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Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Titel: Der weite Himmel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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daran denken mußte, welch unerwünschte Regungen er in ihr auslöste, dann konnte sie sich endlich wieder voll und ganz auf ihre Arbeit und die Ranch konzentrieren.
    Sie blickte zum Bett hinüber und erschauerte. Den Schlaf hatte sie zwar bitter nötig, doch sie fürchtete sich davor, wieder die blutigen Bilder vor sich zu sehen.
    Sie atmete tief durch und krabbelte dann entschlossen unter ihre Decke. Sie würde an etwas Angenehmes denken, an den Frühling, der noch in so weiter Ferne lag. An die Wiesen voller blühender Pflanzen und an die warme Brise, die von den Bergen herüberwehte.
    Doch als sie endlich einschlief, träumte sie wieder von Blut, von Tod und von Entsetzen.

Kapitel 6
    Aus Tess Mercys Tagebuch:
     
    Nach zwei Tagen auf der Ranch bin ich zu dem Schluß gekommen, daß ich Montana hasse. Ich hasse Rinder, ich hasse Cowboys, und ganz besonders hasse ich Hühner. Bess Pringle, die knochige Despotin, die hier im Haus die Hosen anhat, hat mir die angenehme Aufgabe übertragen, mich um die gackernden Biester zu kümmern. Von der Aussicht auf eine zweite Karriere im Hühnerstall erfuhr ich gestern nach dem Abendessen; einer Mahlzeit, die, wie ich hinzufügen sollte, aus Bärenbraten bestand. Wie es aussieht, ist unsere Miß Lederstrumpf in die Berge geritten und hat einen Grizzly erlegt. Das muß man sich mal vorstellen!
    Dabei hat mir das Essen eigentlich recht gut geschmeckt – zumindest bis man mich darüber aufklärte, was ich da verspeise. Bleibt noch zu erwähnen, daß im Gegensatz zu dem, was andere Wildläufer behauptet haben mögen, Grizzlysteaks im Geschmack wenig Ähnlichkeit mit Brathähnchen haben. Was auch immer gegen Bess einzuwenden ist – und zu dem Thema würde mir viel Unfreundliches einfallen, wenn ich bedenke, wie giftig sie mich ständig mustert –, die Frau kocht einfach himmlisch. Ich werde auf mein Gewicht achten müssen, sonst laufe ich wieder mit soviel überflüssigen Pfunden herum wie in meiner Teenagerzeit.
    Während ich mich in der wirklichen Welt aufhielt, hat es auf der Ponderosa eine Menge Aufregung gegeben. Offenbar
hat jemand oben in den Bergen ein Rindvieh geschlachtet, und als ich zu bemerken wagte, daß das in meinen Augen das natürliche Ende eines jeden Steaklieferanten sei, gab sich Annie Oakley redlich Mühe, mich mit den Blicken zu erdolchen. Dabei muß ich zugeben, daß das Mädchen gar nicht so übel ist. Wäre sie nicht so eine kratzbürstige Besserwisserin, könnte ich tatsächlich eine gewisse Sympathie für sie aufbringen.
    Aber ich schweife wieder mal ab.
    Das Rind ist auch nicht einfach getötet, sondern nach allen Regeln der Kunst verstümmelt worden, und der Vorfall hat bei der Mannschaft einige Besorgnis ausgelöst. In der Nacht vor meiner Rückkehr wurde außerdem eine der Stallkatzen enthauptet und auf der vorderen Veranda deponiert. Ausgerechnet die arme Lily fand sie.
    Ich bin mir noch nicht schlüssig, ob ich das Ganze als einmaliges Ereignis, das sich nicht wiederholen wird, abtun soll, oder ob ich es besser als gegeben ansehe, daß derlei Dinge hier an der Tagesordnung sind, und dafür sorge, daß meine Tür immer gut verschlossen ist. Aber sogar die Cowboyprinzessin hat Sorgenfalten auf der Stirn, was mir unter anderen Umständen eine tiefe innere Befriedigung verschafft hätte. Die Dame geht mir mitunter nämlich gewaltig auf die Nerven. Doch wenn ich an die vielen Monate denke, die noch vor mir liegen, dann fühle ich mich ziemlich unwohl in meiner Haut.
    Lily verbringt viel Zeit mit Adam und seinen Pferden. Die Blutergüsse verblassen langsam, aber ihre Nerven scheinen wirklich zum Zerreißen gespannt. Merkt sie eigentlich nicht, daß unser edler Wilder mehr für sie empfindet als bloße Freundschaft? Die zwei geben ein hübsches Pärchen ab. Ich kann mir nicht helfen, aber ich mag Lily, sie ist so lieb und harmlos. Und wenn man es recht bedenkt, sitzen wir beide ja im selben Boot.
    Ein weiterer Darsteller in diesem Stück ist Ham; die perfekte Verkörperung des Trapperklischees. Ein O-beiniger, ergrauender Brummbär mit stechenden Augen und schwieligen Händen. Wenn er mich sieht, tippt er an seinen Hut, ansonsten ist er ziemlich wortkarg.
    Dann wäre da Pickles. Keine Ahnung, ob der Mann auch einen richtigen Namen hat. Er ist ein unfreundlicher, mürrischer Geselle, der aussieht wie ein Bierfaß in Westernstiefeln. Haare hat er kaum noch auf dem Kopf, dafür trägt er aber einen riesigen rötlichen Schnurrbart. Ständig meckert er

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