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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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vergewaltigt und du die Nonne?«
    Aufwallender Zorn vertrieb die gute Stimmung aus Gombeis Gesicht. »Wir waren es nicht! Ich verbürge mich für ihn. Und er wird sich für mich verbürgen.«
    »Du würdest für deinen Freund wohl die Hand ins Feuer legen?«
    »Ja«, sagte Gombei. »Ich verdanke ihm mein Leben. Einmal waren wir in den Bergen, haben Holz gefahren, und mein Karren ist vom Weg abgekommen. Ich hing nur an einer Hand über einer Klippe. Jinshichi hat mich hochgezogen. Er hat mir das Leben gerettet.«
    »Das erklärt, warum du ihn schützen willst«, sagte Hirata. »Aber warum sollte er dich schützen wollen? Er könnte einfach behaupten, du hättest die Frauen entführt und missbraucht, und er könnte das Gefängnis als freier Mann verlassen, während du zum Richtplatz gebracht wirst.«
    »Das macht er nicht. Denn er steht in meiner Schuld, so wie ich in seiner. Vor einiger Zeit sind wir im Fluss schwimmen gegangen. Jinshichi wäre beinahe von der Strömung weggetrieben worden, aber ich habe ihn gerettet.« Das wär's, besagte Gombeis Miene.
    »Alte Verpflichtungen werden manchmal schnell vergessen, wenn sich neue Situationen ergeben«, erwiderte Hirata. »Du und Jinshichi, ihr habt beide die Chance, euren Hals zu retten, indem ihr Geschichten über den anderen erzählt. Bleibt nur die Frage, wer von euch beiden der Gerissenere ist.«
    Gombei schüttelte den Kopf. »Jinshichi und ich stecken immer zusammen. Und daran wird sich auch nichts ändern.«
    Hirata musste einsehen, dass das Band zwischen den beiden Männern so stark war wie das zwischen einem Samurai und seinem Herrn. Aber vielleicht gab es eine Drohung, die dieses Band zerreißen konnte. »Also gut, ich geb's auf«, sagte Hirata. »Ich lasse Jirocho darüber entscheiden, wer von euch beiden schuldig ist oder ob ihr beide schuldig seid.«
    Gombeis erschrockene Miene zeigte, dass er den Bandenführer kannte. »Was hat Jirocho damit zu tun?«
    »Das Mädchen, das entführt worden ist, ist seine Tochter.«
    »Was redet Ihr denn da?«, stieß Gombei verwirrt hervor. »Jeder, der etwas anrührt, das Jirocho gehört, ist ein Idiot.«
    »Allerdings, denn jetzt will Jirocho seine Rache.« Hirata hielt inne. »Vielleicht liefere ich dich und deinen Freund an ihn aus«, sagte er dann. »Er wird die Wahrheit aus euch herausholen. Und dann tötet er euch beide, egal, wer von euch seine Tochter entführt und vergewaltigt hat und wer bloß der Komplize war.«
    In Gombeis Augen schimmerte Furcht davor, wozu ein rachsüchtiger Verbrecher fähig war. Dennoch zuckte er mit den Schultern, grinste und sagte: »Wie Ihr wollt. Wir müssen alle irgendwann sterben.«
    *

    Sano, Marume und Fukida trafen sich draußen vor dem Kerker mit Hirata. Gefängniswärter führten Häftlinge in das Gebäude; andere wurden zum Gericht geführt oder zum Hinrichtungsplatz gebracht. In dieser düsteren Umgebung sah niemand fröhlich aus, nicht die Wärter, nicht die Gefangenen und auch nicht Sano und seine Leute.
    »Was hast du aus dem Verdächtigen herausbekommen?«, wollte Sano von Hirata wissen.
    »Gombei behauptet, er sei unschuldig«, antwortete Hirata. »Außerdem sagt er, Jinshichi und er könnten sich gegenseitig ein Alibi geben.«
    »Lass mich raten«, sagte Sano. »Er wollte nicht gegen seinen Freund aussagen.«
    »So ist es.«
    »Genau wie mein Verdächtiger.«
    »Die beiden Kerle sehen aus wie ganz gewöhnliche Halunken, aber sie sind härter und gerissener«, warf Marume ein.
    »Glaubt Ihr denn, dass dieser Gombei der Täter ist?«, wollte Fukida von Hirata wissen.
    »Ja«, antwortete Hirata, auch wenn er sich nicht ganz sicher zu sein schien.
    »Und ich halte Jinshichi für schuldig«, erklärte Sano. »Aber es gibt keine Beweise. Wir haben nur die Aussagen der Zeugen - von denen, die Jinshichi vor dem Nonnenkloster herumlungern sahen, und von den anderen, die Gombei am Shinobazu-See beobachtet haben.«
    »Mit anderen Worten, keiner von beiden wurde an den Orten gesehen, wo Fumiko und Chiyo entführt worden sind«, sagte Hirata.
    »Ebenso wenig an den Orten, wo sie wieder freigelassen wurden«, bemerkte Sano. Er hatte gehofft, die Fälle noch heute lösen zu können; stattdessen waren die Ermittlungen an einem toten Punkt angelangt. »Und es hat nicht den Anschein, als könnten wir mit einem Geständnis rechnen.«
    »Wenn Ihr Geständnisse wollt, braucht Ihr es nur zu sagen«, erklärte Hirata.
    Sano wusste, dass Hirata sich wie kein Zweiter darauf verstand, anderen

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