Der weite Himmel: Roman (German Edition)
glänzende Kleid, das sich, jede Kurve betonend, eng an ihren Körper schmiegte, endete weit oberhalb der Knie und gab den Blick auf lange, wohlgeformte Schenkel frei.
»Himmel, Willa, du siehst wirklich zum Anbeißen aus. Und du wirst dir eine herrliche Erkältung holen, wenn du noch länger hier draußen in der Kälte stehenbleibst.«
Sein Mantel war nicht zugeknöpft, eine Tatsache, die er sofort ausnutzte, indem er auf sie zuging und sie darin einhüllte. Er genoß es, ihren Körper so nah zu spüren.
»Laß mich los!« Sie wand sich in seinen Armen wie ein Aal, mußte jedoch erkennen, daß sie in der Falle saß. »Ich bin hierhergekommen, um endlich einmal fünf Minuten alleine zu sein.«
»Dann hättest du dir besser etwas überziehen sollen.«
Ben, der die Situation von Herzen genoß, schnupperte an ihr wie ein hungriger Hund, der einen Knochen wittert. Er hörte, wie sie ein Kichern unterdrückte. »Riecht gut.«
»Diese verflixte Tess hat mich mit irgendwelchem Zeug eingesprüht.« Willa begann, sich in der Wärme langsam zu entspannen. »Das Gesicht hat sie mir auch angepinselt.«
»Was ihr aber gut gelungen ist.« Er grinste nur, als sie ihn mitleidig musterte.
»Ich werde nie verstehen, wieso Männer auf solche Tricks hereinfallen. Was ist denn so toll an Schönheit, die nur aus Flaschen und Tuben kommt?«
»Wir Männer sind schwache Geschöpfe, Will. Schwach, töricht und leicht herumzukriegen. Darf ich mal probieren?«
Vorsichtig knabberte er an ihrem Hals, was sie zum Lachen brachte.
»Laß den Quatsch, McKinnon, du Spinner.« Trotzdem legte sie ihre Arme um seine Taille und kuschelte sich an ihn. Darüber hatte sie fast vergessen, was sie in dermaßen schlechte Laune versetzt hatte. »Du bist spät dran«, fügte sie hinzu. »Deine Eltern, Zack und Shelly sind schon lange da. Ich dachte, du kommst nicht mehr.«
»Ich wurde aufgehalten.« Ehe sie seine Absicht erkennen und sich ducken konnte, küßte er sie rasch, und da sie sich nicht wehrte, zog er den Kuß in die Länge. »Hast du mich vermißt?«
»Nein.«
»Du lügst.«
»Ach ja?« Da er für ihren Geschmack ein bißchen arg selbstgefällig grinste, spähte sie über seine Schulter hinweg zu dem hellerleuchteten Fenster, hinter dem sich die Menschenmenge drängte. »Ich hasse Partys. Alle stehen nur herum und quasseln dummes Zeug. Wozu soll das gut sein?«
»Eine Party, meine liebe Willa, dient zum sozialen und kulturellen Gedankenaustausch. Man hat Gelegenheit, sich in Schale zu werfen, ein paar kostenlose Drinks zu sich zu nehmen und ein bißchen zu flirten. Ich zum Beispiel habe fest vor, dir schöne Augen zu machen, sobald wir wieder drinnen sind. Es sei denn, du würdest lieber mit mir im Pferdestall verschwinden und mir erlauben, dich aus diesem Kleid zu schälen.«
Da ihr diese Aussicht weitaus mehr gefiel, als ihr lieb war, lenkte sie schnell ab. »Andere Vorschläge hast du nicht?«
»Doch. Wir könnten meinen Jeep benutzen, aber das wäre wesentlich unbequemer.«
»Warum können Männer eigentlich an nichts anderes als an Sex denken?«
»Weil Vorfreude die schönste Freude ist. Hast du unter diesem Kleid noch etwas an?«
»Sicher. Ich mußte mich am ganzen Körper mit Öl einreiben, um überhaupt hineinzukommen.«
Er zuckte zusammen und stöhnte leise. »Ich hab’s wohl nicht besser verdient. Komm, laß uns reingehen.«
Als er zurücktrat und sie freigab, traf sie die Kälte wie ein Schlag. Bibbernd eilte sie zur Tür, blieb jedoch, die Klinke bereits in der Hand, kurz stehen und drehte sich zu ihm um. »Ben, warum hast du es dir plötzlich in den Kopf gesetzt, mich in dein Bett zu bekommen?«
»Wer redet denn hier von plötzlich?«
Er öffnete ihr die Tür und schob sie ins Haus, dann
schlüpfte er aus seinem Mantel und warf ihn achtlos über das Treppengeländer. Im Gegensatz zu Willa amüsierte er sich auf Partys gewöhnlich blendend, er genoß den Geräuschpegel, die Unterhaltung und die Gesellschaft seiner Mitmenschen. Einige Gäste hatten sich, volle Teller in der Hand, auf den Treppenstufen niedergelassen und waren in angeregte Gespräche vertieft. Andere standen in der Halle oder saßen im Wohnzimmer. Fast alle grüßten ihn freundlich oder wechselten ein paar Worte mit ihm, als er vorbeiging, eine Hand fest auf Willas Arm gelegt.
Er wußte nur zu gut, daß sie auf eine Gelegenheit wartete, ihm zu entwischen, aber er wollte heute abend etwas klarstellen. Er wollte sowohl ihr als auch allen anderen –
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