Der Wunschtraummann
streng. Nein, ich will gerade an gar nichts anderes denken als an den wunderbaren warmen Whirlpool, der mich draußen erwartet …
Ganz kribbelig vor Vorfreude schäle ich mich aus meinen vielen Klamottenlagen. Einen Bikini habe ich nicht dabei, weil ich mir einen am Flughafen kaufen wollte, hätte sich der Überraschungstrip als Wellnesswochenende entpuppt, aber ich könnte wohl einfach in Unterwäsche reinspringen, denke ich und schnappe mir rasch ein Handtuch. Dann bleibe ich stehen, weil mir plötzlich ein Gedanke kommt. Wenn Seb und ich hier ganz alleine sind, dann brauche ich doch eigentlich gar nichts anzuziehen, oder? Und mit einem ungezogenen Kichern winde ich mich aus BH und Höschen und wickele mich in ein Handtuch.
Draußen ist es inzwischen noch kälter geworden. Himmel, es ist wirklich eisig, denke ich zitternd mit einem Blick zum Whirlpool, der sanft beleuchtet auf der Terrasse steht. Aus den glucksenden Bläschen steigt einladender Dampf auf. Ich nehme all meinen Mut zusammen, reiße mir das Handtuch vom Leib und werfe es auf einen Stuhl. Die eiskalte Luft trifft meinen nackten Körper wie ein Schlag, als ich über die verschneite Terrasse flitze und hastig in den Whirlpool steige.
Ahhh, himmlisch. Kaum umfangen mich die warmen Blubberbläschen, stöhne ich auf vor Wohlbehagen. Behutsam gleite ich ins Wasser, lehne mich gegen eine der Massagedüsen und genieße das herrliche Gefühl des Wasserstrahls, der meinen lädierten Rücken durchknetet. Es ist, als sei ich gestorben und im Whirlpoolhimmel wieder aufgewacht. Vielleicht war ich vorhin etwas vorschnell mit meinem Urteil. Vielleicht ist dieses Snowboardwochenende doch nicht ganz so schrecklich. Okay, was das eigentliche Snowboarden angeht, kann man mich vergessen, und ja, allein fühlt man sich schnell ein bisschen einsam, aber das hier ist wirklich wunderbar – allein hier draußen zu sein ist einfach unglaublich.
Ich genieße das ungewohnte Gefühl der Minusgrade draußen, während ich im mollig warmen Pool liege, und betrachte staunend die Aussicht. Langsam senkt sich die Dunkelheit herab, und ich bin umgeben von verschneiten Bergen, während unter mir die blitzenden Lichter des Ortes glitzern. Mit großen Augen schaue ich hinunter. Mein Atem kondensiert zu kleinen Dampfwölkchen, dann lege ich den Kopf in den Nacken. Der Himmel über mir ist so dunkel, so klar, dass ich Millionen Sterne hell funkeln sehe. Und Moment, da ist noch etwas …
Schneeflocken.
Eine wirbelt herunter und landet auf meiner Nase, und ich muss plötzlich an Fergus denken, und in dem Moment stehe ich wieder mit ihm auf der Dachterrasse. Himmel, war das wirklich erst gestern Abend? Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Seitdem ist so viel passiert: ein Flug, ein Vorsprechen, ich, wie ich mich als Sara ausgebe, seine Verpasste Chance … Ich muss an unser Gespräch vorhin denken, an das Internetcafé und die E-Mails. Ob er meine Antwort schon bekommen hat?
Unvermittelt überkommt mich ein ungutes Gefühl, das in mir aufsteigt wie die Blubberbläschen im Whirlpool. Vielleicht sollte ich Seb bitten, mir kurz sein iPhone zu leihen, damit ich meine E-Mails checken kann.
Doch dann bremse ich mich. Was mache ich hier eigentlich? Ich bin übers Wochenende mit meinem Freund in den Alpen. Und an den sollte ich jetzt auch denken, nicht an Fergus.
Und wo wir gerade dabei sind: Wo steckt eigentlich Seb?
Wie aufs Stichwort höre ich Schritte. Ah, das wird er sicher sein. Gut. Ich sollte diesen ganzen Quatsch mit Fergus’ Verpasster Chance vergessen. Mich auf meine eigene reale Beziehung konzentrieren und nicht auf die imaginäre von jemand anderem.
Ich streiche mir die feuchten Haare aus dem Gesicht und versuche, mich ein bisschen zurechtzusetzen. Ich möchte mehr nach sexy nackter Freundin aussehen, die entspannt im Whirlpool liegt, statt nach hundemüder kaputter Freundin, die schlapp über einer Wasserdüse hängt, weil ihr jeder Muskel im Leib höllisch wehtut.
Energisch versuche ich, nicht wie ein Nilpferd zu gähnen, lehne mich lasziv gegen den Beckenrand und harre in freudiger Erwartung Sebs Ankunft. Die Schritte werden lauter und kommen näher. Komisch, klingt beinahe wie zwei verschiedene Schritte …
Kaum schießt mir dieser Gedanke durch den Kopf, da muss ich mit Entsetzen einsehen, dass es nicht Seb ist, den ich da höre.
Es sind Chris und Anna.
»Hey!«, johlt Chris, als er mich sieht. »Schau an, wer ist denn da!«
Es ist wie einer dieser Alpträume, in dem
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