Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
treffen, weil mir das klug und vorsichtig erschien - in Anbetracht der Tatsache, dass mich die Themen, die wir besprechen wollten, für ein paar Tausend Jahre ins Gefängnis bringen konnten. Aber ich weigerte mich, die Begegnung mit meinem künftigen Meisterfälscher von solch trüben Betrachtungen überschatten zu lassen. Ja - Meisterfälscher. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund bekam ich dieses Wort nicht mehr aus dem Kopf. Meisterfälscher! Meisterfälscher! Die Möglichkeiten waren ... endlos! So viele teuflische Strategien! So viele Gesetze, die man unter dem Schleier der undurchdringlichen glaubhaften Bestreitbarkeit umgehen konnte!
Und die Sache mit Tante Patricia war reibungslos gelaufen. Das war ein gutes Omen. Jetzt war sie gerade auf dem Rückflug nach London und fühlte sich in dem Learjet jetzt hoffentlich wohler - nachdem sie beim Mittagessen vier Gläschen irischen Whiskey getrunken hatte. Und Danny ... das war eine Geschichte für sich. Das letzte Mal als ich ihn gesehen hatte, hörte er sich in Saurels Büro einen Vortrag über den ausgelassenen Charakter der Schweizer Weibchen an.
Auf jeden Fall war der Flur, der zum Büro des Meisterfälschers führte, dunkel und muffig und die dürftige Umgebung machte mich irgendwie ein bisschen traurig. Selbstverständlich führte Roland nicht den offiziellen Titel eines Meisterfälschers oder Ähnliches. Ich würde sogar wagen zu behaupten, ich war der erste Mensch, der diese beiden Wörter zusammenbaute, um einen Schweizer Treuhänder zu beschreiben.
Die Bezeichnung Treuhänder war an sich völlig harmlos und hatte keinerlei negativen Beigeschmack. Rechtlich gesehen war Treuhänder nur ein schöner Titel für jemanden, der gesetzlich verpflichtet war, sich um die Geschäfte einer anderen Person zu kümmern. In den Vereinigten Staaten benutzten wohlhabende WASPs Treuhänder, um ihr Erbe oder die Treuhandfonds zu beaufsichtigen, die sie für ihre verblödeten Söhne beziehungsweise Töchter angelegt hatten. Den meisten Treuhändern wurde von den WASP-Eltern streng vorgeschrieben, wann wie viel Geld verteilt werden durfte. Wenn alles nach Plan ging, konnten die Blödmänner den größten Teil ihres Erbes erst dann angreifen, wenn sie schon alt genug waren, um die Tatsache zu akzptieren, dass sie wirklich Idioten waren. Und dann hatten sie immer noch genug Geld übrig, um den Rest ihres WASP-Lebens auf typische WASP-Art zu verbringen.
Aber Roland Franks war kein solcher Treuhänder. Seine Vorschriften würden von mir und zu meinem Nutzen aufgestellt werden. Er sollte für meinen gesamten Papierkram verantwortlich sein und für alle amtlichen Formulare, die an diverse ausländische Behörden geschickt werden mussten. Er würde amtlich aussehende Dokumente schaffen, die sowohl die Geldbewegungen als auch die Aktieninvestitionen in Gesellschaften rechtfertigten, die ich heimlich kontrollierte. Und dann würde er das Geld nach meinen Anweisungen auf alle von mir ausgewählten Länder verteilen.
Ich öffnete die Tür zu Rolands Büro und da stand er: mein wundervoller Meisterfälscher. Es gab keinen Empfang, nur ein großes, gut ausgestattetes Büro mit mahagonivertäfelten Wänden und einem opulenten braunen Teppich. Roland lehnte an der Kante eines großen Eichenschreibtischs, der mit zahllosen Papieren bedeckt war ... und er war eine richtige Schweizer Speckschwarte! Er hatte etwa meine Größe, aber einen enorm dicken Bauch und ein boshaftes Lächeln, das zu sagen schien: „Den größten Teil des Tages verbringe ich damit, mir Möglichkeiten auszudenken, wie man verschiedene Regierungen dieser Welt austrickst."
Direkt hinter ihm erhob sich vom Boden bis zur Decke ein Nussbaumregal; es war gut vier Meter hoch. Es war mit Hunderten in Leder gebundenen Büchern gefüllt, alle gleich groß, gleich dick und gleich dunkelbraun. Aber auf jedem Buch stand in Golbuchstaben auf dem Rücken ein anderer Name. Ich hatte solche Bücher auch schon in den Vereinigten Staaten gesehen. Das waren offizielle Gründungsbücher, die man bekommt, wenn man ein neues Unternehmen gründet. Jedes enthielt eine Gründungsurkunde, Blanko-Aktienzertifikate, ein Unternehmenssiegel und so weiter. An dem Bücherregal lehnte eine altmodische Bibliotheksleiter mit Rädern.
Roland Franks ging auf mich zu und ergriff meine Hand, bevor ich sie selbst heben konnte. Er schüttelte sie heftig. Er sagte mit breitem Lächeln: „Ahhh Jordan, Jordan - Sie und ich, wir müssen gute Freunde
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