Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
zum Geschäftlichen kommen könnten?" Ich zog die Augenbrauen hoch und lächelte verschämt. Der Meisterfälscher grinste breit. „Aber selbstverständlich, mein Freund." Er wandte sich an seine Frau: „Du könntest doch anfangen, das Abendessen vorzubereiten, oder, Liebling?" „Abendessen?", dachte ich. „Du lieber Gott!" Sie nickte eifrig und entschuldigte sich; Roland langte auf den Tisch und nahm noch zwei Erdbeeren mit Schokoladenglasur; wenn mich mein Gedächtnis nicht trog, waren das die Nummern 21 und 22.
Ich holte tief Atem und sagte: „Jetzt, wo Patricia tot ist, frage ich mich vor allem, wie ich das Geld von den UBP-Konten bekomme. Und dann frage ich mich, welchen Namen ich künftig benutzen soll. Wissen Sie, ich fühlte mich bei der Sache unter anderem deshalb wohl, weil ich Patricias Namen benutzen konnte. Ich habe ihr wirklich vertraut. Und ich habe sie geliebt. Wer hätte gedacht, dass sie so schnell von uns geht?" Ich schüttelte den Kopf und seufzte tief. Der Meisterfälscher zuckte die Schultern und sagte: „Patricias Tod ist natürlich traurig, aber kein Anlass zur Sorge. Das Geld wurde auf zwei andere Banken verschoben, von denen keine je einen Blick auf Patricia Mellor geworfen hat. Alle nötigen Dokumente wurden angefertigt und alle tragen Patricias Original-Unterschrift oder würden auf jeden Fall dafür durchgehen. Natürlich sind die Unterlagen auf passende Zeitpunkte vor ihrem Tod rückdatiert. Ihr Geld ist sicher, mein Freund, und nichts hat sich geändert."
„Aber auf welchen Namen denn?" „Patricia Mellor natürlich. Es gibt keinen besseren Namensgeber als einen Toten, mein Freund. Keine der Banken hat Patricia Mellor je gesehen und das Geld liegt auf Konten der Inhabergesellschaften, deren Zertifikate Sie besitzen." Der Meisterfälscher zuckte die Schultern, wie um zu sagen: „In der Welt der Meisterfälscherei ist das alles keine große Sache." Dann sagte er: „Der einzige Grund, weshalb ich das Geld aus der Union Banc herausgeholt habe, besteht darin, dass Saurel dort in Ungnade gefallen ist. Sicher ist sicher, dachte ich mir."
Meisterfälscher! Meisterfälscher! Es hatte sich herausgestellt, dass er all das war, was ich erhofft hatte. Ja, der Meisterfälscher war sein beträchtliches Gewicht in Gold wert, oder wenigstens fast. Er hatte es schließlich geschafft, den Tod in Leben zu verwandeln! Und so hätte Tante Patricia das auch gewollt. Ihr Name würde im düsteren Unterleib des Schweizer Bankensystems ewig weiterleben. Im Prinzip hatte der Meisterfälscher sie unsterblich gemacht. So wie sie gestorben war ... so schnell ... hatte sie gar nicht die Chance bekommen, sich zu verabschieden. Ja, aber ich hätte gewettet, dass einer ihrer letzten Gedanken ein winziges bisschen Sorge gewesen war, dass ihr unerwartetes Hinscheiden ihrem Lieblings-Schwiegerneffen ein Problem bereiten würde.
Der Meisterfälscher beugte sich vor und nahm sich noch zwei schokoladenüberzogene Erdbeeren, die Nummern 23 und 24, und begann zu kauen. Ich sagte: „Wissen Sie, Roland, ich war Saurel sehr zugetan, als ich ihn kennenlernte, aber wenn ich jetzt darüber nachdenke, habe ich meine Meinung geändert. Er spricht die ganze Zeit mit Kaminsky und ich habe dabei ein ungutes Gefühl. Am liebsten würde ich gar keine Geschäfte mit Union Bancaire mehr machen, falls das für Sie in Ordnung ist." „Ich halte mich immer an Ihre Entscheidungen", gab der Meisterfälscher zurück, „und in diesem Fall halte ich die Entscheidung für klug. Aber wie dem auch sei, wegen Jean Jacques Saurel brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Er ist zwar Franzose, aber er lebt in der Schweiz und die Behörden der Vereinigten Staaten haben keine Macht über ihn. Er wird Sie nicht verraten." „Das bezweifle ich auch gar nicht", antwortete ich, „aber das ist eine Frage des Vertrauens. Ich mag es nicht, wenn andere Menschen von meinen Geschäften wissen, vor allem jemandwie Kaminsky." Ich lächelte und versuchte so zu tun, als nähme ich das alles nicht so schwer. „Jedenfalls versuche ich schon seit über einer Woche, Saurel zu erreichen, aber im Büro heißt es immer, er ist geschäftlich unterwegs." Der Meisterfälscher nickte. „Ja, er ist in den Vereinigten Staaten, glaube ich. Kundenbesuche." „Wirklich? Davon hatte ich keine Ahnung." Aus irgendeinem komischen Grund fand ich das beunruhigend, aber ich konnte mir nicht erklären, warum. Der sachliche Roland sagte: „Ja, er hat dort viele Kunden. Ein paar
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