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Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Titel: Der weite Himmel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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er zur Hintertür und spähte durch die Scheibe. Da war sie. Seine kleine Lily, dachte er. Da saß sie am Tisch, trank Tee, blätterte in einer Zeitschrift und wartete darauf, daß ihr indianischer Liebhaber zurückkam und es ihr besorgte. Treuloses Luder.
    Das Grollen des Donners über ihm brachte ihn einen Moment lang aus der Fassung. Er blickte zum sternenlosen Himmel auf. Sogar der Wettergott war auf seiner Seite, stellte er grinsend fest. Der Regen würde ihre Spuren auf dem Weg nach Süden verwischen.
    Langsam drückte er die Klinke herunter und betrat das Haus.
    »Adam, ich hab’ hier einen Artikel über Hochzeitstorten entdeckt. Ich dachte …« Sie brach ab und starrte weiterhin blicklos auf die Seite, während ihr Herz wie rasend zu pochen begann. Beans, der unter dem Tisch lag, stieß ein drohendes Knurren aus. Und da wußte sie es; wußte, wer da hinter ihr stand, noch ehe sie den Mut aufbrachte, sich umzudrehen.
    »Bring den Köter zur Ruhe, Lily, oder ich knalle ihn ab.«
    Daran hegte sie keinen Zweifel. Er sah noch genauso aus wie früher, trotz des dunkleren und längeren Haares und des Schnurrbartes. Er stand da, die Augen zu zwei gefährlichen Schlitzen verengt, ein böses Lächeln auf den Lippen. Trotz ihrer Furcht überwand sie sich, aufzuspringen und sich zwischen Jesse und den Hund zu stellen.
    »Beans, sei still. Es ist alles in Ordnung.« Als der Hund
fortfuhr zu knurren, bemerkte sie voller Entsetzen, daß Jesse eine Pistole aus dem Gürtel zog. »Bitte nicht, Jesse. Er ist doch nur ein alter Hund. Außerdem wird man den Schuß hören, und dann wird jemand kommen.«
    Jesse wollte irgend etwas, irgend jemanden töten. Der Drang dazu wurde schier übermächtig, doch er beherrschte sich, da er keinen unnötigen Lärm verursachen wollte. »Dann sorg dafür, daß er Ruhe gibt. Sofort!«
    »Ich – ich werde ihn ins Nebenzimmer sperren.«
    »Beweg dich ganz langsam, Lily, und versuch ja nicht wegzulaufen.« Jesse mochte das Gewicht der Waffe in seiner Hand, die Art, wie sich der Kolben in seine Handfläche schmiegte. »Es würde dir schlecht bekommen. Ich könnte nämlich versucht sein, hier sitzenzubleiben und auf deinen Indianerfreund zu warten, von dem du dich so gerne durchvögeln läßt. Und sobald er zur Tür hereinkommt, werde ich ihn töten.«
    »Ich laufe nicht weg.« Lily packte Beans am Halsband und zerrte ihn zur Tür, obwohl er sich sträubte und alle viere gegen den Boden stemmte. »Steck bitte die Waffe weg, Jesse. Du weißt doch, daß du sie nicht brauchst.«
    »Vermutlich nicht.« Immer noch lächelnd, schob er den Colt in seinen Gürtel zurück. »Komm her!«
    »Du machst einen großen Fehler, Jesse.« Verzweifelt versuchte sie, sich daran zu erinnern, was man ihr in der Therapie beigebracht hatte. Bleib ruhig und denk nach, befahl sie sich. »Wir sind geschieden. Wenn du mir noch einmal etwas antust, wanderst du ins Gefängnis.«
    Wieder schloß sich seine Hand um den Kolben seiner Waffe. »Ich sagte, du sollst herkommen.«
    Sie mußte näher an die Tür herankommen, überlegte sie. Vielleicht gelang es ihr, an ihm vorbeizuschlüpfen und Adam zu warnen. »Ich versuche, mir ein neues Leben aufzubauen«, sagte sie, während sie auf ihn zuging. »Und das solltest du auch tun. Wir können beide noch einmal von vorne anfangen. Ich habe dich doch sowieso nur dauernd enttäuscht, also …« Vor Schmerz und Überraschung schrie sie auf, als er ihr mit dem Handrücken ins Gesicht schlug.
    »Darauf habe ich seit über sechs Monaten gewartet.« Und da es ihn mit einer solch tiefen Befriedigung erfüllte, schlug er gleich noch einmal zu, diesmal so fest, daß sie in die Knie ging. »Ich war die ganze Zeit in deiner Nähe, Lily.« Er packte ihr Haar und riß sie daran hoch. »Und habe dich beobachtet.«
    »Hier?« Der brennende Schmerz war ihr nur zu vertraut. Es fiel ihr immer schwerer, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber sie dachte nach, dachte an Mord und Wahnsinn. »Du warst hier? O Gott!«
    Nun drohte die Angst sie zu lähmen. Er hatte immer nur seine Fäuste gebraucht, nur seine Fäuste. Er pflegte keine Menschen in Stücke zu schneiden.
    Doch als sie ihm in die Augen sah, war dort nichts als rasende Wut.
    »Du kommst jetzt mit, wirst dich ruhig verhalten und genau das tun, was ich dir sage.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, zog er sie erneut kräftig an den Haaren. »Wenn du mir Schwierigkeiten machst, dann kannst du was erleben, du und jeder, der sich mir in den Weg

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