Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
Ende der Terrasse aus führte ein langer hölzerner Steg durch die Dünen und hinunter zum Sandstrand. Auf dem Weg zum Wasser fühlte ich mich ruhig, fast heiter - obwohl eine Stimme in meinem Kopf schrie: „Du machst gerade einen der größten Fehler deines jungen Lebens!" Aber ich ignorierte die Stimme und konzentrierte mich lieber auf die Wärme der Sonne.
Mit dem dunkelblauen Atlantischen Ozean zur Linken gingen wir in westlicher Richtung. Ein Fischkutter lag 200 Meter vor der Küste und ich sah, wie weiße Möwen in das Kielwasser des Kutters herabstießen und versuchten, die Abfälle vom Fang des Tages zu stehlen. Obwohl das Fahrzeug offensichtlich gutartig war, kam mir der Gedanke, dass sich auf der Flybridge ein Beamter mit einem Richtmikrofon versteckt haben könnte und versuchte, unser Gespräch zu belauschen. Ich atmete tief durch, kämpfte die Paranoia nieder und sagte: „Nur mit Carolyn funktioniert das nicht. Da brauchen wir zu viele Reisen, und wenn sie immer wieder hin und her fliegt, werden die irgendwann auf ihren Pass aufmerksam. Und ich kann es mir auch nicht leisten, die Flüge über die nächsten sechs Monate oder so zu verteilen. Ich habe in den Vereinigten Staaten Geschäfte laufen, für die ich darauf angewiesen bin, dass ich das Geld ins Ausland schaffen kann." Todd nickte, sagte aber nichts. Er war gewieft genug, nicht zu fragen, was für Geschäfte das waren oder warum das so dringend war. Aber ich musste einfach mein Geld so schnell wie möglich ins Ausland bringen. Wie ich befürchtet hatte, stand Dollar Time noch viel schlechter da, als Kaminsky herausgelassen hatte; es brauchte eine sofortige Geldspritze von drei Millionen Dollar.
Wenn ich versuchte, das Geld durch eine Kapitalerhöhung zu beschaffen, würde es mindestens drei Monate dauern und ich müsste eine Buchprüfung zulassen. Das würde vielleicht ein übles Bild ergeben! Herrgott! Bei dem Tempo, in dem das Unternehmen Geld verbrannte, war ich sicher, dass die Buchprüfer eine sogenannte Going-Concern Opinion abgeben würden - das heißt, sie würden in einer Anlage zum Finanzbericht anmerken, dass es ernstlich zu bezweifeln sei, dass das Unternehmen noch ein Jahr lang weiter existieren könne. Wenn das passierte, würde die Nasdaq die Aktie nicht mehr notieren und das wäre der Todesstoß für das Unternehmen. Wenn Dollar Time aus dem Nasdaq-Handel genommen wurde, dann würde es wirklich zum Pennystock werden und alles wäre verloren.
Ich hatte also nur die Wahl, durch eine Privatplatzierung Geld zu beschaffen. Das war allerdings leichter gesagt als getan. So fabelhaft Stratton mit Börsenemissionen Geld beschaffen konnte, so schlecht konnte es Geld für Privatemissionen beschaffen (das war ein vollkommen anderes Geschäft und Stratton war dafür nicht ausgelegt). Überdies arbeitete ich immer an 10 bis 15 Deals gleichzeitig und für alle wurde eine gewisse Menge Privatvermögen benötigt, sodass es sowieso schon knapp war. Wenn ich drei Millionen Dollar für Dollar Time aufbringen musste, beschnitt ich dadurch meine anderen Investmentbanking-Deals.
Aber es gab eine Lösung: Regulation S. Dank dieser Ausnahmeregelung konnte ich meine Patricia-Mellor-Konten benutzen, um Privatplatzierungen an Dollar Time zu kaufen, und nach 40 Tagen konnte ich sie in den Vereinigten Staaten mit großem Gewinn wieder verkaufen. Das war schon etwas ganz anderes, als wenn ich die Aktien in den Vereinigten Staaten kaufen und mit dem Verkauf nach Rule 144 volle zwei Jahre warten müsste. Ich war das Regulation-SSzenario schon mit Roland Franks durchgegangen und er hatte mir versichert, dass er alle nötigen Papiere beschaffen könnte, die die Transaktion kugelsicher machten. Ich brauchte nur das Geld in die Schweiz zu schaffen und der Rest regelte sich von allein.
Ich sagte zu Todd: „Vielleicht sollte ich mit der Gulfstream hinüberfliegen. Als ich das letzte Mal den Schweizer Zoll passiert habe, haben sie nicht einmal meinen Pass abgestempelt, und ich wüsste nicht, warum das diesmal anders sein sollte." Todd schüttelte den Kopf. „Auf keinen Fall, ich lasse dich so etwas nicht riskieren. Du bist so gut zu mir und meiner Familie. Ich lasse meinen Vater und meine Mutter auch Geld rüberbringen. Die sind beide schon Anfang 70 und der Zoll wird sie auf keinen Fall verdächtigen. Die schlüpfen auf beiden Seiten problemlos durch. Und dann bringe ich Rich und Dina' dazu, dass sie auch mitmachen. Das sind dann fünf Leute mit je 300.000
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