Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
als Das Leben der Reichen und Gestörten?
Jedenfalls zeigte Saurels Verhaftung bis Mitte Oktober keine Nachwirkungen und ich atmete endgültig erleichtert auf. Offensichtlich hatte er beschlossen, nicht zu kooperieren, und der Wolf der Wall Street war wieder einmal einer Kugel entgangen. Chandler machte ihre ersten Schritte und ging wie Frankensteins Monster - die Arme nach vorn gestreckt, Knie zusammen und ganz steif. Und natürlich redete das geniale Baby wie ein Wasserfall. An ihrem ersten Geburtstag sagte sie schon ganze Sätze - eine erstaunliche Leistung für so ein kleines Kind - und ich hatte keinen Zweifel, dass sie sich auf dem Weg zum Nobelpreis befand, oder wenigstens zu einer Fields Medal für höhere Mathematik.
Indes entwickelten sich Steve Madden Shoes und Stratton Oakmont in unterschiedliche Richtungen - während Steve Madden in großen Schritten und Sprüngen wuchs, wurde Stratton Oakmont das Opfer ungünstiger Trading-Strategien und einer neuen Welle regulatorischen Drucks; beides hatte sich Danny selbst zuzuschreiben. Letzteres beruhte auf Dannys Weigerung, einer der Bedingungen des SEC-Vergleichs nachzukommen - nämlich einen unabhängigen, von der SEC bestimmten Buchprüfer zu engagieren, der die Geschäftspraktiken des Unternehmens prüfen und dann Empfehlungen aussprechen sollte. Zu diesen Empfehlungen gehörte die Installation eines Tonaufzeichnungssystems, damit die Telefongespräche der Strattoniten mit ihren Klienten aufgenommen werden konnten. Danny weigerte sich, dieser Empfehlung nachzukommen, die SEC zog vor ein Bundesgericht und erwirkte eine Verfügung, dass die Firma das Aufzeichnungssystem installieren musste.
Danny kapitulierte schließlich - sonst wäre er wegen Missachtung einer gerichtlichen Anordnung ins Gefängnis gewandert -, aber jetzt hatte Stratton eine einstweilige Verfügung gegen sich und das bedeutete, dass alle 50 Staaten das Recht hatten, die Lizenz von Stratton aufzuheben; und so langsam taten sie das auch. Nach allem, was Stratton überlebt hatte, war es eigentlich unvorstellbar, dass sein Untergang an der Weigerung hängen sollte, ein Tonbandsystem zu installieren, das letztlich überhaupt nichts ausmachte. Die Strattoniten hatten schon nach wenigen Tagen herausgefunden, wie sie das System umgehen konnten - über die Telefonleitungen von Stratton sagten sie nur erlaubte Dinge, und dann nahmen sie ihre Handys und wechselten auf die dunkle Seite. Aber die Schrift an der Wand war schon zu sehen: Strattons Tage waren gezählt.
Die Besitzer von Biltmore und von Monroe Parker äußerten den Wunsch, eigene Wege zu gehen und keine Geschäfte mehr mit Stratton zu machen. Das ging natürlich höchst respektvoll vor sich und beide boten mir an, mir für jedes Unternehmen, das sie an die Börse brachten, eine Million Dollar Tribut zu bezahlen. Das waren ungefähr zwölf Millionen im Jahr und ich nahm freudig an. Von Stratton bekam ich im Rahmen der Wettbewerbsklausel ebenfalls eine Million im Monat, und dann kassierte ich noch alle paar Monate fünf Millionen mit großen Insiderblöcken (144er-Aktien) von Unternehmen, die Stratton an die Börse brachte.
Doch im Vergleich zu dem, was ich mit Steve Madden Shoes verdienen konnte, betrachtete ich das nur als Tropfen im Ozean, denn die Firma schien wie eine Rakete zu den Sternen abzuheben. Das erinnerte mich an die ersten Tage von Stratton ... die berauschenden Tage ... die ruhmreichen Tage ... Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre, als die erste Welle von Strattoniten zu den Telefonen gegriffen hatte, und als sich der Wahnsinn, der mein Leben bestimmen sollte, noch nicht festgesetzt hatte. Also war Stratton meine Vergangenheit und Steve Madden meine Zukunft.
Ich saß gerade Steve gegenüber, der sich zur Sicherheit in seinem Stuhl zurücklehnte, während der Spucker Speichelstrahlen auf ihn abschoss. Ab und zu warf mir Steve einen Blick zu, der ungefähr sagte: „Was die Stiefelbestellungen angeht, übertreibt es der Spucker maßlos, vor allem da die Saison fast vorbei ist." Der Labersack war auch anwesend und laberte uns bei jeder Gelegenheit zu. Aber im Moment hatte der Spucker seinen großen Auftritt. „Was ist denn groß dabei, diese Stiefel zu bestellen?", sagte der Spucker. Da sich die Diskussion an diesem Morgen um ein Wort drehte, das mit „B" anfängt - nämlich „boots", also Stiefel -, spuckte er diesmal ungewöhnlich viel. Tatsächlich zuckte der Schuster jedes Mal merklich zurück, wenn der
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