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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Geheilten wieder an die Front kommen und weiterschießen. Ein Teufelskreis. Helfen für neue Wunden. Kriege verlängern, indem man die Krieger wieder kriegstüchtig macht. Sie haben einen der tragischsten Berufe dieser Welt, Hakim-Pascha!«
    »Ich werde jedem Verwundeten, den ich wieder zurechtflicke, ans Herz legen, sein Gewehr an der nächsten Mauer zu zerschlagen.«
    Dr. Karabasch lächelte breit. »Versuchen Sie es. Sie werden keinen Araber dazu bereit finden. Das ist eine europäische Mentalität.« Er zeigte hinüber zum Flugzeug, über das der feine Sand wehte. Laila und zwei Soldaten der Rebellen schleppten das Gepäck aus dem Jeep über die Piste zu der Leiter, die man an die Tür der Boeing gelehnt hatte. Eine Gangway gab es hier nicht. »Dort warten Ihre Landsleute. Eine Bitte habe ich noch: Sie haben in den letzten Wochen viel gesehen und gehört. Vergessen Sie alles, wenn Sie in das Flugzeug klettern. Seien Sie nur Arzt –«
    »Ich wußte bis heute nicht, daß ich für Sie ein Unsicherheitsfaktor bin.« Dr. Vandura ging langsam auf die blinkende Maschine zu. Die Tür schlug auf, das Gesicht einer Stewardeß erschien, dann der Körper – ohne Uniform, nur in Höschen und Büstenhalter. Schweiß hatte ihre gepflegten Haare völlig verklebt und aus der Form gebracht.
    »Süß, nicht wahr?« sagte Dr. Karabasch spöttisch.
    »Funktioniert die Klimaanlage nicht mehr?«
    »Wie kann sie das? Um einen Funkverkehr zu vermeiden, haben wir sofort nach der Landung die elektrischen Anlagen zerstört. Natürlich auch die Klimaanlage – ein notwendiges Übel.«
    »Dann hocken also in diesem Aluminiumpanzer ohne Entlüftung Frauen und Kinder bei Backofentemperaturen? Sind Sie wahnsinnig, Karabasch?!«
    »Das Leid von 580.000 palästinensischen Flüchtlingen ist schlimmer, und keiner kümmert sich darum.«
    »Das habe ich heute schon mehrmals gehört. Laila ist ein gut eingestelltes Sprachrohr Ihrer Revolutionsthesen!«
    »Laila.« Karabasch hielt Vandura am Arm fest. »Sie geben mir ein Stichwort. Lieben Sie Laila?«
    »Das hat auch Dr. Ashraf gefragt. Ich weiß es nicht.«
    »Sie sollten es bald wissen, Hakim-Pascha. Ein unverbindlicher Flirt wie in der westlichen Welt ist in der Wüste unmöglich. Wir haben noch ein Herz, wenn wir lieben! Doch eines will ich Ihnen dabei sagen: Kommen Sie mir jetzt bloß nicht mit dem Harems-Klischee und der Ansicht, die Frau im Orient habe laut Mohammed keine Seele. Das ist eine falsche Interpretation. Kein Mann hat seine Frau so geliebt wie Mohammed seine Aisha. Als sie starb, weinte er eine Woche lang und wollte ihr das schönste Grabmal dieser Welt bauen. Die moderne arabische Frau ist sich durchaus ihres Wertes bewußt, und Laila gehört zu den Frauen, die ihre Liebe zum Grundelement ihres Lebens machen. Einen guten Rat, Hakim-Pascha: Finger weg von ihr, wenn Ihre Zärtlichkeit nur eine Laune des Augenblicks ist – oder lieben Sie sie mit aller Glut bis an Ihr Lebensende … Eine dritte Möglichkeit scheidet bei Laila aus –«
    Vandura schwieg. Er wußte, daß Karabasch keine leeren Worte sagte. Plötzlich blieb er stehen, unten an der Leiter, an deren oberem Ende die Stewardeß wartete. »Mir läuft noch die Vergangenheit nach«, sagte er gepreßt. »Jetzt wieder, wo ich vor dieser Maschine stehe. Lassen Sie mir Zeit, Karabasch – ich bin nicht aus Wüstensand geformt, aber ich will mich bemühen, mich mit ihm zu bestäuben –«
    Er kletterte die Leiter hinauf, die Stewardeß streckte ihm die Hand hin und zog ihn ins Flugzeug. Karabasch blieb zurück. Laila und ein Soldat der Rebellen waren schon im Innern der Boeing verschwunden.
    »Sie – Sie sind der Arzt?« fragte die Stewardeß erstaunt. »Ein Weißer –«
    »Wie Sie sehen, mein Mädchen. Befühlen Sie mich – es ist kein Puder.« Vandura stand im Vorraum der Maschine. Eine Wand aus glutheißer, stehender Luft schlug ihm entgegen. Sofort brach Schweiß aus seinen Poren und lief ihm über das Gesicht. Das Hemd unter der Dschellaba klebte am Körper. »Das ist ja fürchterlich! Das ist Mord!« schrie er. »Gibt es hier keine Möglichkeit zu lüften?«
    Er sah sich um. Auf den Polstersesseln hockten die Passagiere. Die Männer mit nackten Oberkörpern, die Frauen so weit entblößt wie möglich. An der Tür zur Bordküche und zum Cockpit standen zwei Rebellen mit Maschinenpistolen. Die Kinder, meistens nackt, drängten sich an ihre Mütter und blickten mit weiten, ängstlichen Augen auf den neuen fremden Mann in

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