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Der Wunschtraummann

Der Wunschtraummann

Titel: Der Wunschtraummann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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persönliche Assistentin der Geschäftsführung«, erkläre ich und mümmele eine Gabel Kartoffel.
    »Verstehe«, sagt er und nickt bedächtig. »Also, nichts für ungut, aber ich glaube, dein wahres Talent liegt woanders.« Er schaut mir in die Augen, und ich werde rot.
    »So offensichtlich?«
    »Na ja, ich bin ja kein Experte auf dem Gebiet, aber solltest du nicht beispielsweise rangehen, wenn das Telefon klingelt?«
    »Tue ich doch!«, protestiere ich empört.
    »Und nicht so tun, als seiest du der Anrufbeantworter?«, fügt er hinzu, und um seine Mundwinkel zuckt es verdächtig.
    Ich möchte vor Scham im Boden versinken. »Ach du lieber Himmel, das hast du mitbekommen?«
    »Ich stand gerade am Empfang und hab dich zufällig gehört.« Er räuspert sich, und dann imitiert er einen Roboter: »Leider ist derzeit niemand erreichbar, bitte versuchen Sie es später noch mal …«
    Ich quieke entsetzt und schlage mir beschämt die Hände vors Gesicht. Wobei ich zu meiner Verteidigung sagen muss, dass das nur ein einziges Mal vorgekommen ist. Ich musste einen ganzen Stapel dringender Rechnungen ablegen, und das Telefon klingelte ununterbrochen, also bin ich rangegangen und habe versucht, wie eine aufgezeichnete Sprachnachricht zu klingen.
    »Ich weiß, ich bin eine Niete«, gestehe ich und luge schamesrot hinter meinen Händen hervor.
    »Ich fand dich eigentlich ziemlich gut – ich wäre bestimmt drauf reingefallen«, zieht Fergus mich gutmütig auf.
    Und ohne es zu wollen, muss ich plötzlich über das ganze Gesicht grinsen. »Ist ja schön, dass du mich so komisch findest«, meine ich lächelnd, »aber ich glaube, mit dieser Meinung stehst du ziemlich alleine da. Ehrlich gesagt habe ich diese Stelle eigentlich nur wegen Sir Richard, meinem Chef. Er ist wirklich nett, geht allerdings leider bald in Rente.«
    »Und was machst du dann?« Fergus hört auf zu lachen und schaut mich geradeheraus an.
    »Mich mit schlechten Aushilfsjobs durchschlagen, vermutlich«, sage ich achselzuckend und gebe mir Mühe, mir meine Sorge nicht anmerken zu lassen. »Aber auch da stelle ich mich nicht viel besser an.«
    »Was kannst du denn gut?«
    Die Frage bringt mich ein wenig aus dem Konzept. Das hat mich noch nie jemand gefragt. Auf meinen Schulzeugnissen stand immer nur, was ich nicht so gut kann. »Ähm, weiß nicht, eigentlich nichts so richtig«, murmele ich plötzlich sehr verlegen. »Ich habe kein Mega-Talent so wie du.«
    »Hey, nicht so voreilig, du hast mich noch nicht spielen gesehen«, witzelt er mit einem Grinsen.
    »Du weißt, wie ich das meine«, entgegne ich lächelnd. »Manche Menschen sind besonders intelligent oder begabt oder sportlich oder musikalisch – als seien sie so geboren worden und hätten sich nie Gedanken darüber machen müssen, was sie im Leben machen wollen. Sie wissen es einfach. Zu den Leuten gehöre ich leider nicht.« Ich zucke die Achseln.
    Einen Moment mustert er mich eindringlich, wie um mich einzuschätzen, dann stützt er die Ellbogen auf den Tisch und beugt sich zu mir vor.
    »Willst du mir damit etwa sagen, du träumst nicht von irgendetwas?« Und dabei schaut er mich so durchdringend an, dass es mir vorkommt, als schaute er direkt in mich hinein. »Jeder hat doch so einen Traum, Tess. Du bestimmt auch, oder?«
    Ganz kurz blitzt vor meinem inneren Auge ein Bild auf: wie ich neben meinem Großvater an der Nähmaschine sitze und wie aufgeregt ich bin, als ich dabei zusehe, wie die Nadel über den Stoff huscht, das Kribbeln, das ich immer spüre, wenn eine meiner Ideen langsam Gestalt annimmt.
    Stell dir vor, eines Tages könntest du …
    Streng unterbreche ich mich, noch ehe ich den Satz zu Ende gedacht habe.
    »Nein, ich nicht«, murmele ich rasch und tue seine Frage mit einem Schulterzucken ab. »Hättest du mich vorhin gefragt, hätte ich dir gesagt, mein Traum ist es, diese DVD zu finden.« Ich lache ein wenig, damit es wie ein Scherz klingt, dann wende ich mich wieder meiner Kartoffel zu. Aber aus unerfindlichen Gründen ist mir der Appetit vergangen, und ich habe eigentlich gar keinen Hunger mehr.
    Es entsteht eine kleine Gesprächspause, und einen Moment sagt Fergus nichts mehr. Er scheint nicht überzeugt von dem, was ich gesagt habe, und zuerst denke ich, er wird mir widersprechen und versuchen, mich aus der Reserve zu locken, weshalb ich schon in Verteidigungshaltung gehe. Doch dann scheint er sich eines Besseren zu besinnen, und als verstünde er meinen Wink, stürzt er sich mit neuem

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