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Der Winterpalast

Der Winterpalast

Titel: Der Winterpalast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Stachniak
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hatten blaue und gelbe Flecken auf ihrem Gesicht hinterlassen.
    An Geburts- und Namenstagen, an Weihnachten und an Neujahr brachte Monsieur Bernardi Geschenke von der Großfürstin – einen Anhänger für mich, ein Medaillon an einem silbernen Kett
chen für Darja, ein Paar Ohrringe, eine Brosche aus Bernstein und Gold. Und das waren nicht die einzigen Beweise ihrer Großzügigkeit: Immer wenn ich den Juwelier, nachdem er Schmuckstücke repariert oder gereinigt hatte, um die Rechnung bat, winkte er nur ab und meinte, die Sache sei bereits erledigt.
    Bitte, lieber Freund, lassen Sie diese Bekundungen von Dankbarkeit, die mich nur beschämen , schrieb mir Katharina. Ich weiß wohl, wie tief ich in Ihrer Schuld stehe.
    Aber weder solche rührenden Zeichen von Großherzigkeit noch ihre hoffnungsvollen Berichte von höfischen Zerstreuungen täuschten darüber hinweg, wie sehr Katharina litt. Sieben Jahre nach der Hochzeit war immer noch kein Thronerbe in Sicht.
     
    Igor wurde immer mehr von Angelegenheiten seines Regiments in Anspruch genommen; er musste Frieden stiften, Streit schlichten, der zu eskalieren und die Ehre des Regiments zu beschädigen drohte. Wieder war einer seiner Kameraden im Duell verwundet worden, nachdem ihn ein anderer Offizier beleidigt hatte. Betrunken natürlich, es war widerwärtig, fand Igor.
    Seine Karriere stockte, die erwartete Beförderung blieb aus. Er war immer noch Premierleutnant, während Kameraden aus alten Adelsfamilien aufstiegen. Wie immer hatte der neue Adel das Nachsehen.
    Ich saß da, während mein Mann aufgebracht durch den Salon stapfte. Der Sessel knackte bedrohlich, wenn er sich endlich darauf niederließ.
    »Bist du böse, Papa?«, fragte Darja. Sie wusste genau, dass er es vehement bestreiten und schon bald eines der Liedchen singen würde, die er für sie dichtete.
     
    Mein Herzchen ist voller Dreck,
    Mein Händchen ist voller Sand,
    Mein Bettchen ist voller Schnee,
    Aber auf meinem Kopf wächst Klee.
     
    Ich habe ein unerwartetes Geschenk erhalten. Ich wünschte, ich könnte mit Ihnen darüber reden, aber die Gerüchte werden schon bald auch zu Ihnen dringen.
    Der Name von Sergej Saltykow war in den Salons von Sankt Petersburg in aller Munde. Er war der Meister der tausend Kartentricks, hörte ich, unter seinen flinken Fingern fügte sich ein Päckchen Karten immer in die von ihm gewünschte Ordnung, gleichgültig wie oft man es mischen, wie oft man abheben mochte.
    Er wurde heftig umworben von allen Damen, die einen Salon führten. Vor wenigen Monaten hatte der göttliche Sergej für großes Aufsehen am Hof gesorgt, als er eine der kaiserlichen Ehrendamen heiratete. Er hatte sie auf einer Gartenschaukel gesehen und war sofort in heißem Verlangen nach ihr entbrannt. Sie hatte ihn immer wieder zurückgewiesen, bis er schließlich in seiner Verzweiflung zum Äußersten ging und ihr einen Heiratsantrag machte. Einen Monat und einige tränenreiche Szenen später wurde die junge Frau in die Verbannung auf das Landgut der Familie Saltykow geschickt. »Habe ich mich so sehr verändert?«, fragte sie angeblich. »Was fehlt mir, das andere haben?«
    Du hast dich besiegen lassen , dachte ich. Das war dumm von dir.
    Ich sah ihn oft, er war ein gehätschelter Ehrengast in den Salons von Sankt Petersburg, Sergej mit dem verschleierten Blick, den dichten schwarzen Haaren, die er niemals unter einer Perücke versteckte, der rauchigen Stimme. Sobald er eintrat, bewegten sich die Dienstmädchen schneller, der Tee schmeckte süßer, wie von Zauberhand herbeigeschafft stand auf dem Tisch die Sauerkirschmarmelade, die er so gerne aß.
    Er begrüßte mich immer mit großer Gebärde, erkundigte sich nach meinem Befinden. »Entzückend, diese Anmut«, murmelte er und küsste mir die Hand. Ich wusste genau, was ich von seinen Komplimenten zu halten hatte: Sergej Saltykow wollte sich gerne Igors Gunst bewahren. Wie fast alle Männer in der Stadt schätzte er die Tipps meines Mannes beim Pferderennen.
    Zuerst war Sergej nur mit dem Großfürsten befreundet gewesen. Die Kaiserin, so rühmte er sich, fand, er, ein Russe von echtem Schrot und Korn, sei genau die richtige Gesellschaft für ihren Neffen, der sich sonst immer nur mit »seinem Holsteiner Klüngel« abgab. Darum befahl sie Bestuschew, dem großfürstlichen Paar etwas mehr Freiheit zu lassen und ihm zu erlauben, Sergej jederzeit zu empfangen.
     
    Saltykow hatte nie Geld in der Tasche, und doch kam er im Frühling 1752 nie ohne

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