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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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mexikanischer Soldaten russische Kosaken sie verfolgten und in dem sie Menschen sterben sah, die bereits seit zweieinhalb Jahrzehnten tot waren.
    Der geistige Verfall ihrer Freundin erschreckte Nizhoni, und sie zog Gisela fest an sich. Diese sah mit leuchtenden Augen zu ihr auf. »Es wird alles gut, Mama, es wird gewiss alles gut!«
    »Das wird es«, versprach Nizhoni und schwor sich, das Ihre zu tun, damit Gisela ihr Kind unter einem schützenden Dach zur Welt bringen konnte.

13.
    N izhoni schlief mit angespannten Sinnen, die Doppelpistole in der Hand und bereit, sie gegen jeden einzusetzen, der ihre Schutzbefohlenen und sie bedrohte. Doch als der Morgen sich mit einem fahlen Licht aus der Nacht erhob, hatte sie nicht mehr als das ferne Heulen eines Kojoten vernommen.
    Rasch schüttelte sie ihre Müdigkeit ab, wusch zuerst sich und Josef an einem kleinen Bach und brachte mit der Blechtasse ein wenig Wasser zu Gisela. Sie musste mehrmals gehen, bis ihre Freundin sich halbwegs gesäubert hatte. Danach entzündete sie ein Lagerfeuer, legte Steine hinein, damit diese heiß werden konnten, und suchte ihre Schlingen auf, um zu sehen, ob sich während der Nacht ein Tier darin gefangen hatte. Bei einer Schlinge musste ein größeres Viehzeug hineingeraten sein, denn es hatte sich befreien können und die Falle zerstört. Eine weitere war leer, doch in der dritten fand sie schließlich ein totes Erdhörnchen.
    Sie brachte es zu ihrem Lager, zog das graue Fell ab und weidete das Tier aus. Einen Augenblick lang schwankte sie, ob sie das Erdhörnchen braten oder klein schneiden und in die Suppe tun sollte. Da es nicht viel Fleisch war, entschied sie sich für die Suppe. Nachdem sie mit Hilfe zweier Äste die ersten heißen Steine in ihren primitiven Lederkessel gelegt hatte, suchte sie alles zusammen, was sie zum Bau einer einfachen Hütte benötigte.
    Sie unterbrach die Arbeit nur, um mittags zu essen. Josef löffelte seine Suppe selbst, während sie Gisela füttern musste. Als am Abend die Sonne den westlichen Horizont berührte, hatte sie eine Hütte geflochten, die nicht besonders groß und auch nicht völlig regendicht war. Doch mit Reisig und Gras als Bodenbelag reichte sie aus, um Gisela halbwegs angenehm darin ruhen zu lassen. Zu essen gab es nur die Reste vom Vormittag, und das war so wenig, dass Josef Nizhoni erregt beschimpfte, weil sie ihm nicht mehr gab.
    Die Navajo hörte dem Jungen ein paar Augenblicke zu und schüttelte den Kopf. »So wirst du nie ein großer Krieger! Ein solcher hält seinen Zorn im Zaum, und er weiß Hunger und Kälte zu ertragen.«
    Der Vorwurf saß. Der Junge schniefte, zog dann eine entschlossene Miene und ballte die Faust. »Náshdóítsoh ist ein großer Krieger!«
    »Dann beweise es!« Nizhoni hatte dem Jungen aus Scherz den Namen Puma in ihrer Stammessprache gegeben und vernahm nun mit Freude, dass er ihn selbst verwendete.
    Mit einem bedauernden Blick maß sie den größeren Rest des Essens für Gisela ab und fütterte diese, während für sie selbst nur zwei Löffel blieben. Anschließend holte sie ihre Habseligkeiten in die Hütte, band die Vorderbeine der Stute zusammen, damit das Tier nicht zu weit weglaufen konnte, und legte sich schlafen.
    Ein gellender Schrei riss sie hoch. Er kam von Gisela, und Nizhoni begriff, dass deren Niederkunft bevorstand. Gleichzeitig klammerte sich Josef zutiefst erschreckt an sie. Da eine Geburt Frauenwerk war, wollte Nizhoni den Jungen nicht dabeihaben.
    »Geh hinaus und such die Schecke!«, befahl sie und schob ihn aus der Hütte.
    Einen Augenblick sah es so aus, als wolle Josef wieder zu ihr und Gisela zurückkommen. Dann aber lief er los, und Nizhoni blieb nur zu hoffen, dass er vorsichtig genug war und ihm nichts passierte. Sie entzündete vor der Hütte ein kleines Feuer und war froh um die Schwefelhölzchen der Weißen, weil sie mit einem Feuerbohrer um einiges länger gebraucht hätte.
    In diesen Stunden hätte sie sich eine Lampe gewünscht, aber die besaß sie nicht, und sie wollte keinen brennenden Ast in den Boden stecken. Da Gisela sich immer wieder herumwälzte und um sich schlug, hätte sie eine primitive Fackel umstoßen und das Reisig- und Graspolster der Hütte in Brand setzen können.
    Die Zeit wollte nicht vergehen, während die Gebärende vor Schmerzen so schrie, dass es der Indianerin in den Ohren gellte. Nizhoni tat alles, um Gisela zu helfen. Dennoch dämmerte der Morgen herauf, ohne dass das Kind kam.
    »Es tut so weh,

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