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Der Winterschmied

Der Winterschmied

Titel: Der Winterschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Höhe schnellen ließ.
    »Möchtest du, dass ich vergesse, was du gerade gesagt hast?«, fragte sie.
    »Warum?«, erwiderte der Kutscher.
    Einige Sekunden lang sah Fräulein Tick ihn stumm an. Dann glitt ihr Blick nach oben.
    »Entschuldigung«, sagte sie. »Das passiert dauernd, fürchte ich. Er ist zu oft ins Wasser gefallen. Dadurch rostet die Feder.«
    Sie klopfte an die Seite des Huts, und daraufhin schoss die verborgene Spitze nach oben, wobei sie mehrere Papierblumen beiseite stieß.
    Der Blick des Kutschers folgte der Bewegung. »Oh«, sagte er.
    Mit spitzen Hüten verhielt es sich nämlich folgendermaßen: Die Person darunter musste eine Hexe oder ein Zauberer sein. Vermutlich konnte sich auch jemand anderes  einen spitzen Hut besorgen und damit herumlaufen, und er hätte keine Probleme bekommen, bis zur Begegnung mit jemandem, der zu Recht einen spitzen Hut trug. Zauberer und Hexen mochten keine Hochstapler. Sie mochten es auch nicht, wenn man sie warten ließ.
    »Wie viel wiege ich denn nun, bitteschön?«, fragte sie.
    »Dreißig Gramm!«, beeilte sich der Kutscher zu antworten.
    Fräulein Tick lächelte. »Ja. Und nicht einen Skrupel mehr! Womit ich nicht den Skrupel meine, sondern das Skrupel, ein altes Apothekergewicht, das etwa eins Komma zwei fünf Gramm entspricht. Ich bin in gewisser Weise... skrupellos!«
    Sie wartete, um zu sehen, ob ihr dieser extrem gelehrte Witz ein Lächeln einbrachte, war aber nicht enttäuscht, als sie leer ausging. Es gefiel Fräulein Tick, gescheiter zu sein als andere Leute.
    Sie stieg in die Kutsche.
    Als das Gefährt die Berge erklomm, begann es zu schneien. Fräulein Tick, die wusste, dass sich keine zwei Schneeflocken gleichen, achtete nicht weiter auf sie. Wenn sie bereit gewesen wäre, ihnen Beachtung zu schenken, wäre sie sich etwas weniger gescheit vorgekommen.
    Tiffany schlief. Ein Feuer glimmte im Schlafzimmerkamin. Unten webte sich Fräulein Verrats Webstuhl durch die Nacht...
    Kleine blaue Gestalten schlichen durch das Zimmer, bauten sich zu einer Pyramide auf und erreichten so die Oberfläche des kleinen Tischs, den Tiffany als Schreibtisch benutzte.
    Tiffany drehte sich im Bett auf die Seite und machte leise  snfgl. Die Größten erstarrten für einen Moment, und dann schloss sich die Tür leise hinter ihnen.
    Ein blauroter Schemen huschte, eine Staubspur aufwirbelnd, die schmale Treppe hinunter, über den Boden des Webstuhlzimmers, durch die Spülküche und durch ein sonderbares, käseförmiges Loch in der Hintertür. Im Wald zeichnete zerwühltes Laub seinen Weg bis hin zu einem kleinen Feuer nach. Sein Schein erhellte -bestimmt nicht freiwillig - die Gesichter einer Koboldhorde.
    Der Schemen hielt an und verwandelte sich in ungefähr sechs Größte. Zwei von ihnen trugen Tiffanys Tagebuch. Sie legten es behutsam hin.
    »Wir sin' ein ganzes Stück vom Haus weg«, sagte der Große Yan. »Habt ihr die großen Schädel gesehen? Mit dieser Hexe möcht' ich mich lieber nich' anlegen!«
    »Oh, wie ich sehe, hat sie sich wieder ein Vorhängeschloss besorgt«, sagte der Doofe Wullie, während er um das Tagebuch herumging.
    »Rob, ich finde es einfach nicht richtig, das zu lesen«, sagte Billy Breitkinn, als Rob Irgendwer den Arm ins Schlüsselloch steckte. »Das geht nur sie etwas an!«
    »Sie is' unsere Hexe. Was sie etwas angeht, das geht auch uns etwas an«, erwiderte Rob mit größter Selbstverständlichkeit, während er in dem Schloss herumfummelte. »Außerdem möchte sie bestimmt, dasses jemand liest, denn immerhin hat sie es aufgeschrieben. Welchen Sinn hat es, Dinge aufzuschreiben, wenn sie niemand liest? Das wäre Vergeudung von Papier und Stift!«
    »Vielleicht möchte sie es selbst lesen«, meinte Billy skeptisch.
    »Ach, warum sollte sie das wollen?«, entgegnete Rob verächtlich. »Sie weiß doch schon, was drinsteht. Und Jean nie möchte wissen, was sie über den Sohn des Barons denkt...«
    Es klickte, und das Vorhängeschloss öffnete sich. Die versammelten Größten beobachteten das Geschehen aufmerksam.
    Rob blätterte im Tagebuch und lächelte.
    »Hier schreibt sie: Die lieben, guten Größten sind wieder aufgetaucht«, sagte er. Diese Worte wurden mit allgemeinem Applaus bedacht.
    »Wirklich nett von dem Mädchen, so etwas zu schreiben«, sagte Billy Breitkinn. »Darf ich mal sehen?«
    Er las: Du liebe Güte, die Größten sind wieder aufgetaucht.
    »Ah«, sagte er. Billy Breitkinn war zusammen mit Jeannie den weiten Weg vom Langen See

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