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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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ist nur aus dieser Welt geworden?«, jammerte er. »Mir geht das Geld aus? Was soll denn in Zukunft werden? Was wird aus meinem Regime, wenn ich sterbe?«
    »Macht Euch darüber keine Gedanken«, sagte Sano. »Ihr seid noch jung.« Doch jeder Beamte der Militärregierung fürchtete den Tod des Shōgun. Wenn die Herrschaft über das Regime in andere Hände überging, konnte sich ihrer aller Schicksal zum Schlechten wenden.
    »Der Hofastrologe sagt, dass die Sterne Euch ein langes Leben vorhersagen«, erklärte Yanagisawa. Hätte der Astrologe etwas anderes vorhergesagt, wäre er hingerichtet worden. Und Yanagisawa wusste genauso gut wie alle anderen, dass der Shōgun beruhigt werden musste, weil sonst die Gefahr bestand, dass seine Angst eine weitere, und diesmal vielleicht tödliche, Erkrankung zur Folge hatte.
    »Wir alle sterben eines Tages«, sagte der Shōgun düster. »Und mir scheint es bestimmt zu sein, ohne einen Erben, der mein Regime weiterführt, von dieser Welt zu gehen!« Dieser Gedanke machte ihm oft zu schaffen. »Ach, warum hat das Schicksal sich nur so gegen mich verschworen?«
    Niemand wagte den Herrscher darauf hinzuweisen, dass seine sexuelle Vorliebe für Männer schon seit jeher der Zeugung eines Nachfolgers im Wege gestanden hatte. »Noch habt Ihr Zeit«, sagte Sano, obwohl er es stark bezweifelte.
    »Vielleicht solltet Ihr ein besonderes Gebet an die Götter richten«, meinte Yanagisawa.
    In einer Geste der Ratlosigkeit hob der Shōgun die Schultern. »Was ich auch tue, nichts hilft!«, klagte er. »Ich habe Gesetze zum Schutz der Tiere erlassen, ich habe Tempel erbaut!« Wieder wagte niemand den Herrscher darauf hinzuweisen, dass weder Tiere noch Tempel ihm zu einem Sohn verhalfen, sondern dass er sich der Lösung dieses Problems auf ganz direkte und offensichtliche Weise nähern musste. »Und was hat das alles gebracht? Meine Gemahlin ist kränklich!« Die Frau des Herrschers war in die Frauengemächer verbannt worden und ward kaum einmal gesehen. »Und mein einziger Sohn ist gestorben.« Gerüchten zufolge war der Junge, den eine Konkubine zur Welt gebracht hatte, gar nicht der Sohn des Shōgun gewesen. »Und meiner Tochter scheint es nicht vergönnt zu sein, überhaupt ein Kind zu bekommen!« Auch was diese Tochter anging, war die Frage der Vaterschaft Gegenstand von Spekulationen - allerdings nicht in Hörweite des Herrschers. »Was habe ich nur getan, dass mir so schreckliches Unglück widerfährt!«
    Bevor Sano oder Yanagisawa ihn beschwichtigen konnten, schlug die Stimmung des Shōgun erneut um. »Vielleicht ist es ja gar nicht meine Schuld! Vielleicht liegt es daran, dass andere mir schlechte Ratschläge erteilt haben!«
    Mit anklagender Miene starrte der Shōgun in die Runde, bis sein finsterer Blick sich auf Sano und Yanagisawa heftete.
    »Kammerherr Yanagisawa hat Euch stets die klügsten und ehrlichsten Ratschläge erteilt, die man sich nur wünschen kann«, beeilte Sano sich zu versichern.
    »Das Gleiche gilt für Kammerherr Sano«, sagte Yanagisawa. »Er hat sein Leben in den Dienst für Euch und für das Land gestellt.«
    »Ach.« Der Shōgun verengte die Augen zu Schlitzen und blickte Sano an. »Und was hat es dann mit dieser Sache auf sich, von der ich gehört habe? Dass Ihr in einem Verbrechen ermittelt, ohne dass ich Euch die Erlaubnis dazu erteilt habe? Es geht um die Entführung der Tochter Eures Onkels, nicht wahr?«
    Sano konnte den Zorn des Shōgun spüren wie eine Hitzewoge. »Das ist eine Familienangelegenheit«, entgegnete er. »Ich versichere Euch, dass die Erfüllung meiner Pflichten Euch gegenüber nicht darunter gelitten hat.« Die Ermittlungen hatten Sano Zeit gekostet, Zeit, die er seinen Aufgaben als Kammerherr hätte widmen müssen, und der Shōgun war berüchtigt für sein Misstrauen. »Darf ich fragen, wie Ihr von dieser Ermittlung erfahren habt?«
    »Yoritomo hat mir davon erzählt«, antwortete der Shōgun.
    Sano warf einen raschen Blick auf Yanagisawa, der den Kopf schüttelte und eine finstere Miene aufsetzte, als wäre er aufrichtig empört über das Treiben seines Sohnes. Sano wandte sich wieder dem Shōgun zu. »Nichts ist mir wichtiger, als meine Pflicht Euch gegenüber zu erfüllen«, sagte er. »Wenn Ihr meine Dienste benötigt, lasse ich alles stehen und liegen und eile Euch zu Hilfe.«
    »Das gilt auch für mich«, erklärte Yanagisawa. »Vertraut uns, Herr, und alles wird gut.«
    »Nun ja ...« Der Shōgun schwankte, hin- und hergerissen

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