Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wunschtraummann

Der Wunschtraummann

Titel: Der Wunschtraummann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
Vom Netzwerk:
später winke ich meinem Opa zum Abschied zu, und nachdem ich ihn noch einmal ermahnt habe, bis zu meinem nächsten Besuch ausnahmsweise mal keinen Ärger zu machen, mache ich mich auf den Weg zum Shoppingcenter. Ali, der Computerfachmann, hat mir eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen, dass mein Laptop fertig sei und ich ihn abholen könne.
    »Es war genau, wie ich vermutet hatte«, erklärt er ernst und legt den frisch reparierten Rechner vor mir auf die Theke. »Ein katastrophales Motherboardversagen, bedingt durch einen Head-Crash.« Er schaut auf, und als er meinen leeren, verständnislosen Blick sieht, unterbricht er seine ausschweifenden Erläuterungen. »Er funktioniert wieder«, meint er schlicht und ergreifend.
    »Du bist toll«, entgegne ich mit einem Lächeln.
    Sein Mund zuckt ein wenig. Ich habe schon bemerkt, dass Ali nicht gerade häufig lächelt. Als Baby hat er diese Lektion vermutlich übersprungen und sich stattdessen gleich mit Logarithmen befasst. Etwas verlegen schiebt er seine dicke Brille auf der Nase nach oben und linst mich kurzsichtig an. »Und, wie geht’s so? Du scheinst wesentlich besser drauf zu sein als letztes Mal.«
    Ich muss daran denken, wie ich vor ihm in Tränen ausgebrochen bin vor lauter Liebeskummer, und schäme mich ein bisschen. »Ähm, ja, alles bestens«, murmele ich und spüre, wie mir die Röte in die Wangen steigt. »Ich bin wieder mit meinem Freund zusammen«, gestehe ich als Erklärung für meine blendende Laune. Na ja, das ist doch nur fair, wenn man bedenkt, dass er mir beim letzten Mal Bildschirmputztücher gereicht hat, damit ich mich schnäuzen kann.
    »Dann ist er wohl doch nicht so blöd«, meint er mit zustimmendem Nicken.
    Ich lächele schief. »Und bei dir?«
    »Immer noch Single«, sagt er achselzuckend.
    »Tja, dann ist deine Exfreundin wohl tatsächlich blöd«, erwidere ich mit dem Brustton der Überzeugung.
    Worauf der sonst so ernste Ali unvermittelt in schallendes Gelächter ausbricht.
    »Was ist denn daran so komisch?«, frage ich verwirrt.
    »Freund«, korrigiert er mich, und seine Augen blitzen amüsiert.
    Es dauert einen Moment, bis der Groschen fällt. »Ach herrje, tut mir leid, ich wusste ja nicht …«
    »Schon okay, keine Sorge, das wissen die wenigsten«, sagt er und unterbricht meinen Entschuldigungsversuch. »Als Inder hat man es nicht leicht, wenn man schwul ist. Meine Eltern reden nicht mehr mit mir, seit ich mich geoutet habe. Sie können einfach nicht akzeptieren, dass ich bin, wie ich bin …« Traurig schüttelt er den Kopf. »Aber es freut mich für dich. Es freut mich, dass dein Freund seinen Fehler eingesehen hat. Das lässt mich hoffen, dass Menschen sich doch ändern können.«
    »Ja, können sie«, erkläre ich aufmunternd, doch mir ist dabei ein bisschen mulmig zumute. Denn als ich diese Worte höre, geht mir auf, dass sich eigentlich nur einer verändert hat.
    Und das bin ich.
    Aber andererseits sind Veränderungen doch etwas Gutes, oder?, sage ich mir entschieden, als ich Ali zum Abschied kurz zuwinke. Fiona hat eine ganze Reihe Ratgeber in ihrem Bücherregal, und kurz nach der Trennung von Seb habe ich einen davon gelesen, und da ging es die ganze Zeit um inneres Wachstum und Veränderung. Wobei ich zugeben muss, dass ich nur bis Seite zwanzig gekommen bin, weil X Factor gerade anfing, aber da wurde ganz klar und deutlich gesagt, dass man sich weiterentwickeln muss, um zu überleben. Ich meine, man braucht sich doch bloß die Dinosaurier anzuschauen!
    Ich verlasse den Computerladen und fahre mit der Rolltreppe nach unten. Eigentlich hatte ich nur meinen Laptop abholen und dann gleich wieder nach Hause gehen wollen, aber wo ich schon mal hier bin, kann ich ja auch gleich noch ein paar Sachen besorgen, überlege ich mir und bleibe vor einem Schaufenster mit seidigen Dessous in der Auslage stehen. Ich brauche unbedingt neue Unterwäsche. Die einzigen ansehnlichen Stücke, die ich habe, sind das Höschen und der BH , die ich von Seb geschenkt bekommen habe, und die kann ich ja nicht ständig abends per Hand waschen, damit ich was zum Anziehen habe. Bisher waren »Bequemlichkeit« und »Halt« die Schlüsselworte bei der Auswahl meiner Unterwäsche. Aber das war einmal. Heute sind die Schlüsselworte sexy, tief ausgeschnitten und …
    Wie viel?
    Ich stehe im Laden und habe gerade einen schwarzen Satin-Tanga vom Ständer genommen, und nun starre ich mit offenem Mund auf das Preisschildchen. Das muss doch wohl ein Irrtum

Weitere Kostenlose Bücher