Der Willy ist weg
abstrakt erscheint, geradezu absurd. Warum? fragt man sich, sobald der rote Nebel über das Bewusstsein sinkt, warum zurückweichen? Wegen der zwölf Männekes mit ihren albernen Holzknüppeln?
Gleichzeitig sind sie wenig empfehlenswert, ja regelrecht hinderlich in Situationen, die eher diplomatisches Geschick erfordern.
Der Jockey war schuld, darin waren sich alle einig. Er lag immer noch am Boden, umstanden von Ärzten und Sanitätern, und war entweder bewusstlos oder tot oder stellte sich nur so, etwas, das ich an seiner Stelle auch getan hätte, angesichts einer sich in eine Tobsucht hineinsteigernden Menschenmenge.
Deliah hielt mich fest, als Teile des Mobs begannen, den Zaun niederzureißen. Teile des Mobs, die ich offiziell alle nicht kannte. Charly war unter ihnen, zerrte einige zurück und verteilte Schwinger an die Widerspenstigen, was zu Buhrufen aus der Menge führte. Polizei marschierte auf der anderen Seite des Zauns auf, was in noch mehr Buhrufen resultierte.
Ich wollte nur weg. Alles, was mir jetzt noch fehlte, war eine Klopperei mit den Bullen. >Vierzehn Monate< raunte es in mir, kaum zu hören allerdings wegen eines nervenzerfetzenden, hysterischen Gekeifes direkt über meinem Kopf.
Irgendjemand in der VIP-Lounge gab sich alle Mühe, meine Vorstellung zu zerstreuen, dort oben ginge es vornehmer zu als hier unten. Spuckend und mit überschnappendem Organ forderte er, den Jockey zu vierteilen, die Tribünen in Brand zu setzen, das Renngericht zu lynchen. Ich sah auf, und für einen Sekundenbruchteil war mir, als ob ich den Schreihals von irgendwoher kannte, doch genau da trat er einen oder zwei Schritte zurück, um mit einem weiteren VIP hinter ihm seine Entrüstung zu teilen, und ich hastete weiter.
»Vierzig Mille zum Teufel!« Scuzzi konnte es nicht fassen.
»Und unser Urlaub auch.«
Wir hatten uns nach dem Rennen alle in der >Käse-Ecke< getroffen und unser weiteres Vorgehen besprochen.
»Wer unter Willys Dach wohnt«, hatte Charly entschieden, »bleibt hier.« Die anderen, bis auf den Coolen, der eh nicht weg konnte, sollten fliegen, sich aber bereithalten, jederzeit zurückzukommen, falls es die Situation erforderte.
»Vierzig Mille.« Wir, die >Internen<, waren mittlerweile zurück im Fuckers' Place, und Scuzzi sprach aus, was die meisten wohl dachten. »Wenn wir die halbwegs gescheit anderswo investiert hätten ...«
»Hätten wir Willy mit ein bisschen Glück in fünfzig Jahren auslösen können«, unterbrach ihn Charly, der auf jegliche Art von Gejammer allergisch reagiert. »Wir haben's versucht, und es hat nicht hingehauen, also müssen wir jetzt was anderes probieren. Vorschläge, jemand?«
»Warum nutzen wir nicht Scuzzis Verbindungen?«, fragte Poppel, fleckig grinsend. Scuzzi hob sofort ablehnend die Hand. Seine Verbindungen sind einem Dealer alles. Wortwörtlich.
»Bestellen einen Zentner Koks, zahlen nicht, sondern werden grob, und verticken das Zeugs anschließend im gesamten Ruhrgebiet? Drei Tage, und wir haben das Geld.«
»Und noch drei Tage, und ich bin tot«, raunzte Scuzzi. »Tolle Idee. Nächster Vorschlag.«
»Wir könnten machen, was wir früher immer gemacht haben, wenn wir knapp waren«, sagte D.O., lächelnd in süßer Erinnerung.
»Ja«, sagte Poppel und grinste.
»Nein«, ging ich dazwischen, denn ich ahnte, was jetzt käme: ihre alte Masche. Nutten klatschen. Man beobachtet einen Abend lang irgendwo den Straßenstrich und merkt sich die Zeit, wann die Luden mit ihren Daimlern zum Abkassieren angerollt kommen. Das erste Mal pro Nacht meist so gegen Elf und, weil Zuhälter Gewohnheitstiere sind wie alle anderen, eigentlich immer um die gleiche Zeit. Den nächsten Abend kommt man ihnen eine halbe Stunde zuvor und >wird grob<, wenn die Mädels sich weigern, den Zaster rauszurücken.
»Das sind Kindereien«, sagte ich. »Und hast du mal durchgerechnet, wie viele Nutten man für eine Million ohrfeigen müsste? Vergiss es.«
»Wir könnten das Geld über Scuzzis Verbindungen investieren und .«
»Vergiss meine Verbindungen!«
»Stell dich nicht so an!«
»Geht und klatscht Nutten so viel wie ihr wollt, aber lasst mich aus dem Spiel, hört ihr?!«
»Du könntest ruhig deinen Teil dazu beitragen, Willy rauszuhauen!«
»Ach, tu ich das nicht? Ich habe nur schlicht und einfach nicht vor, mich von euch beiden in eine Lage manövrieren zu lassen, die mich Kopf und Kragen kosten kann.«
»Kopf und Kragen . jetzt hau mal nicht so auf die Kacke.
Schließlich
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