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Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For

Titel: Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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Fatzke gibt. Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass ich systematisch an das Ganze herangehe und mir keine neuen Probleme aufhalsen will, indem ich mich mit irgendwelchem Einwanderungskram herumschlagen muss. Und vergiss nicht die kulturellen Unterschiede.«
    Ich liebe Jess. Romantisch wie immer. »Ja, das sagst du jetzt«, murmle ich, kaue niedergeschlagen auf meinen Vollkornflocken herum und wünschte, ich hätte stattdessen ein pain au chocolat in der Hand.
    »Was willst du tun?«, fragt sie.
    »Inwiefern?« Neugierig betrachte ich das kleine schwarze Notizbuch, das inmitten des Durcheinanders auf dem Tisch liegt. Es sieht aus wie das Büchlein, in das ich Gabe habe kritzeln sehen. Ich frage mich, was drinstehen mag.
    »Dass Gabe Standup-Comedian ist«, antwortet sie und hat offenbar Mühe, nicht laut hinauszulachen.
    Allmählich habe ich den Verdacht, Jess macht das Ganze auch noch Spaß. »Heißt es nicht immer ›Ich müsste lachen, wenn es nicht zum Weinen wäre‹?«, sage ich abwesend, strecke den Arm aus und schlage das Notizbuch auf. Na ja, ein kleiner Blick kann doch nicht schaden.
    »Absolut«, bestätigt Jess. »Und du musst lachen.«
    Auf der ersten Seite steht mit blauer Tinte in seiner geschwungenen Handschrift: »Meine Top-Ten-Schwiegermutterwitze«. Abrupt ziehe ich die Hand weg. Wenn ich genauer darüber nachdenke …
     
    In den folgenden Tagen bleibe ich von jeglicher Art Schwiegermutterwitz verschont, da ich meinen neuen Wohnungsgenossen kaum zu Gesicht bekomme. Tatsache ist - abgesehen von einem gelegentlichen »Hi, wie geht’s?«, wenn ich nach Hause komme und er gerade geht, ist es fast, als wäre er nie eingezogen. Fast, aber natürlich nicht ganz.
    Einige Kleinigkeiten tauchen auf. Eine Gewürzsammlung in der Küche, ein Karton Sojamilch im Kühlschrank, ein neuer Luffaschwamm von der Größe eines Baguette in der Dusche. Und noch etwas - aber das hat nichts mit seiner Wilco-CD zu tun, die ich neben der Stereoanlage gefunden habe, oder mit seinem grellbunten Strandtuch, das ordentlich zusammengelegt neben dem Waschbecken liegt. Es ist ein Gefühl.
    Wochenlang habe ich mich vor dem Gedanken gefürchtet, einen Fremden in der Wohnung zu haben, habe die Vorstellung verabscheut, ein Mann, der nicht Daniel ist, könnte in meiner Badewanne liegen, doch alle meine Befürchtungen waren unnötig. Es ist angenehm, einen anderen Menschen um sich zu haben. Ehrlich gesagt, ist es sogar mehr als das: Es ist schön.
    Aus irgendeinem Grund fühlt sich die Wohnung anders an. Ich fühle mich anders. Und nicht nur, weil ich abends nicht mehr wach liege und mir Sorgen über Dinge wie Zwangsversteigerung mache oder mich mitten auf der Straße Ängste wegen Billy Smith und diesen dämlichen Le-Creuset-Töpfen heimsuchen. Es ist, als hätte Gabe mit seiner Anwesenheit sämtlichen Geistern der Vergangenheit den Garaus gemacht. Trotz des Schocks, dass ich mit einem Standup-Comedian zusammenlebe, bin ich glücklicher. Positiver. Schlanker.
     
    Am Donnerstag gehe ich nach der Arbeit bei Boots vorbei, um ein Päckchen Wattepads zu kaufen, als ich eine dieser elektronischen Waagen bemerke. Aus einem Impuls heraus beschließe ich, mich zu wiegen. Und nun stehe ich da und starre verblüfft auf die Digitalanzeige.
    Nein, das kann nicht stimmen. Mit gerunzelter Stirn sehe ich noch einmal hin. Ich habe über zwei Kilo abgenommen? Seit Monaten habe ich versucht, das Gewicht loszuwerden, das ich seit Weihnachten mit mir herumschleppe. Ich war Joggen - zwei Mal -, habe mir ein Yoga-Video gekauft mit der festen Absicht, es mir zu Hause anzusehen, und ich habe mein pain au chocolat zum Frühstück aus der französischen Pâtisserie an der Ecke einer Schale Vollkornflocken geopfert, die wie Pappe schmecken. Das kann man wohl kaum als massive Änderung der Lebensgewohnheiten bezeichnen, aber - puff - mit einem Mal sind die Pfunde verschwunden. Es ist erstaunlich. Unglaublich. Unheimlich.
    Ich ziehe den Computerausdruck aus dem Schlitz, trete von der Waage, gehe zur Kasse, vor der sich ausnahmsweise keine Schlange gebildet hat, und lege mit einem Anflug von Freude die Wattepads auf das Band. Ja, das muss es sein. Ich wusste doch, dass es eine vernünftige Erklärung gibt. Ich meine, es ist schließlich nicht so, dass Gewicht wie durch Zauberhand über Nacht verschwindet, oder?
    Ich strahle die Kassiererin an und hole meine Geldbörse aus der Handtasche. Der Heidekrautzweig fällt heraus. Wie ist der denn dort

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