Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
einem Richter vorgeführt, der feststellen soll, ob Sie immer noch eine Gefahr für sich selbst oder für andere darstellen. Tut mir leid, Sir." Hmmm ... dieser Florida-Polizist schien ja ein ganz netter Kerl zu sein, und schließlich machte er ja nur seinen Job. Außerdem brachte er mich ja auf eine geschlossene psychiatrische Station und nicht in ein Gefängnis; das musste doch irgendwie gut sein, oder?
„Ich bin ein Schmetterling! Ich bin ein Schmetterling! ", schrie eine übergewichtige, dunkelhaarige Frau in einer blauen Kittelschürze, während sie mit den Armen um sich schlug und sich langsam kreisend durch die geschlossene psychiatrische Abteilung im vierten Stockwerk des Delray Medical Center bewegte.
Ich saß auf einem sehr unbequemen Sofa in der Mitte des Gemeinschaftsbereichs, als sie vorbeischwebte. Ich lächelte sie an und nickte ihr zu. Es gab etwa 40 Patienten; die meisten trugen Morgenmäntel und Pantoffeln und benahmen sich auf verschiedene Weise gesellschaftlich inakzeptabel. Im vorderen Bereich war das Schwesternzimmer, vor dem die Irren alle paar Stunden um Thorazine oder Haldol oder ein anderes Antipsychotikum anstanden, das ihre blank liegenden Nerven beruhigen sollte.
„Ich muss es haben. 6,022 x 1023", murmelte ein großer, schlanker Teenager mit starker Akne. „Sehr interessant", dachte ich. Ich beobachtete den armen Jungen jetzt schon seit über zwei Stunden; er lief in einem auffallend perfekten Kreis herum und gab die Avogadro- Zahl von sich, eine mathematische Konstante für die Messung der molekularen Dichte. Zuerst war es mir ein Rätsel, warum er von dieser Zahl so besessen war, aber dann erklärte mir einer von den Pflegehelfern, dass der junge Mann ein unheilbarer LSD-Konsument mit hohem IQ war und dass er sich immer auf die Avogadro-Zahl fixierte, wenn er auf einen schlechten Trip kam. Er war jetzt zum dritten Mal innerhalb von zwölf Monaten im Delray Medical Center.
Ich fand es ironisch, dass ich an einen solchen Ort gesteckt wurde - wenn man bedenkt, wie vernünftig ich war -, aber das ist eben das Problem mit Gesetzen wie dem Baker Act: Sie wurden für die Bedürfnisse der Masse geschaffen. Aber jedenfalls war bisher alles ganz gut gegangen. Ich hatte einen Arzt dazu gebracht, mir Lamictal zu verordnen, und er hatte mir von sich aus noch eine Art Kurzzeit- Opiat gegen die Entzugserscheinungen gegeben.
Eines machte mir jedoch Sorgen: Ich hatte vom Kartentelefon der Station aus versucht, mindestens ein Dutzend Menschen anzurufen - Freunde, Familie, Anwälte, Geschäftspartner. Ich hatte sogar versucht, Alan Chemical-tob anzurufen, damit er einen frischen Quaalude-Vorrat bereithielt, wenn ich aus dem Irrenhaus gelassen wurde, aber ich hatte niemanden erreicht. Keine Seele: nicht die Herzogin, meine Eltern, Lipsky, Dave, Laurie, Gwynne, Janet, Wigwam, Joe Fahmeghetti, Greg O'Connell, den Koch und nicht einmal Bo, den ich eigentlich immer erreichte. Es war, als wäre ich kaltgestellt, von allen verlassen.
Tatsächlich hasste ich die Herzogin am Ende meines ersten Tages in dieser ruhmreichen Anstalt mehr denn je. Sie hatte mich vollständig vergessen, sich gegen mich gewandt und diese einzige verabscheuungswürdige Tat dafür benutzt, sich die Sympathie meiner Freunde und Geschäftspartner zu erschleichen. Ich war sicher, dass sie mich nicht mehr liebte und dass sie mir diese Worte in meiner Überdosis nur aus Sympathie gesagt hatte - weil sie dachte, ich würde vielleicht wirklich den Löffel abgeben und da könnte sie mich genauso gut mit einem letzten vorgespielten „Ich liebe dich" verabschieden.
Bis Mitternacht waren das Kokain und die Quaaludes weitgehend aus meinem Körper verschwunden, aber ich konnte immer noch nicht schlafen. Und dann, in den frühen Morgenstunden des 17. April 1997, gab mir eine Krankenschwester, die ein gutes Herz hatte, eine Dalmane-Spritze in die rechte Arschbacke. Nach 15 Minuten schlief ich dann endlich zum ersten Mal seit drei Monaten ohne Kokain im Kreislauf ein.
Ich wachte 18 Stunden später auf, weil ich meinen Namen hörte. Ich machte die Augen auf, und da stand ein großer schwarzer Pfleger vor mir. „Mr. Belfort, Sie haben Besuch." „Die Herzogin!", dachte ich. Sie war gekommen, um mich da rauszuholen. „Wirklich! ", fragte ich. „Wer ist es denn?"
Er zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht, wie er heißt." Mir sank der Mut. Er führte mich in ein Zimmer mit gepolsterten Wänden. Darin standen ein grauer Metallschreibtisch
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