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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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gewandt.«
    Das war der kleine Gardist mit den lachenden Augen, und als Castelnau ihn ansprach, lachten sie noch mehr.
    »Er hat mich gefragt, ob es stimmt, daß der König gegen den Papst Krieg führen will.«
    »Und was hast du geantwortet?«
    »Daß der König mich lange nicht mehr zu Tisch gebeten hätte, um mir seine Pläne anzuvertrauen, aber daß ich ihm, wenn er daran dächte, schon gerne zur Hand gehen wollte.«
    Cadejac lachte als erster über seinen kleinen Witz, und die anderen Gardisten fielen ein.
    »Und was hat er geantwortet?«
    »Er warf mir einen Blick zu, als sollte die Seine im Sommer gefrieren, und brummte zwischen den Zähnen: ›Lästerung! Lästerung! Den Papst bekriegen heißt Gott bekriegen! Denn der Papst ist Gott, und Gott ist der Papst!‹«
    »Und was hast du darauf gesagt?«
    »Wenn beide derselbe sind, hab ich gesagt, warum sind es dann zwei?«
    Aber ich sah, daß der Spaß Castelnau nur halb gefiel, weil es ihm an Ehrfurcht vor dem Schöpfer gebrach. Dalbavie bemerkte seinen Patzer und setzte hinzu, um ihn wettzumachen: »Deshalb, Herr Leutnant, hab ich Euch doch gesagt, der ist närrisch. Den Papst mit Gott zu verwechseln, das ist doch, als wenn ich Euren Herrn Vater mit Euch verwechseln würde.«
    Ich mußte lächeln, aber Castelnau nicht. Er richtete seine schwarzen Augen auf den rotschöpfigen Riesen, der von weitem nach ihm blickte, und winkte ihn heran. Der Rotkopf setzte sich entschlossenen Schrittes und ohne die mindeste Furcht in Bewegung.
    »Ihr bleibt hier vorm Tor«, sagte Castelnau zu den Gardisten.
    Als der Mann fünf Schritt vor ihm anlangte, rief Castelnau: »Halt! Was ist Euer Begehr? Warum verlangt Ihr Eintritt?«
    »Ich will den König sehen, Monsieur. Ich muß ihn sprechen.«
    »Was wollt Ihr ihm sagen?«
    »Das sage ich nur ihm selbst.«
    Der Mann sprach nicht wie ein Tölpel.
    »Ihr müßt verstehen«, sagte Castelnau höflich, »der König kann nicht allen seinen Untertanen Audienz gewähren. Es sind zu viele.«
    »Monsieur«, sagte der Mann, der sich plötzlich ereiferte, daß seine blauen Augen flammten, »ich flehe Euch an im Namen unseres Herrn Jesus Christus und der Jungfrau Maria, ich muß den König sprechen!«
    Einen Hugenotten im Namen der Jungfrau Maria anzuflehen, dachte ich, war vielleicht nicht die beste Art, sein Ziel zu erreichen. Doch Castelnau blieb bei seinem höflichen Ton.
    »Ich werde den Hauptmann fragen. Er allein kann Euch zum König führen, wenn er es für recht hält.«
    Und zu den Gardisten sagte er halblaut:
»Mefia-te. Diu te garde d’aquel qu’a lo pial roje.«
1
    Sowie Castelnau in den Louvre eilte, machte Dalbavie dem Halbdutzend Soldaten, die sich am Tor befanden, ein Zeichen, den Fremden zu umstellen, sicherlich für den Fall, daß dieser sich den Eintritt erzwingen wollte. Er machte aber nicht den Eindruck, sich dadurch eingeschüchtert oder beunruhigt zufühlen. Einen guten Kopf größer als die Gardisten, stand er hoch aufgerichtet da und ließ die Arme hängen. Nur seine blauen Augen, die aus dem grellen Rot der Haare stachen, hatten eine Art, sich ohne jedes Wimpernzucken auf sein Gegenüber zu richten, daß einem seltsam unbehaglich wurde. Mir schien er nicht eigentlich närrisch zu sein, sondern eher sonderlich, überspannt und seiner und seiner Überzeugungen unmäßig sicher. Da Castelnau nicht gleich mit Monsieur de La Force wiederkam, fragte ich ihn: »Was meint Ihr zu dem bevorstehenden Krieg?«
    Ohne jedes Zögern und im Ton felsenfester Gewißheit antwortete er: »Des Königs Herz soll sich allein darauf richten, die Hugenotten zu bekriegen.«
    Den Vogel, dachte ich, hat man ja gut katechisiert! Aber wer zum Teufel mochte ihm eingeblasen haben, daß »Gott der Papst und der Papst Gott ist«? Hatte er diese kuriose Theologie nur aus seinem eigenen grünen Hut? Und da er den König zu sprechen begehrte, wollte er »sein Herz darauf richten«, daß er die Hugenotten bekriege, so wie Jeanne d’Arc einst den französischen König aufgefordert hatte, »die Engländer aus Frankreich hinauszuwerfen«?
    Endlich kam Monsieur de La Force, gefolgt von seinem Sohn. Wenn ich auch Castelnau an diesem Tag zum erstenmal begegnet war, kannte ich Monsieur de La Force seit langem, und während er mich umarmte und sich nach meinem Vater und La Surie erkundigte, hafteten seine durchdringenden grauen Augen an dem herkulischen Rotschopf. Was er sah, schien ihm nicht sehr zu gefallen. Trotzdem war auch sein Ton höflich, als er ihn

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