Der weite Weg nach Hause
um und winkten.
»Du gutel Mann, Rev!«, rief Sonny.
Und Jimmy echote: »Ja, du gutel Mann, Rev!«
19
Das Zimmer der bunten Gläser
Ein griechischer Freund von Christy Slane, Babis Panayiottis − gewöhnlich »Panno« genannt −, war der Inhaber einer beliebten Taverne in Highgate Village. Kürzlich hatte Christy in Pannos Küche neue Rohre verlegt, einen Heißwasserboiler installiert und die Aufstellung eines gasbetriebenen Holzkohlegrills geleitet. Und Panno hatte zu ihm gesagt: »Sehr gute Arbeit. Genau wie ich es mag. Von nun an sei gelegentlich mein Gast.«
Die Angestellten in Pannos Taverne kamen und gingen. Am liebsten beschäftigte er Griechen oder griechische Zyprioten und behauptete, in einer kulturell so gemischten Stadt sähen die Gäste es gern, wenn Menschen auch das waren, was sie vorgaben zu sein. Christy gegenüber gestand er aber, es sei schwierig, Griechen einzustellen. »Eine Menge Griechen werden in London unglücklich«, sagte er. »Nicht ihre Schuld. Sie ertragen einfach das Klima nicht.«
Als Christy von Lev erzählte, von seiner Zeit im GK Ashe und seiner Bereitschaft, hart zu arbeiten, fragte Panno: »Sieht er griechisch aus?«
Lev bekam eine Stelle als Kellner bei Panno. Sechs Pfund die Stunde plus Trinkgeld, jeden Abend von sechs bis Mitternacht, sechs Tage die Woche. Von der Belisha Road bis zur Taverne waren es zwanzig Minuten zu Fuß, wodurch er Fahrgeld und Zeit sparte. Und er mochte Panno. Ein gebeugter Mann Mitte fünfzig mit melancholischem Gesicht. Brauen, vom Holzkohlenfeuer versengt. Händedruck eines Boxers. Augen, glühend vor patriotischem Stolz.
Verglichen mit der Speisekarte im GK Ashe war Pannosschlicht: Fisch, Hühnchen, Lammkebab, Steak, würzige griechische Grillwürstchen, Rindfleisch-Stifado, bei niedriger Hitze geschmortes Lamm-Kleftiko, Salbei-Moussaka mit einer dicken Schicht Béchamelsoße, frittierte Garnelen und Tintenfisch mit grüner Chilisoße, Zucchini-Frikadellen, gefüllte Pilze, Tomaten und Weinblätter, öliger Hummus und Taramas, Bohneneintopf, Auberginenauflauf, gebackener Halloumi-Käse, Schalen mit fleischigen grünen Oliven, geröstetes Fladenbrot und griechische Salate ...
»Ändert sich nie«, erklärte Panno Lev. »Meine Stammkunden kennen die Karte auswendig. Deshalb kommen sie wieder: gutes Essen, aber einfach. Mittelmeeressen. Je nachdem, was auf dem Markt gerade gut aussieht, biete ich manchmal auch anderen Fisch an, oder ich koche eine Fischsuppe. Aber wenn ich die Speisekarte ändern würde, gäbe es eine Meuterei in Highgate!«
Lev musste selbst für seine Kleidung sorgen. »Schwarze oder graue Hose. Weißes Hemd. Alles immer frisch und sauber.« Um die Taille gebunden trug er das Markenzeichen der Taverne, eine wie die griechische Flagge blau-weiß gestreifte Schürze. Lev mochte den schweren Baumwollstoff, störte sich nicht daran, dass sie eine Art Uniform war.
An den meisten Abenden war das Lokal voll, freitags und samstags war die Hölle los. Während ihrer Sechsstundenschicht liefen Lev und die beiden anderen Kellner, Yorgos und Ari, geschlagene zehn Kilometer zwischen Küche und Gastraum hin und her. Aber die Zeit auf den Spargelfeldern hatte Lev abgehärtet. Er war geschickt und schnell. Beherrschte rasch die Kunst, drei Teller gleichzeitig zu tragen, lernte schnell, einen winkenden Arm, eine hochgehaltene Weinflasche aus den Augenwinkeln zu registrieren. Und er hatte nichts dagegen, vorne im Gastraum zu sein. Nach der Arbeit hinter den Kulissen in der Hochgeschwindigkeitsküche vom GK Ashe fand er es interessant, sich an diesem anderen Schauplatz, im Essbereich, zu bewegen und die Gerichte an die Tische zu bringen.
Die Gäste betranken sich mit griechischem Bier, Wein, Retsina, Raki, und Lev fiel auf, dass sie dabei gewöhnlich bester Dinge waren. Der Besuch in der Taverne verführte sie zu einer gewissen Selbstvergessenheit, einer emotionalen Ausgelassenheit, als machten sie für ein paar Stunden Urlaub auf einer griechischen Insel. Es wurde sehr viel gelacht, hin und wieder gestritten, manchmal geweint. Das Trinkgeld war meist üppig.
»Die Briten brauchen Griechenland«, verkündete Panno gern und schüttelte sein graues Haupt, wenn der letzte angeheiterte Gast in die Sommernacht hinaustorkelte. »Schon immer. Sogar noch vor Lord Byron. Dort fühlt ihr Herz sich am freiesten.«
Auch wenn Lev wenig Zeit blieb, in der Küche zu beobachten, wie Pannos Gerichte zubereitet wurden, führte er ein Notizbuch. Und er
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