Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)
die er geheiratet und verloren hatte.
»Greig Turner«, sagte ich. »Wusste er, was du bist?«
»Nein«, sagte sie mit Nachdruck. »Damals nicht. Aber irgendwann schöpfte er Verdacht. Darum ließ er mich durch einen Detektiv beschatten.«
»Matt Blumenthal.«
»Matt Blumenthal«, wiederholte sie.
»Du hast ihn doch getötet, nicht?«, fragte ich. »In diesem Keller.«
»Er ist hier gestorben, das stimmt. Aber ich habe ihn nicht umgebracht.«
»Wer denn?«
»Das gehört mit dazu, wenn du die Wahrheit wissen willst, Jamie. Zuerst musst du dich entscheiden, ob du alles wissen willst.«
»Warum hattest du Turners Foto oben in deiner Wohnung?«
»Er war mein Mann. Ich habe mich ihm immer sehr verbunden gefühlt. Ich wollte sein Bild in meiner Nähe haben.« Sie ging zur Anrichte, um mir nachzuschenken.
»Warum hast du dann keinen Kontakt gehalten? Warum hast du ihn verlassen?«
»Du hast ihn doch gesehen. Beantwortet das deine Frage denn nicht?«
»Du hast ihm den Laufpass gegeben, weil er alt war? Du wolltest ihn nicht besuchen, weil er im Sterben lag und du noch jung bist?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, so war das nicht, sondern seinetwegen – ich wollte seine Gefühle nicht verletzen. Was glaubst du wohl, wie er sich fühlen würde, wenn er wüsste, dass ich so bin, wie ich bin, und er so ist, wie er ist? Ich hielt es für besser, ihn in dem Glauben zu lassen, ich sei tot. Und wenn er nicht den Detektiv beauftragt hätte und du ihn nicht aufgesucht hättest, wäre er vielleicht viel glücklicher gestorben.« Sie kehrte mit dem Glas zurück und hielt es mir hin. Meine rechte Hand zitterte, als ich es nahm, und ich brauchte beide Hände, um es an den Mund zu setzen.
»Du weißt also, dass er tot ist?«, fragte ich, nachdem ich geschluckt hatte.
»Ja, das weiß ich.« Sie setzte sich neben mich und legte mir die Hand aufs Knie.
»Was willst du von mir?«, fragte ich.
»Mit dir zusammen sein«, sagte sie.
»Für wie lange?«
»Für immer«, sagte sie und sah mich unverwandt an. Ich spürte, wie ich in ihren unendlich tiefen schwarzen Augen versank, und ich musste mich mit Gewalt zurückziehen.
»Das ist nicht möglich und das weißt du auch«, erwiderte ich.
»Es ist möglich«, sagte sie.
»Und wie?«
»Das gehört mit dazu, wenn du die ganze Wahrheit erfahren willst, Jamie. Du musst dir zuerst darüber klar werden, ob du damit umgehen kannst. Ob du es wirklich willst.«
»Wollte Greig Turner es denn nicht? Wollte er denn nicht für immer bei dir bleiben?«
Sie ballte ihre Hand auf meinem Bein zur Faust, und ich spürte, wie sich ihre Nägel durch den Stoff meiner Hose in die Haut darunter krallten. »Ich habe Greig nicht verlassen, weil er alt wurde. Er hat mich verlassen. Und er hat mich betrogen; er konnte seine Finger nicht von anderen Frauen lassen. Ich habe ihn geliebt, ich habe ihn angefleht, es nicht zu tun, aber er wollte nicht hören. Er hat es einfach weggeworfen. Und als ihm klar wurde, was er verloren hatte, war es zu spät. Er hat sich nicht bemüht, mich zurückzuerobern; zu diesem Zweck hat er Blumenthal nicht beauftragt. Er fand heraus, dass ich sein Pflegeheim in Big Sur bezahlte. Ich glaube, er hatte einen Verdacht, dass etwas nicht stimmte. Er wollte mich nicht zurück, Jamie. Er wollte nur nicht sterben.«
»Keiner will das, Terry. Scheiße, soll ich denn immer noch Terry zu dir sagen? Welchen Namen verwendest du?«
»Terry ist in Ordnung.«
»Wie war denn dein ursprünglicher Name?«
»Der erste?«
»Ja, der allererste.«
Sie lachte. »Das ist so lange her.« Und dann sagte sie etwas, das so ähnlich wie »Malinkila« klang. Ich bat sie, es zu wiederholen, aber ich konnte es immer noch nicht nachsprechen.
»Ägyptisch?«, fragte ich und sie nickte, und dann wussten wir beide, dass es für mich kein Zurück mehr gab.
»Bist du bereit?«, fragte sie.
»Ja.«
»Bist du sicher?«
»Ja.«
»Dann frage.« Sie nahm wieder auf dem Sofa Platz und wartete, während ich versuchte meine Gedanken zu ordnen. Es gab so vieles, das ich wissen wollte. Wer und wie alt sie war, wer Matt Blumenthal umgebracht und warum man sie über seinem Leichnam gefunden hatte und was sie damit meinte, dass sie für immer mit mir zusammen sein wollte.
»Wie alt bist du? Was bist du?«, fragte ich.
»Ich bin mir nicht ganz sicher; das ist die Antwort auf beide Fragen, Jamie. Ich glaube, es sind inzwischen vier- oder fünftausend Jahre, aber ich habe lange nicht mitgezählt, wenn du
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