Der weite Himmel: Roman (German Edition)
ausgeklammert, aber nun … im Moment schaut er sich gerade mit Adam die Pferde an.« Sie seufzte wehmütig, dann lächelte sie. »Was für ein Mensch ist er denn, Lilys Adam?«
»Sie hätte keinen besseren finden können, und er würde für sie durchs Feuer gehen, Adele.«
»Sie hat soviel durchgemacht. Wenn ich nur daran denke …«
»Tu das nicht.« Bess berührte Adeles Hand. »Das alles liegt jetzt hinter ihr, genau wie das Thema Jack Mercy für dich abgeschlossen ist. Lily wird eine wunderschöne Braut sein, und sie wird mit Adam bestimmt sehr glücklich werden.«
Bess’ Worte entlockten Adele erneut Tränen. Sie rannen ihr bereits über die Wangen, als Willa auf sie zukam.
»Entschuldigung, ich wollte nicht stören.« Sie machte bereits Anstalten, sich wieder ins Haus zurückzuziehen.
»Nein, bleib bitte hier!« Adele schniefte kurz, dann stand sie auf und streckte Willa die Hand entgegen. »Ich bin sentimental, ich weiß. Wir hatten noch gar keine Gelegenheit, miteinander zu reden. Alle Briefe von Lily handelten fast ausschließlich von dir und Tess.«
Weinende Frauen verursachten ihr immer Unbehagen. Willa wich ein Stück zurück und lächelte unsicher. »Mich wundert, daß sie außer Adam überhaupt noch ein Thema hatte.«
»Du und dein Bruder, ihr habt die gleichen Augen.« Dunkel und unergründlich, dachte Adele. Und seltsam weise. »Ich kannte deine Mutter flüchtig. Eine bildhübsche Frau.«
»Danke.«
»Ich habe ziemliche Ängste ausgestanden.« Adele räusperte sich. »Mir ist klar, daß jetzt eigentlich nicht der richtige Zeitpunkt ist, um diesen Punkt zur Sprache zu bringen, aber ich habe mir furchtbare Sorgen gemacht. Lily hat mir in ihren Briefen und bei unseren Telefonaten eine stark abgemilderte Version der Ereignisse geliefert, aber als Jesse – als das mit Jesse passierte, erschienen sogar im Osten Zeitungsberichte darüber. Aber jetzt, wo ich dich und Adam kennengelernt habe, ist mir etwas wohler zumute.«
»Lily ist stärker als du denkst. Stärker, als wir alle vermutet haben.«
»Vielleicht hast du recht«, stimmte Adele zu und holte tief Luft. »Ich muß mich noch für deine Gastfreundschaft bedanken. Es war sehr nett von dir, Rob und mich einzuladen, bei dir zu wohnen, obwohl das doch recht unangenehm für dich sein muß.«
»Das hatte ich anfangs auch befürchtet, aber es ist nicht so.
Die Eltern meiner Schwestern sind auf Mercy immer willkommen.«
»In dir steckt nicht viel von Jack.« Adele wurde blaß und biß sich verlegen auf die Lippen. »Entschuldige bitte.«
»Schon gut.« Willa wandte den Kopf, als sie ein Stück Chrom in der Sonne aufblitzen sah, und verzog langsam die Lippen. »Hier kommt die nächste Überraschung.« Sie sah Adele von der Seite her an. »Ich hoffe nur, es ist dir nicht peinlich.«
»Was hast du nun schon wieder ausgeheckt, Mädchen?« wollte Bess wissen.
Willa lächelte nur geheimnisvoll und ging auf die Haustür zu. »Hey, Hollywood, komm mal einen Moment nach draußen.«
»Was ist denn los?« Tess schlenderte mit einem Glas in der Hand zur Tür. »Wir sind mitten in einem Gesellschaftsspiel. Wie viele neue Worte kann man aus dem Begriff ›Flitterwochen‹ bilden? Im Augenblick liege ich in Führung. Ich kann einen Korb mit Kosmetikartikeln gewinnen.«
»Ich weiß einen besseren Preis für dich.«
Tess folgte mit den Augen Willas ausgestrecktem Zeigefinger und blinzelte, als sie Nates Jeep erkannte, der langsam auf das Haus zufuhr. »Arroganter, eingebildeter Möchtegerncowboy. Ich will nicht mit ihm reden. Sag ihm einfach, er soll sich zum … ach du heilige Scheiße!«
»Wirst du wohl auf einem Hochzeitsempfang nicht so gotteslästerlich daherreden«, rügte Bess scharf, dann breitete sich langsam ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus, als sich die Beifahrertür des Jeeps öffnete und eine Vision in Gold ausspie. »Ich traue meinen Augen nicht! Louella Mercy, wie sie leibt und lebt.«
»Lange nicht gesehen.« Mit einem dröhnenden Lachen rannte Louella los, so schnell es ihr in ihren hochhackigen Pumps möglich war, und schloß ihre völlig überraschte Tochter in die Arme. »Überraschung, Baby!« Sie gab Tess einen Kuß auf die Wange, wischte ihr dann die Lippenstiftspuren ab und wirbelte herum, um Bess zu begrüßen. »Na, schwingst du hier immer noch das Zepter?«
»So gut ich kann.«
»Und das hier muß Jacks Jüngste sein.« Louella drückte Willa so fest an sich, daß dieser die Rippen schmerzten. »Himmel, du bist das
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