Der Wunschtraummann
Seelenverwandte bin«, tippt sie emsig in ihr BlackBerry. »Trotzdem …« Stirnrunzelnd schaut sie auf die Anzeige und schüttelt den Kopf. »… wollte ich mich bei dir melden, weil ich glaube, dass du mit diesem Foto keinen Erfolg haben wirst. Bestimmt bist du ein sehr netter Mensch, aber ich glaube, eine Typberatung könnte dir nicht schaden. Hast du vielleicht ein, zwei Freundinnen, die dir ein paar Mode- und Stylingtipps geben könnten? Wenn nicht, kann ich dir als Gesundheits- und Schönheitskolumnistin gerne einige gute Ratschläge mitgeben. Viele Grüße …« Mit einer ausholenden Geste klickt sie zufrieden auf Senden . »So. Erledigt.« Sie steckt das BlackBerry wieder in die Handtasche. »Weißt du was, ich glaube, würde ich keine Kolumnen schreiben, dann wäre ich Kummerkastentante geworden«, sagt sie an mich gewandt und scheint hochzufrieden mit sich.
Ganz kurz überlege ich, ihr zu erklären, dass die meisten Männer beim Online-Dating sicher mehr aufs Begatten als auf eine Typberatung aus sind, aber da werden wir von einer der Kosmetikerinnen unterbrochen.
»Verzeihen Sie bitte, aber die Fische sind fertig mit der Pediküre.«
»Ach, wirklich?« Ich schaue in das Wasserbecken und stelle fest, dass die Fischchen, die sich eben noch um meine Zehen drängten, nun faul in der Ecke hängen.
»Sehen Sie, sie fressen nicht mehr«, erklärt die Dame uns. »Sie sind satt.«
»Tja, wenigstens einer, der satt ist«, knurrt Fiona, deren Magen mindestens ebenso laut grummelt. Schnell drückt sie die Hand darauf, um ihn zum Schweigen zu bringen.
»Wollen wir uns auf dem Weg nach Hause eine Pizza holen?«, schlage ich vor und ziehe die Füße aus dem Becken. Heiliger Strohsack, unglaublich, das funktioniert tatsächlich. Meine Füße waren noch nie so zart.
»Geht nicht, ich mache immer noch die Regenbogendiät.« Angewidert verzieht sie das Gesicht.
»Welche Farbe ist denn heute dran?«
»Gelb.«
»Das ist doch ganz einfach, dann nimmst du vier Käse ohne Tomatensoße«, schlage ich fröhlich vor, trockne mir die Füße ab und ziehe die Socken wieder an.
»Stimmt«, meint sie und schlüpft in die unvermeidlichen Stilettos, »aber ich habe keine Zeit. Ich muss nach Hause. Pippa und Grizzle kommen nachher mit ein paar Mädels vorbei.«
Mir wird ganz anders. »Oh, das wird sicher lustig«, sage ich und versuche dabei, fröhlich und begeistert zu klingen, aber das ist nicht leicht, wenn man mit zusammengebissenen Zähnen redet.
»Ja, ich habe ihnen gesagt, wir können eine Kosmetik-Party machen. Du bist sicher heilfroh, wenn ich den Riesenberg auf dem Küchentisch verschenke …«
»Ich gebe den Rettungskräften Entwarnung«, meine ich grinsend.
»Und ich wollte Wein besorgen und Knabberkram … den ich sowieso nicht essen werde …«, fügt sie eilig hinzu, »aber ich dachte, das wird sicher ein netter Mädelsabend. Und was machst du so? Triffst du dich wieder mit Seb?« Vielsagend schaut sie mich an, zwinkert und stupst mich mit dem Ellbogen in die Rippen.
Ich schüttele den Kopf. »Nein, der ist übers Wochenende geschäftlich in Genf.«
»Und, meinst du, er wird dir fehlen?« Mitfühlend drückt Fiona mir den Arm.
»Ist ja nur für ein paar Tage«, meine ich mit wehmütigem Lächeln. Es stimmt, sicher wird Seb mir fehlen, aber wenn ich ganz ehrlich bin, freue ich mich darauf, ein bisschen allein zu sein. Die Woche war ziemlich anstrengend. Bis in die Puppen aufgeblieben, um Star Wars zu sehen, im Morgengrauen die Bikinizone gewachst, ganz zu schweigen von letzter Nacht und heute Morgen. Ich bin ziemlich geschafft. Verstehen Sie mich nicht falsch, es war wunderbar, aber ich muss mich ein bisschen erholen. Und außerdem tut mir der Kiefer weh von dem vielen …
Na ja, Sie wissen schon.
Ich will schließlich keine Maulsperre bekommen.
Wir danken der netten Dame, und Fiona gibt ihr ihre Karte und verspricht, ihnen eine Kopie ihres Artikels zu schicken.
»Wenn ich ehrlich bin, freue ich mich auf einen ruhigen Abend zu Hause«, gestehe ich, als wir durch die Tür nach draußen in den winterlichen Abend gehen.
»Wirklich?«, fragt Fiona entzückt. »Toll! Dann kannst du ja bei unserem Mädelsabend dabei sein!« Sie hakt sich bei mir unter und strahlt mich an. »Das wird so was von lustig!«
»Prima«, entgegne ich lächelnd, ignoriere die Tatsache, dass mein Magen sich zusammenkrampft, und setze ein Lächeln auf, mit dem ich aussehe wie eine Bauchrednerpuppe. »Ich freue mich
Weitere Kostenlose Bücher