Der Willy ist weg
Begriff, aufzubrechen. Trotzdem, diese meine Bemerkung schien ihn nicht recht zu überzeugen. Er sah wieder hoch in den nächtlichen Himmel, als erhoffte er, gegen alle Wahrscheinlichkeiten, die wundersame Rückkehr seines Ballons.
»Was wir heute in Erfahrung gebracht haben, erlaubt uns, den Täterkreis so weit einzugrenzen, dass es einer Schlinge zu ähneln beginnt.«
Mühsam riss er sich von der Betrachtung des Firmaments los und sah mich an.
»Wir haben es, wie es aussieht, mit höchster Wahrscheinlichkeit mit einem mutterkomplexbehafteten Fanatiker aus dem linken Spektrum zu tun«, sagte ich. »Einem Hausbesetzer oder zumindest einem Sympathisanten. Und wir haben einen weiteren Schlüssel zu seiner Person: Denken Sie an das verwendete Klebeband. Faserverstärkt! Denken Sie an den Papageienschnabel. Denken Sie an den Brandbeschleuniger, den er für die Plakatwände benutzt hat!«
(Dr. chem. B.-D. Lüthinghaus, Dr. Hoho für Freunde, hatte eine schriftliche Analyse der Zusammensetzung erstellt. Brisant, war sein Fazit gewesen.) »Das sind die Werkzeuge und Materialien eines Fachmannes. Was wir suchen, ist meiner Ansicht nach ein linker Sympathisant, der in einem technisch vielseitigen Beruf arbeitet. Wenn es Ihnen also recht ist, werde ich meine Kontakte zur Polizei ausnutzen und diese Eckdaten einmal durch deren Fahndungscomputer laufen lassen.« (Eine etwas vollmundige Versprechung Meine Kontakte zur Polizei beschränkten sich im Groben auf gelegentliches >Ihre Papiere!< und >Haben Sie etwas getrunken?< von deren und automatische Unschuldsbeteuerungen von meiner Seite, doch einen Kunden wie McDagobert's macht man entweder glücklich, oder man hat ihn mal gehabt.) »Außerdem denke ich ernsthaft darüber nach, einen V-Mann in diese Szene einzuschleusen.«
Willy, dachte ich. Willy könnte man wundervoll und in aller Unschuld für so was einsetzen. Er würde sie schon schwindelig kopulieren, diese Autonomen. Dann wahrscheinlich fünf davon mit nach Hause schleppen, wo es anschließend unsere Aufgabe wäre, sie wieder rauszuschmeißen, bevor sie anfangen konnten, unser Haus zu besetzen. Und irgendwo dazwischen würden sie ihm alles erzählen. Ja, Willy wäre goldrichtig dafür. Doch Willy stand nicht zur Verfügung.
Edwin Knauff pumpte meinen Arm zum Abschied. >Fahndungscomputer< und >V-Mann< hatten den richtigen Nerv getroffen, und die Aussicht auf baldige Vergeltung schien ihn einigermaßen über den Verlust seines Fesselballons hinwegzutrösten.
»Wir kriegen ihn, den Schweinehund«, versicherte ich ihm noch, »glauben Sie mir. Wir kriegen ihn. Tot oder lebendig.«
Soweit beruhigt stieg er in seinen Dienst-Mercedes und rauschte davon, ließ mich allein zurück auf dem weiten, leeren, kalten Platz. Fröstelnd stand ich da, dachte an meine letzten Worte, und dann stand ich noch eine ganze Weile länger da und dachte an Willy.
In der Küche herrschte dicke Luft. Mein Eindruck von vorhin, nämlich so was wie der einzige zu sein, den Willys Verschwinden interessierte, hatte sich in Rauch aufgelöst. Wenn man so will. Rings um den Tisch rauchten die Köpfe. Mein Bericht über meinen Besuch bei den Ironheads war mit viel zustimmendem Gemurmel bedacht worden. Vor die Wahl gestellt, entweder auf dem Hintern sitzend weitere Entwicklungen abzuwarten, oder aber sofort aktiv zu werden, war die Mehrheit fürs Handeln, ja, fürs Zuschlagen, blind und in alle Richtungen auf einmal.
»Was soll das heißen: Sie haben Finanziers?«, fauchte Poppel. »Glaubst du diesen Scheiß?«
Ich zuckte die Achseln. »Ich kann hier nur wiedergeben, was Wolf mir gesagt hat, und meine Eindrücke schildern. Und mein Eindruck ist, dass er wirklich überrascht war, als ich Willys Entführung erwähnte, und der andere ist, dass diese Typen von irgendwoher Geld bekommen.«
Die >Haselnuss< mochte billig und lieblos eingerichtet sein, doch unter einem mittels Tarnnetz unsichtbar gemachten Schuppendach hatte ich zwei olivgrüne Unimogs und einen >Iltis<, den zivil eigentlich nicht erhältlichen Bundeswehr-Jeep gesehen, alle in, soweit es sich feststellen ließ, gutem Zustand. Und auch die sonstige technische Ausrüstung des Geländes, von der Beleuchtung bis hin zu den Klettergerüsten und Stacheldrahtverhauen zum Rekrutenschinden, wirkte tadellos und . teuer. Die Ironheads hatten Geld, woher auch immer.
»Und das glauben wir einfach und streichen sie von der Liste?«, fragte Schisser und rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Ich sah zu
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