hinterließ einen schäumend weißen Pfad im Meer. Ich spürte den Druck des Steuerruders, als
     wäre es von eigenem Leben erfüllt, spürte, wie das Schiff dahinschoss, und überließ mich den Freuden der Fahrt. Iseult starrte
     mich an, erstaunt darüber, wie glücklich ich war. Aber dann ließ ich sie ans Ruder und beobachtete, wie sie sich mit ihrem
     schlanken Leib gegen die Gewalt des Meeres stemmte, bis sie verstand, wie mächtig das Ruder war, und begriff, wie man ein
     Schiff steuert. Und dann lachte sie. «Ich könnte auf dem Wasser leben», sagte ich ihr, obwohl sie mich nicht verstand. Ich
     hatte ihr einen Armreif aus Peredurs Schatz gegeben, dazu einen silbernen Zehenring und eine Kette aus langen spitzen Raubtierzähnen,
     aufgereiht an einem Silberdraht.
    Ich wandte mich um und sah mit an, wie Sveins
Weißes Pferd
die Wellen durchschnitt. Sein Bug tauchte manchmal tief in eine Welle, und darauf schien es, als bäume sich das Schiff auf.
     Den Pferdekopf schnaubend der Sonne entgegengereckt, zeigte es seine mit Algen dunkelgrün |120| bewachsene Brust; dann stürzte es zurück in die Wellen und zerschmetterte das Wasser mit seinen Planken. Ihre Ruder waren,
     wie unsere auch, eingeholt und die Löcher in der Bordwand versiegelt. Wir segelten, vom Wind getrieben. Die
Fyrdraca
war das schnellere Schiff, nicht weil sie besser gebaut war, sondern weil sie einen längeren Rumpf hatte.
    Es ist eine Lust, ein gutes Schiff zu steuern, und die Lust ist noch größer, wenn sich in seinem Kielraum geraubtes Silber
     häuft. Es ist die Lust der Wikinger, in wogender See den Drachenkopf auf Kurs zu halten, einer Zukunft entgegen, in der gefeiert
     und gelacht wird. Das brachten mir die Dänen bei, und dafür liebe ich sie, da können sie noch so gottlose Heiden sein. In
     diesem Moment, da wir vor Sveins
Weißem Pferd
dahinsegelten, war ich der glücklichste Mann der Welt, befreit von der Kirche, den Gesetzen und dem Dienst an Alfreds Wessex.
     Doch dann befahl ich, das Segel einzuholen, ein Dutzend Männer löste die Taue, und die Rah rauschte den Mast hinunter. Wir
     hatten den äußersten Rand Britanniens erreicht und würden umkehren. Ich winkte Svein, als das
Weiße Pferd
an uns vorbeisegelte. Auch er winkte und blickte noch lange zurück auf die
Fyrdraca
, die in der Dünung schaukelte.
    «Genug gesehen?», fragte mich Leofric.
    Ich starrte zum Westrand Britanniens, wo die Klippen dem Ansturm des Meeres trotzten. «Penwith», sagte Iseult und nannte mir
     damit den britischen Namen der Landspitze.
    «Willst du nach Hause zurück?», fragte ich Leofric.
    Er zuckte mit den Achseln. Die Mannschaft drehte die Rah längs zum Schiff, befestigte sie vorne und hinten auf den Halterungen
     und band das Segel zusammen, damit der Wind es nicht losriss. Die Ruder wurden bereitgemacht, |121| und während sich das
Weiße Pferd
in der Sæfern-See verlor, wollten wir Richtung Osten.
    Ich schaute Svein nach und beneidete ihn. «Ich muss reich werden», sagte ich zu Leofric.
    Er lachte.
    «Ich muss meinem Weg folgen», erklärte ich. «Und der führt nach Norden, zurück

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