Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
Stunden waren. Irgendwann ließ das Fieber nach und fiel auf 38,9. Dann begann Carter haltlos zu schreien. Das war ein schrilles, durchdringendes Kreischen, einfach unbeschreiblich. Ich fragte mich, ob dies das Schreien eines Kindes war, das sämtlicher Fähigkeiten beraubt wurde, das vor Pein instinktiv aufschrie, weil es wusste, welch schreckliches Schicksal es ereilt hatte.
Die Herzogin und ich saßen auf hellblauen Plastikstühlen im Wartezimmer, aneinander gelehnt und völlig ferngesteuert. Meine Eltern und Suzanne waren auch da. Sir Max ging auf und ab und rauchte trotz des Rauchverbotsschilds an der Wand; ich hatte schon Mitleid mit dem Verrückten, der ihn irgendwann bitten würde, die Zigarette auszumachen. Meine Mutter saß in Tränen aufgelöst neben mir. Sie hatte noch nie so schlimm ausgesehen wie jetzt. Suzanne saß neben ihrer Tochter und redete nicht mehr von Verschwörungen. Dass ein Baby ein Loch im Herz hatte, war die eine Sache; das konnte man flicken. Aber dass ein Kind taubstumm und blind aufwuchs, das war etwas anderes.
Da kam gerade der Arzt durch eine automatische Doppelschiebetür. Er trug grüne OP-Kleidung und hatte einen neutralen Gesichtsausdruck. Die Herzogin und ich sprangen von unseren Stühlen auf und rannten ihm entgegen. Er sagte: „Tut mir leid, Mr. und Mrs. Belfort; die Rückenmarkspunktion ist positiv. Ihr Sohn hat Meningitis. Es -" Ich unterbrach den Arzt: „Viral oder bakteriell?" Ich fasste die Hand meiner Frau und drückte sie; ich betete für viral.
Der Arzt atmete tief ein und langsam wieder aus: „Sie ist bakteriell ", sagte er traurig. „Es tut mir sehr leid. Wir haben alle gebetet, dass sie viral sein würde, aber der Test ist eindeutig. Wir haben dreimal nachgeprüft und ein Irrtum ist ausgeschlossen." Der Arzt holte erneut tief Atem und machte weiter: „Wir haben das Fieber auf 37,8 herunterbekommen und er kommt wahrscheinlich durch. Aber eine bakterielle Meningitis bewirkt eine erhebliche Schädigung des Zentralnervensystems. Man kann noch nicht sagen, wie schwer und wo, aber normalerweise gehen das Gesicht, das Gehör und" - er machte eine Pause und schien nach den richtigen Worten zu suchen - „gewisse geistige Funktionen verloren. Es tut mir sehr leid. Wenn er das akute Stadium hinter sich hat, brauchen wir Spezialisten, die den Schaden abschätzen können. Aber im Moment können wir ihn nur mit einem Breitspektrum-Antibiotikum vollpumpen, um die Bakterien abzutöten. Im Moment wissen wir noch nicht genau, welches Bakterium es ist; anscheinend ist es eine seltene, für Meningitis untypische Art. Wir haben den Leiter der Abteilung Infektionskrankheiten schon kontaktiert und er ist auf dem Weg hierher."
Im Zustand völliger Ungläubigkeit fragte ich: „Wo hat er sich angesteckt?" „Das kann man nicht wissen", antwortete der junge Arzt. „Aber er liegt jetzt auf der Isolierstation im fünften Stock. Er bleibt unter Quarantäne, bis wir das geklärt haben. Außer Ihnen und Ihrer Frau darf niemand zu ihm." Ich schaute die Herzogin an. Ihr Mund hing weit offen. Sie schien zu Stein erstarrt zu sein und starrte in die Ferne. Und dann wurde sie ohnmächtig.
Auf der Isolierstation im fünften Stock herrschter schierer Tumult. Carter schlug wild mit den Armen um sich, er trat und schrie und die Herzogin ging hysterisch weinend auf und ab. Tränen liefen über ihr Gesicht und ihre Haut war aschfahl. Einer der Ärzte sagte zu ihr: „Wir versuchen, ihm eine intravenöse Spritze zu geben, aber er hält nicht still. In dem Alter kann es sehr schwer sein, eine Vene zu finden, deshalb nehmen wir einfach eine Schädelvene. Anders geht es nicht." Er sagte das eher lässig und absolut gefühllos.
Die Herzogin fiel sofort über ihn her. „Sie Arschficker! Wissen Sie eigentlich, wer mein Mann ist, Sie Bastard? Sie gehen jetzt da hinein und geben ihm eine Spritze in den Arm, sonst bringe ich Sie verflucht noch mal um, noch bevor mein Mann jemanden dafür bezahlen kann, dass er das macht!" Der Arzt erstarrte vor Schreck, mit offenem Mund. Gegen die pure Raserei der Herzogin von Bay Ridge kam er nicht an. „Worauf warten Sie denn, zum Teufel? Gehen Sie schon!" Der Arzt nickte, rannte zu Carters Krankenbettchen und hob sein winziges Ärmchen hoch, um eine bessere Vene zu finden. In diesem Moment klingelte mein Handy.
„Hallo", sagte ich tonlos. „Jordan! Hier ist Barth Green. Ich habe alle deine Nachrichten bekommen. Es tut mir ja so leid für dich und Nadine. Sind
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