Der Wunschtraummann
schniefend und sich die Näschen tupfend.
»Pippa!«, japst Fiona verdattert.
Eine gebräunte Blondine, in Designer-Ethno-Schick gewandet, der ein Vermögen gekostet haben muss, wirbelt herum, und dann dauert es den Bruchteil einer Sekunde, bis bei ihr der Groschen fällt. Sie scheint tatsächlich überlegen zu müssen, wen sie da vor sich hat. Doch dann strahlt sie plötzlich übers ganze Gesicht. »Fifi, Darling!«, gurrt sie und wirft mit großem Trara zwei Küsschen neben ihren Wangen in die Luft.
»Was machst du denn hier?«, fragt Fiona etwas verwirrt.
Verlegen greift Pippa nach den Perlenketten um ihren Hals und bedenkt Fiona mit einem falschen Lächeln. »Ich bin mit Daddy und ein paar Freunden zum Dinner hier. Er ist Mitglied hier in diesem Club«, bemerkt sie spitz, und ich sehe, wie sie mich abfällig mustert und sich wohl fragt, wie um alles auf der Welt ich hier hereingekommen bin.
»Ich dachte, du bist auf Bali«, sagt Fiona noch immer völlig verständnislos.
»Ich bin gerade erst zurückgekommen und wollte dich gleich anrufen.« Dann fällt ihr Blick auf Tallulah, die in Fionas Tasche sitzt. »Mein Baby!«, flötet sie. »Mummy hat dich so vermisst! Armer Liebling, hast du Mummy auch vermisst?«
Fiona wird stocksteif und drückt den Hund fest an sich. »Es geht ihr gut«, sagt sie knapp.
»Moment, wo ist denn ihr Halsband mit den Swarovski-Kristallen?«, will Pippa empört wissen.
»Das war zu eng, es hat ihr die Luftröhre zugeschnürt. Ein Welpe braucht ein weiches, leichtes Nylonhalsband, weit genug, dass noch zwei Finger dazwischenpassen …«
Mit offenem Mund sieht Pippa Fiona an, wohl nicht unbedingt, weil sie so viel über Hunde weiß, sondern weil sie es tatsächlich wagt, ihr zu widersprechen.
»Sagt wer?«, schnaubt sie verächtlich.
»Na ja, ich habe lange im Internet recherchiert …« Angesichts Pippas offensichtlichen Missfallens scheint Fionas Selbstbewusstsein sich in Luft aufzulösen, und plötzlich wird sie ganz nervös und stammelt: »… und ich habe mir ein Buch gekauft …«
»Tja, das brauchst du jetzt nicht mehr«, unterbricht Pippa sie schneidend, und Fiona zuckt zusammen. »Da hast du wohl leider Zeit und Geld verschwendet, denn ich nehme Tallulah jetzt gleich wieder mit nach Hause.« An ihre blondierten Freundinnen gewandt verdreht sie die Augen und murmelt kaum hörbar: »Also ehrlich, da lässt man sein Haustier bei jemandem, dem man offensichtlich nicht über den Weg trauen kann.«
Doch ich höre es sehr wohl, und mir sträuben sich sofort die Nackenhaare. Niemand hätte sich besser um Tallulah kümmern können als Fiona. Zugegeben, anfangs hatte ich auch meine Sorgen, vor allem im Hinblick auf das Rennmausdebakel, aber sie liebt Tallulah abgöttisch, und Tallulah liebt sie.
Ich sehe die Panik in Fionas Augen. »Das geht doch nicht«, ruft sie entgeistert.
Pippa dreht sich zu ihr um. »Wie bitte? Willst du mir etwa sagen, ich kann meinen eigenen Hund nicht mit nach Hause nehmen?«
Fiona scheint von ihrem Ausbruch selbst schockiert. »Nein, tue ich nicht, aber … na ja … ihr Spielzeug und alles ist noch bei mir zu Hause …«
Doch Pippa ignoriert sie einfach. »Mein kleines Baby-Baby hat seine Mummy vermisst, nicht wahr …?«, gurrt sie, macht einen Kussmund und bückt sich, um Tallulah einen Schmatz zu geben, »… sie braucht auch nicht so ein doofes, doofes Nylonhalsband, oder …?«
Tallulah allerdings, die bisher lieb und brav in Fionas Handtasche gesessen hat, ist da ganz anderer Meinung. Sie sieht Pippas lipglossglasierten Schmollmund näher kommen, fletscht unvermittelt die Zähne und schnappt nach ihr.
Und dann ist plötzlich die Hölle los.
»Aaaaaaaaahh!« Kreischend macht Pippa einen Satz nach hinten. »Sie hat mich gebissen! Der Drecksköter hat mich gebissen!« Entsetzt hält sie sich die Hände vor den Mund. »Ich blute, ich weiß es, ich blute. O Gott, ich bin fürs Leben gezeichnet! Mit so einer Narbe kann ich mich auf keiner Party mehr sehen lassen!« Bebend und heulend stürzt sie zum Spiegel, ihre Freundinnen hinterher, die sich besorgte Blicke zuwerfen.
Wobei denen die Vorstellung, nie mehr auf Partys zu gehen, sicherlich größere Sorge bereitet als die mögliche Verunstaltung ihrer Freundin. Nachdem ich sie neulich in unserer Wohnung in Aktion erleben durfte, habe ich den leisen Verdacht, die Damen sind eigentlich nur hier, weil es etwas zu schnorren gibt.
»Ruft den Rettungswagen! Ich brauche einen Arzt! Holt meinen Daddy,
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