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Der Wunschtraummann

Der Wunschtraummann

Titel: Der Wunschtraummann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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Elan auf seine Kartoffel. »Tja, dann bin ich jedenfalls froh, dass ich dir mit der Bücherei weiterhelfen konnte«, erklärt er fröhlich, »aber wenn ich ganz ehrlich bin, hätte ich nicht gedacht, dass der Film was für dich ist. Johnny Depp spielt jedenfalls nicht mit, das ist dir schon klar, oder?« Und damit schaut er von seiner Kartoffel auf und grinst mich verschmitzt an.
    Worauf ich ihm über den Tisch eins mit meiner Papierserviette verpasse. »Es ist nicht mein Lieblingsfilm«, gestehe ich. »Eigentlich finde ich Science Fiction ziemlich öde, aber mein Freund …« Ich stocke. Darf ich Seb überhaupt schon als meinen Freund bezeichnen? Schließlich haben wir uns erst einmal getroffen. Also, offiziell jedenfalls.
    »Ach, verstehe«, meint Fergus, ohne eine Miene zu verziehen. Aber ich merke, wie die Atmosphäre sich plötzlich verändert. So als hätte sich Seb nur dadurch, dass ich ihn erwähnt habe, mit zu uns an den Tisch gesetzt, und nun sind wir plötzlich nicht mehr allein und unter uns.
    »Und du?«, frage ich, ignoriere die komische Stimmung und lenke das Gespräch wieder auf ihn. So ist das immer, wenn man neue Freunde des anderen Geschlechts kennenlernt. Ich habe mal einen Artikel darüber gelesen, man nennt das »Die Festsetzung der platonischen Grenzen«. Angeblich ist das ganz normal.
    »Du meinst, ob ich Star Wars gesehen habe?« Er zieht eine Grimasse und schaufelt sich das letzte bisschen Kartoffel in den Mund. »Einmal, vor Ewigkeiten, als Kind. Aber ehrlich gesagt, habe ich den ganzen Rummel nie verstanden.«
    Ich muss mich beherrschen, ihm nicht vorbehaltlos zuzustimmen, und schüttele den Kopf. »Nein, ich meinte, ob du eine Freundin hast?«
    »Oh, ach so, verstehe.« Er hört auf zu kauen und schüttelt den Kopf. »Nein, leider nicht.« Auf einmal hält er mitten im Kauen inne und setzt sich auf wie ein Erdmännchen. »Wobei, ich glaube, ich habe mich gerade in jemanden verguckt.«
    »Verguckt?« , wiederhole ich. Moment, habe ich da gerade was verpasst?
    Doch er gibt keine Antwort, sondern stiert bloß über meine Schulter wie eine Schaufensterpuppe.
    Neugierig drehe ich mich herum und schaue zur anderen Seite des Cafés, wo ich das Objekt seiner Begierde entdecke: Da sitzt eine junge Frau, ganz allein und in ein Buch vertieft. Und dann schaut sie auf und sieht, wie Fergus sie anstarrt, und ganz kurz sehen sie sich an, und sie lächelt errötend und senkt dann den Blick rasch wieder in die Seiten ihres Buchs.
    Ich schwöre, in dem Moment kommt es mir vor, als sei ich unsichtbar.
    »Hübsch«, stelle ich fest und muss mich wundern, dass mich das ein klitzekleines bisschen wurmt. Muss wohl was mit den eben erwähnten platonischen Grenzen zu tun haben.
    »Hübsch? Sie ist Venus selbst«, schwärmt er plötzlich poetisch mit seltsam verschleierten Augen.
    Ich beobachte, wie sie verlegen mit einer Strähne ihrer blassblonden Haare spielt. Sie weiß, dass wir über sie reden.
    »Geh doch einfach rüber und sag Hallo«, schlage ich vor, um ihm ein wenig Mut zu machen. »Ich glaube, du gefällst ihr.«
    Worauf er mich anschaut, als hätte ich ihm gerade gesagt, er solle die Klamotten ausziehen und nackt raus auf die Haupteinkaufsstraße laufen. »Auf keinen Fall!«, zischt er und zuckt unter seiner wasserdichten Neonjacke merklich zusammen. »Nie im Leben würde sie mit mir ausgehen.«
    »Sei nicht albern, warum denn nicht?«, frage ich und erkenne den Mann kaum wieder, der plötzlich vor mir sitzt. Sonst flirtet er wie ein Weltmeister mit sämtlichen Frauen am Empfang. Moment mal, wo ist denn sein berüchtigter irischer Charme auf einmal hin? Das verschmitzte Lächeln? Das Zwinkern und das begnadete Mundwerk? Alles spurlos verschwunden.
    Stattdessen sitzt mir da ein Kerl gegenüber im Plastikstuhl, der aussieht wie ein Sechsjähriger an seinem ersten Schultag, denke ich und sehe zu, wie er nervös an den Fingernägeln kaut.
    »Jetzt erzähl mir nicht, du seiest zu schüchtern«, ziehe ich ihn auf und stupse ihn spielerisch in die Rippen.
    »Nein, natürlich nicht«, entgegnet er hitzig.
    »Sondern?«, hake ich nach.
    Er seufzt und holt tief Luft. »Okay, also, zunächst mal bin ich ein arbeitsloser Schauspieler, der zuletzt für eine Klopapierwerbung vor der Kamera stand und sich nun als Fahrradkurier durchschlägt, um die Miete für sein winzig kleines Einzimmerapartment am falschen Ende von Shepherd’s Bush zu bezahlen …«
    »Du solltest dich nicht selbst so schlechtmachen, weißt du«,

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