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Der Wind bringt den Tod

Der Wind bringt den Tod

Titel: Der Wind bringt den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ole Kristiansen
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Wetter, wissen Sie. Heute regnet’s noch, warten Sie’s nur ab. Spätestens morgen. Ich spür das im Rücken. Mein Mann meinte, Sie wären der Ersatz für Andreas?«
    Jule brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, dass der Redefluss mit einer Frage an sie geendet hatte. »Ja, stimmt.«
    »Schön, schön.« Sie eilte geschäftig an Jule vorbei zu einer Tür mit der Aufschrift »Privat«. »Wo hab ich’s bloß? Wo hab ich’s bloß?«
    Jule erhaschte einen Blick auf das Wohnzimmer der Jepsens: dunkle Schrankwände, rot-weiße Läufer auf den dunkelbraunen Fliesen, eine Couchgarnitur mit Blümchenmuster. Ganz hinten konnte Jule eine Batterie Regale sehen, auf denen eine beeindruckende Sammlung Porzellanpuppen aufgereiht war, wie sie auf Shoppingsendern angeboten wurden. Allesamt – die künstlichen Jungen wie die künstlichen Mädchen – trugen Kleidung aus der Zeit der Jahrhundertwende: Matrosenanzüge, Kleidchen in hellem Gelb und Rosa mit Rüschen und Schleifen, hohe Kniestrümpfe, winzige Lackschuhe. Die Puppen hatten seltsam verzerrte Gesichter, manche gähnten ganz offensichtlich, aber bei den meisten war aus der Distanz nicht zu erkennen, ob die weit aufgerissenen Münder nun von schrillem Lachen oder einem gepeinigten Schrei herrühren sollten.
    »Dann nehme ich halt so lange das hier«, kündigte Frau Jepsen an und schnappte sich ein Tablett mit korbgeflochtenen Griffen. »Ja, ja, ein schöner Mann, ein schöner Mann«, sinnierte sie weiter. Sie glich die Schweigsamkeit ihres Ehemanns in vollem Umfang aus. »Ich kann mir auch denken, wo er hin ist.«
    Das war das erste Interessante, das sie von sich gab. »Wohin denn?«
    »Na, zu Erich Fehrs.« Frau Jepsen schob das inzwischen beladene Tablett an den Tischrand und ließ sich auf Smolskis verwaistem Platz nieder. »Das ist doch sein Land, auf dem sie das arme Ding gefunden haben.«
    Der Name Fehrs klang in Jules Ohren vage vertraut, aber es war ihr unmöglich, ihn näher zuzuordnen – unter anderem auch deshalb, weil sich Frau Jepsen nun regelrecht in Rage redete. Ihre Augen wurden größer und größer, und immer wieder ballte sie die Hände zu Fäusten. »Der Erich ist jetzt ja wohl der Hauptverdächtige. Herr Smolski wäre gut beraten, ihn so richtig in die Mangel zu nehmen. Ganz unter uns: Dass dem alles zuzutrauen ist, weiß doch das ganze Dorf. Von mir haben Sie das aber nicht. Wenn der Erich was getrunken hat – also immer, weil er ohne Standgas nicht mal mehr seine Schweine füttern könnte –, dann reicht schon ein falsches Wort und er geht durch die Decke. Da ist es kein Wunder, dass seine Frau irgendwann letztes Jahr ein für alle Mal die Sachen gepackt hat, ohne irgendwem ein Sterbenswörtchen darüber zu verraten. Ich hätte ihn an ihrer Stelle schon lange sitzen lassen. Und seitdem ist er noch schlimmer. Als Margarete die Schnauze endlich voll und das Weite gesucht hatte, haben der Bürgermeister und ein paar andere ihm einen Hund geschenkt, um ihn auf andere Gedanken zu bringen. Ganz ehrlich: So was kann auch nur Männern einfallen. Als ob ein Hund die Frau im Haus ersetzen würde. Ich kann Ihnen genau sagen, was da passiert ist. Mit dem toten Mädchen, meine ich. Mit der Margarete sind dem Erich ja nicht seine Bedürfnisse abhandengekommen, wenn Sie verstehen. Er hat sich die Kleine bestimmt nach Hause bestellt. Und als es ans Bezahlen ging, ist er durchgedreht.« Sie deutete mit der flachen Hand einen Messerschnitt durch die Kehle an. »Ein echter Geizkragen ist er nämlich auch noch. Ich hab –«
    Ein Klingeln an der Haustür schnitt Frau Jepsen das Wort ab. »Ja«, rief sie laut und lang gedehnt. Sie hetzte aus dem Zimmer, als würde der Besuch im selben Moment wieder verschwinden, wenn sie nicht sofort an der Tür war.
    Dankbar für die günstige Gelegenheit, Frau Jepsen zu entkommen, leerte Jule ihre Kaffeetasse. Smolski hatte recht: Hinter vorgehaltener Hand zerriss man sich in Odisworth das Maul über die Leute, die man freundlich grüßte, wenn man ihnen auf der Straße begegnete.
    »Frau Schwarz! Für Sie!«, rief Frau Jepsen von der Haustür aus. »Mit dem Köter lasse ich den nicht rein«, flüsterte sie Jule im Vorbeigehen auf dem Flur noch zu. »Der macht mir nur alles dreckig.«
    Bürgermeister Mangels hatte eine blaue Kapitänsmütze auf dem Kopf und seinen einäugigen Hund an der Leine, und sein verkniffenes Gesicht verhieß keine guten Neuigkeiten.
    »Bin ich zu spät dran?«, fragte Jule besorgt. Es wäre nicht

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