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Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Titel: Der weite Himmel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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stellt.« Er redete weiter auf sie ein, wobei sein Gesicht dem ihren ganz nah war. Im Nebenzimmer bellte der Hund immer noch wie wild, doch keiner von beiden achtete auf ihn. »Wir machen eine schöne, lange Reise. Nach Mexiko.«
    »Ich gehe nicht mit dir.« Der nächste Hieb ließ sie taumeln, doch dann stürzte sie sich zu ihrer beider Erstaunen wie eine Furie auf ihn und ging mit Nägeln, Zähnen und Fäusten auf ihn los.
    Die Wucht des Zusammenpralls warf ihn gegen die Anrichte, und er spürte einen sengenden Schmerz in seiner Hüfte, als sich die scharfe Kante in sein Fleisch bohrte. Er schrie auf, als sie ihm mit ihren Nägeln durch das Gesicht fuhr und tiefe, blutige Kratzer hinterließ. Ihre unvermutete Attacke traf ihn so plötzlich, daß er sich erst zur Wehr setzte, als sie zum zweiten Mal die Fingernägel in seine Wange schlug. »Du miese Nutte!« Er stieß sie gegen den Tisch, so daß ihre schöne Teetasse herunterfiel und zerbrach. Die Hunde heulten und kratzten wie wild an der Tür.
    »Dafür bringt ich dich um!«
    Beinahe hätte er es getan. Die Waffe lag schon in seiner Hand, der Finger am Abzug. Doch sie sah ihn an, und in ihren Augen stand weder Furcht noch eine flehentliche Bitte um Gnade, sondern lediglich nackter Haß.
    »Ist es das, was du willst?« Jesse zog sie hoch und drückte den Lauf gegen ihre Schläfe. »Du willst, daß ich dich umbringe ?«
    Es hatte einmal eine Zeit gegeben, da hätte sie seine Frage vielleicht bejaht, nur um endlich erlöst zu sein. Aber jetzt dachte sie an ihr neues Leben, ihr Leben mit Adam und ihren Schwestern; an ihr Heim und ihre Familie.
    »Nein, ich werde mit dir mitkommen.« Und auf die erstbeste Gelegenheit zur Flucht oder zum Kampf warten, schwor sie sich.
    Er bebte am ganzen Körper, als er sie zur Tür schleifte. Der Schock darüber, daß sie es tatsächlich gewagt hatte, ihm die Stirn zu bieten, ihn so schwer zu verletzen, daß er blutete, machte ihm zu schaffen. Die Zeit, die er mit ihr vertrödelt hatte – er war ja davon ausgegangen, daß sie friedlich wie ein Lamm mitkommen würde –, verursachte ihm ein flaues Gefühl im Magen.
    Daher nahm er auch kaum zur Kenntnis, daß es schneite. In der Ferne donnerte es immer noch, und dicke, schwere Flocken tanzten vor seinen Augen, so daß er Adam erst bemerkte, als sie sich gegenüberstanden und Jesse in den Lauf einer Flinte blickte.
    »Laß sie sofort los!« Adams Stimme war die Wut und Angst, die ihn schüttelten, nicht anzumerken.
    Jesse verstärkte seinen Griff um Lilys Hals und drückte ihr die Luftröhre zu. Immer noch hielt er den Colt auf ihren Kopf gerichtet, und Adam sah ihm an, daß er vollkommen die Beherrschung verloren hatte. »Sie ist meine Frau, verdammt noch mal! Geh mir aus dem Weg, oder ich bringe sie um! Ich jage ihr hier und jetzt eine Kugel in den Kopf!«
    Er hörte, wie ein Hahn gespannt wurde. Willa trat auf ihn zu, ohne Mantel und mit schneebedecktem Haar. »Nimm
deine dreckigen Pfoten von meiner Schwester, du elendes Schwein!«
    Es lief falsch, alles lief falsch, und die aufkeimende Panik ließ Jesses Finger am Abzug zittern. »Ich tue es. Ihr Gehirn spritzt euch auf die Schuhe, wenn ihr auch nur einen Schritt näher kommt. Na los, sag es ihnen, Lily. Sag ihnen, daß ich keine Hemmungen habe, dich umzubringen.«
    Lily fühlte den kalten Stahl an ihrer Schläfe. Wartete auf die Explosion. Er hielt sie in einem so festen Würgegriff, daß sie kaum noch Luft bekam. Um am Leben zu bleiben, richtete sie den Blick fest auf Adam. »Ja, er wird es tun. Er war hier. Die ganze Zeit über war er hier.«
    Jesses Augen sprühten Feuer. Mit seinem blutüberströmten Gesicht und dem höhnischen Grinsen ähnelte er einem Monster aus einem Horrorfilm. »Das ist richtig, ich war die ganze Zeit hier, in ihrer Nähe. Wenn ihr wollt, daß sie so endet wie all die anderen, dann versucht nur, mich aufzuhalten.« Ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Er hatte die Oberhand gewonnen, war wieder Herr der Lage. »Vielleicht werde ich darauf verzichten, sie auszuweiden oder zu skalpieren, aber trotzdem wird sie gleich mausetot sein.«
    »Genau wie du«, knirschte Adam.
    »Ich kann ihr wie einem Huhn den Hals umdrehen.« Jesses Stimme überschlug sich fast, »oder ihr in den Kopf schießen.« Sein Arm legte sich so unerbittlich um Lilys Hals, daß diese verzweifelt die Hände hob und versuchte, den furchtbaren Druck zu lockern. »Vielleicht ist das Glück mir ja auch weiterhin hold.

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