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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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der sich schemenhafte Gestalten mit Regenschirmen bewegten. Aus der Ferne waren Stimmen zu vernehmen.
    »Wieder eine Krise abgewendet«, sagte Yanagisawa. »Gute Arbeit, Sano -san.«
    »Dieses Lob kann ich zurückgeben«, entgegnete Sano.
    »Übrigens, was Yoritomo angeht - ich habe ihn nicht dazu angehalten, dem Shōgun von Euren Ermittlungen zu erzählen. Das hat er von allein getan. Ich bitte um Vergebung.«
    Sano warf einen schnellen Seitenblick auf Yanagisawa, doch er sah kein Anzeichen, dass er log. Außerdem hatte Yoritomo tatsächlich allen Grund, es Sano heimzuzahlen; er brauchte nicht erst dazu aufgefordert zu werden.
    »Ich nehme Eure Entschuldigung an«, sagte Sano. Was blieb ihm auch anderes übrig, solange er nicht wusste, was Yanagisawa im Schilde führte.
    »Übrigens«, sagte Yanagisawa, »ich habe von dem Experiment gehört, das Ihr gestern im Gefängnis durchgeführt habt. Sehr einfallsreich. Ich bedaure, dass es zu nichts geführt hat.«
    »Ich bedaure das ebenfalls.« Wieder einmal war Sano beeindruckt, wie schnell Yanagisawas Nachrichtensystem arbeitete.
    Er beschloss, den gewagten Versuch zu unternehmen, Yanagisawa Informationen über das Treffen zu entlocken, das Toda und Masahiro gestern beobachtet hatten. »Um noch einmal auf Yoritomo zurückzukommen«, begann er, »ich habe versucht, mich bei ihm für meine Handlungsweise letztes Jahr zu entschuldigen, aber er will nicht mit mir reden.«
    »Er ist jung, und junge Leute nehmen alles viel zu ernst«, erwiderte Yanagisawa. »Lasst ihm Zeit. Er wird darüber hinwegkommen.«
    »Vielleicht käme er schneller darüber hinweg, wenn er etwas Neues erleben würde«, tastete Sano sich vor. »Vielleicht braucht er eine Frau. Vielleicht solltet Ihr Eure Fühler ausstrecken und nach geeigneten Kandidatinnen suchen.«
    Yanagisawas Miene blieb gelassen, doch er zögerte einen Augenblick, ehe er in beiläufigem Tonfall erwiderte: »Ja, kann sein. Ich nehme an, eines Tages wird er heiraten.«
    Der kurze Moment des Zögerns verriet Sano fast alles, was er wissen wollte. »Schon bald?«, fragte er.
    »Nicht in absehbarer Zeit. Wir warten noch auf die passende Kandidatin.«
    Sano fragte sich, ob die junge Dame, mit der Yanagisawa und Yoritomo sich gestern getroffen hatten, sich als die Falsche erwiesen hatte. Falls das zutraf - welche der beiden Parteien hatte die Heiratsverhandlungen dann abgebrochen? Und wer war die junge Frau überhaupt? Sano spürte, dass Yanagisawa sich fragte, ob Sano von dem miai erfahren hatte. Doch Yanagisawa hakte nicht nach.
    Eine andere Frage kam Sano in den Sinn. »Hätte der Shōgun denn nichts dagegen, wenn Yoritomo heiratet?«
    »Ganz und gar nicht«, antwortete Yanagisawa gelassen. »Ich habe mit ihm darüber gesprochen. Er ist der Meinung, dass Yoritomo meine Blutlinie fortführen soll, um die Tradition zu wahren. Wie Ihr wisst, ist dem Shōgun die Tradition sehr wichtig. Und solange Yoritomo verfügbar bleibt für ihn, hat er nichts gegen eine Ehe einzuwenden.«
    So war es Brauch bei männlichen Geliebten: Heirateten einer oder beide, änderte das nichts an ihrer gleichgeschlechtlichen Beziehung.
    »Wenn ich die Richtige für Yoritomo gefunden habe, werdet Ihr es als Erster erfahren«, sagte Yanagisawa.
    Als sie weiter über den Gang schritten, kam ihnen eine Gruppe Beamter entgegen, und man tauschte höfliche Verbeugungen und Begrüßungen. Als die Gruppe vorüber war, erkundigte sich Yanagisawa: »Wie sieht der nächste Schritt bei Euren Ermittlungen aus?«
    Es entging Sano nicht, wie rasch Yanagisawa das Thema zu wechseln versuchte. Dies bestärkte Sano in seinem Verdacht, dass der miai Teil eines Plans war, den Yanagisawa geheim halten wollte. Doch Sano konnte nicht nachhaken, weil er dann preisgegeben hätte, dass er von dem miai wusste, und das wiederum hätte bei Yanagisawa den Verdacht geweckt, dass Sano ihn beschatten ließ. Deshalb antwortete er unverbindlich: »Ich suche weiter nach dem Entführer.«
    Kurz darauf trennten die beiden Männer sich in aller Freundlichkeit, die zumindest bei einem von ihnen nur gespielt war. Als Marume und Fukida zu Sano aufschlossen, kam einer von Sanos Dienern herbeigeeilt.
    »Verzeiht, ehrenwerter Kammerherr«, sagte der Mann schwer atmend, »aber ich habe eine Nachricht von Eurer Gemahlin. Sie bittet Euch, sofort zum Keijaiji-Kloster zu kommen. Sie sagt, eine Nonne sei tot!«
    *

    Als Sano, Hirata, Marume und Fukida am Kloster eintrafen, sahen sie Reiko auf der Straße vor dem Tor.

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