Der weite Himmel: Roman (German Edition)
Sorgen um dich.«
»Du machst dir Sorgen?« Noch immer in dem beseligenden Zustand vollkommener Befriedigung gefangen, stützte sich Willa auf die Ellbogen und sah auf ihn hinunter. Sie liebte es, im Dunkeln sein Gesicht zu betrachten, all die vertrauten Züge darin Stück für Stück wiederzuentdecken. »Weshalb denn?«
»Ich bin nicht gern weitab vom Schuß, solange dauernd etwas passiert.«
»Ich kann schon auf mich aufpassen.« Willa strich ihm liebevoll das Haar aus dem Gesicht. Seltsam, dachte sie, seine Haarspitzen sahen immer so aus, als wären sie in feuchten Goldstaub getaucht worden. Seltsamerweise war ihr Bedürfnis,
ständig mit den Fingern hindurchzufahren, seit einiger Zeit immer stärker geworden. Ich kann mich gut alleine um die Ranch kümmern.«
»Ja.« Fast schon zu gut, dachte er. »Trotzdem mache ich mir Sorgen. Ich könnte ohne weiteres über Nacht bei dir bleiben.«
»Ben, das Thema haben wir doch schon abgehandelt. Bess gibt vor, nicht zu wissen, was hier oben vor sich geht, und ich möchte ihr den Spaß nicht verderben. Außerdem …« Sie küßte ihn rasch, um sich dann träge auf den Rücken zu rollen, »außerdem hast du mit deiner eigenen Ranch genug zu tun.« Sie räkelte sich. »Ab nach Hause, McKinnon. Für heute bin ich mit dir fertig.«
»Meinst du?« Er zog sie an sich, um ihr das Gegenteil zu beweisen.
Wenn sich ein Mann auf Zehenspitzen aus einem dunklen Haus schleicht, kommt er sich meistens vor wie ein Narr. Oder er fühlt sich überglücklich. Nate schwankte zwischen diesen beiden Gemütszuständen, als er die Vordertür öffnete und sich Ben gegenübersah.
Beide starrten sich an und räusperten sich. »Schöne Nacht«, meinte Nate schließlich.
»Eine meiner besten.« Ben gab auf und grinste breit. »Wo hast du denn deinen Wagen geparkt?«
»Hinter dem Viehstall. Und du?«
»Ich auch. Keine Ahnung, wozu die Heimlichtuerei gut sein soll. Jeder hier auf der Ranch weiß ohnehin, was zwischen uns und den Frauen vorgeht.« Gemeinsam gingen sie die Verandastufen hinunter und dann in Richtung Scheune. »Ich habe ständig Angst, eine Kugel in den Rücken zu bekommen«, bemerkte Ben, der sich argwöhnisch umsah.
»Adam und Ham halten jetzt diese Wache«, beruhigte ihn Nate. »Ich versuche immer zu dieser Zeit aufzubrechen, weil die beiden nicht ganz so schießwütig sind.« Er schaute sich zum Haupthaus um, sah zu Tess’ Schlafzimmerfenster hinauf. »Außerdem finde ich, daß eine solche Nacht durchaus ein gewisses Risiko wert ist.«
»Um einen Mann, der so redet, mache ich mir ernsthafte Sorgen.«
»Ich glaube, ich werde sie heiraten.«
Ben blieb wie angewurzelt stehen. »Sag das noch mal. Ich muß mich verhört haben.«
»Du hast mich genau verstanden. Sie ist fest entschlossen, im Herbst nach Kalifornien zurückzukehren.« Nate zuckte die Achseln. »Ich baue darauf, daß sie es nicht tut.«
»Hast du mit ihr schon darüber gesprochen?«
»Mit Tess?« Belustigt sah Nate seinen Freund an. »Bei einer Frau wie ihr muß man vorsichtig sein, sie ist daran gewöhnt, daß alles nach ihrer Pfeife tanzt. Also muß man sie glauben machen, es sei ihre Idee. Sie weiß selbst noch nicht, daß sie mich liebt, aber sie wird schon noch dahinterkommen.«
Das ganze Gerede von Liebe und Heirat verursachte Ben Unbehagen. »Und wenn nicht? Was machst du, wenn sie ihre Sachen packt und geht? Würdest du das zulassen?«
»Ich kann sie ja schlecht einsperren.« Nate holte seine Autoschlüssel aus der Tasche und klimperte damit. »Aber ich wette, daß sie bleibt. Und ich habe ja noch Zeit, um darauf hinzuarbeiten.«
Ben dachte plötzlich an Willa und daran, wie er reagieren würde, wenn es ihr auf einmal in den Sinn kommen sollte, ihre Zelte in Montana abzubrechen. Er hätte sie in Rekordzeit gefesselt und geknebelt. »Ich fürchte, ich würde mich nicht so vernünftig verhalten.«
»Nun, noch kommt es ja nicht hart auf hart. Ich hab’ die nächsten Tage im Gericht zu tun« fügte Nate hinzu, als er in seinen Jeep stieg, »sobald ich Zeit habe, bringe ich dir das Bild von Cooke vorbei.«
»Mach das.« Ben blieb bei seinem eigenen Fahrzeug stehen und drehte sich zum Haus um. Nein, er würde nicht vernünftig bleiben können, wenn er jemanden liebte.
Während der Heimfahrt redete er sich ein, wie glücklich er sich doch schätzen konnte, daß dies nicht der Fall war.
Kapitel 6
Jesse hatte alles genau geplant. O ja, er war bereit gewesen zu warten, sich in Geduld zu fassen.
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