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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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mich lehren könnte. Monsieur, keinen Tausch! Nehmt, ich bitte Euch, die kleine Waffe als Geschenk an, wie ich sie Euch gebe: von Herzen.«
    Er widerstand noch ein wenig, aber wie jemand, der besiegt werden will, denn seine Augen blickten in Sekundenschnelle zwischen mir und der Armbrust immerfort hin und her. Schließlich gab er nach; er nahm sie, sagte mir abermals »go schen Dank« und ging.
    Als ich mit meinem Vater, mit Bassompierre und dem Chevalier in der Kutsche saß, die uns nach Paris zurückbrachte, fragte ich mich bange, ob mein Vater es wohl gutheißen werde, daß ich mein Eigentum an einen Jungen verschenkt hatte, den ich eine Stunde zuvor noch nicht einmal kannte. Deshalb beschloß ich, den Stier bei den Hörnern zu packen, und erzählte ungefähr in den Begriffen, wie es hier zu lesen steht, mein ganzes Erlebnis, von dem ich nur verschwieg, welchen Zorn das Wort meines Vaters anfangs in mir erregt hatte.
    Die Geschichte gefiel meinen Reisegefährten, und als ich endete, beruhigte mich mein Vater wegen des Geschenks, denn er hatte meine Bangnis wohl herausgespürt.
    »Monsieur, Ihr wäret sicherlich zu tadeln, wenn Ihr diese Armbrust von Eurer Patin, vom Chevalier oder von mir erhalten hättet. Da Ihr sie aber von eigenem Geld gekauft hattet, stand es Euch frei, darüber zu verfügen.«
    »Dennoch«, sagte der Chevalier lächelnd, »laßt es Euch nicht zur Gewohnheit werden, Euer Eigentum ringsum zu verstreuen, so endet man auf dem Stroh.«
    »Oder als Heiliger«, sagte Bassompierre.
    »Ja, aber das dauert!« sagte mein Vater lachend, »zumindest in Rom. Denn ich wage zu hoffen, daß es im Himmel schneller geht.«
    Eine Weile darauf wandte er sich an Bassompierre.
    »Ich wußte gar nicht, daß Monsieur de Mansan einen Sohn hat.«
    »Gewiß hat er einen Sohn«, sagte Bassompierre, »aber er ist achtzehn Jahre alt. Mit ihm hat Pierre-Emmanuel bestimmt nicht gespielt.«
    »Aber mit wem dann?« rief ich aus.
    »Im Schloß Saint-Germain-en-Laye«, sagte Bassompierre, »kenne ich nur einen sechsjährigen Jungen, der auf der Trommel fehlerlos den »Ruf zur Schlacht« oder den »Befehl zur Schlacht« spielen kann: es ist der Dauphin Louis.«
    »Der Dauphin!« sagte ich. Mir blieb der Mund offen stehen. »Warum hat er das nicht gesagt?«
    »Als Ihr ihm begegnet seid«, sagte Bassompierre, spielte der Dauphin die Rolle des Hauptmanns. Und das hat er weiter mit Euch gemacht. Ein Beweis, daß es ihm nicht an Folgerichtigkeit mangelt.«
    »Noch an Eigensinn, wie es heißt«, sagte der Chevalier, »weshalb er, wie man hört, alle paar Tage gezüchtigt wird.« – »Außer im Sommer«, sagte mein Vater.
    »Wieso, außer im Sommer?« fragte Bassompierre, der überrascht schien, daß er nicht alles wußte, was am Hofe geschah.
    »Héroard hat die Königin schließlich davon überzeugen können, daß das Auspeitschen bei der Hitze seiner Gesundheit gefährlich sein könnte ...«
    Hierauf gab es lautes Gelächter und großes Lob für Héroards Menschlichkeit, dann forderte mein Vater von Bassompierre das Versprechen, die Sache nicht weiter zu erzählen – »vor allem nicht«, fügte er mit einem kleinen Lächeln hinzu, »der Tochter einer hohen Dame, mit der ich gut Freund bin.«
    »Ich weiß nicht, wen Ihr meint«, sagte Bassompierre, der es sehr wohl zu wissen schien, »aber ich verspreche es.«
    Da La Surie nun einen Blick mit meinem Vater wechselte, war ich offensichtlich der einzige, der nicht verstand, worauf die drei anspielten, und ich war gekränkt. Mußte man denn in meiner Gegenwart immer über meinen Kopf hinweg sprechen?
    »Wie kommt es«, fragte ich, »daß der Dauphin in dem Garten allein war? Man sagt doch, daß er von morgens bis abends beschützt und bewacht wird?«
    »Das wird er auch, junger Mann«, sagte Bassompierre, »aber sehr unauffällig, um ihn nicht zu erzürnen. Seid ganzsicher, daß in der Laube, in die Ihr nicht eingetreten seid, ein paar Leute standen, die Euch die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen haben, während Ihr mit ihm spieltet.«
    »Aber wenn es wirklich der Dauphin war«, sagte ich, »wie konnte ihm dann eine kleine Armbrust so große Freude machen?«
    »Der Dauphin liebt Waffen«, sagte mein Vater, »er besitzt zig Bogen, Armbrüste und Arquebusen ... Was ihn so beglückt hat, war das Geschenk, vor allem, da es von jemand kam, der nicht wußte, wer er ist. Der Dauphin ist sehr begierig auf Zuneigung.«
    »Ist er nicht damit umgeben?« fragte ich.
    »In der Tat«, sagte

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