Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
hin."
Ich kniff die Augen zusammen. „Hau bloß ab, Steve! Die schmeißen gleich Tomaten nach dir. Bist du denn so blind? Ich meine, die pfeifen total auf deinen beschissenen Mary Lou! Die wollen bloß deine Aktien verkaufen und Geld verdienen. Und jetzt geh rüber zu Danny und entspann dich ein bisschen, bevor sie kommen, dir die Basballmütze vom Kopf reißen und dir die letzten sieben Haare skalpieren!" Steve kapitulierte schließlich und verließ die Bühne. Ich hob die rechte Hand, bat um Ruhe, und es wurde still im Saal. Ich hielt das Mikrofon direkt vor meine Lippen und sagte in spöttischem Ton: „Okay Leute und jetzt einen großen Applaus für Steve Madden und seinen ganz besonderen Schuh. Also allein schon wenn ich von der kleinen Mary höre, verspüre ich den Drang, ans Telefon zu gehen und meine ganzen Klienten anzurufen. Ich will, dass jeder von euch - Vertriebsassistentinnen eingeschlossen - die Daumen drückt für Steve Madden und seinen sexy Schuh: den Mary Lou!" Ich klemmte mir das Mikrofon unter den Arm und begann zu klatschen. Und mir nichts, dir nichts - tosender Beifall! Alle Strattoniten bis zum letzten klatschten und stampften und riefen und heulten und brüllten völlig unkontrolliert. Ich hob das Mikrofon wieder hoch und bat um Ruhe - aber diesmal hörten sie nicht auf mich. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, den Augenblick zu feiern.
Schließlich beruhigte sich der Saal wieder. „In Ordnung", sagte ich, „ich weiß, dass das nicht in euer Bild passt, und deshalb muss ich euch sagen, dass es einen Grund gibt, weshalb Steve so neben der Kappe ist. Anders gesagt, sein Wahnsinn hat Methode. Schaut mal, der Mann ist einfach ein kreatives Genie, und deshalb muss Steve per definitionem ein bisschen verrückt sein. Das gehört zu seinem Image." Ich nickte überzeugt mit dem Kopf und fragte mich, ob das, was ich gerade gesagt hatte, das geringste bisschen Sinn ergab. „Aber hört mir alle mal zu, hört mir gut zu. Diese Fähigkeit, die Steve besitzt - diese Gabe - geht weit darüber hinaus, ein paar heiße Schuhtrends zu erkennen. Steves wahre Macht - was ihn von allen anderen Schuhdesignern in Amerika unterscheidet - besteht darin, dass er eigentlich Trends erschafft. Wisst ihr, wie selten das ist? Jemanden zu finden, der einen Modetrend setzt und ihn durchsetzt? Leute wie Steve tauchen nur einmal im Jahrzehnt auf! Und wenn sie auftauchen, sind sie in aller Munde, so wie Coco Chanel oder Yves St. Laurent oder Versace oder Armani oder Donna Karan ... und noch ein paar andere."
Ich ging ein paar Schritte in den Board Room hinein und senkte die Stimme wie ein Priester, der einem Punkt Nachdruck verleihen will. „Und jemand wie Steve am Ruder zu haben ist genau das, was ein solches Unternehmen braucht, um sich in die Stratosphäre zu schießen. Merkt euch meine Worte! Das ist das Unternehmen, auf das wir von Anfang an gewartet haben. Das ist das Unternehmen, das Stratton auf eine ganz neue Ebene heben wird. Das ist das Unternehmen, auf das wir..." Ich war jetzt richtig in Fahrt und während ich weitersprach, begann mein Geist, zweigleisig zu fahren. Ich begann, die Gewinne zusammenzuzählen, die ich bald machen würde. Die Ehrfurcht gebietende Zahl von 20 Millionen Dollar schoss mir durchs Gehirn. Ich hielt das für eine gute Schätzung und die Rechnung war ganz einfach. Von den zwei Millionen Einheiten, die auf den Markt kamen, gingen eine Million in die Depots meiner Rattenlöcher. Ich würde sie meinen Rattenlöchern für fünf bis sechs Dollar wieder abkaufen und in das firmeneigene Trading-Depot legen. Und dann würde ich die Macht des Board Rooms und die massive Verkaufstätigkeit nutzen, die genau diese Ansprache verursachen würde, um den Preis auf 20 Dollar pro Einheit hochzutreiben; damit hätte ich einen Buchgewinn von 14 bis 15 Millionen Dollar. Aber eigentlich brauchte ich den Preis gar nicht selbst auf 20 Dollar hinaufzutreiben; die restliche Drecksarbeit würde schon die Wall Street für mich erledigen. So lange die anderen Broker- und Handelshäuser wussten, dass ich die Einheiten auf dem Höhepunkt zurückkaufen würde, trieben sie den Preis so hoch, wie ich wollte! Ich brauchte nur etwas an ein paar entscheidende Stellen durchsickern zu lassen, dann lief der Rest von allein (und das hatte ich schon gemacht). An der Street ging das Gerücht, dass Stratton bei 20 Dollar pro Einheit kaufen würde, und schon setzten sich die Räder in Bewegung. Unglaublich! So viel Geld zu
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