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Der Wunschzettelzauber

Der Wunschzettelzauber

Titel: Der Wunschzettelzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Muriel Zagha
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geworfen hatte. Er wollte sie wohl gerne von ihren Freunden loseisen, da er nicht mehr allzu viel Zeit hatte, bis sein Zug ging. Trotzdem konnte sie nicht umhin, bei Philips Erzählung eine morbide Faszination zu empfinden. Die Szene, wie Philip sie beschrieben hatte, bot in ihren Augen alle Anzeichen einer verrückten, zerstörerischen Leidenschaft. Charlie und Karen waren offensichtlich verrückt nacheinander. Ein Künstler, verheiratet mit einer Künstlerin – kein Wunder, dass da oft die Fetzen flogen. Nun ja, sollten sie doch. Chloe würde die Akte »Charlie Kessler« für immer schließen. Jetzt. Und weg damit. Aus und vorbei.
    Sie ergriff Guillaumes Hand. »Sollen wir ein bisschen spazieren gehen?«
    Er lächelte bejahend, und sie verließen das Lokal zusammen, wobei Chloe eine neue entschlossene, funkelnde Klarheit in ihren Gedanken fühlte. Sie gingen zum Fluss. Guillaume stellte ihr Fragen über ihre Freunde, und sie beantwortete sie mechanisch, tat ihr Bestes, ihn zu unterhalten und dabei die düstere Stimmung, die auf ihr lastete, zu verbergen. Es war sehr kalt, und der Himmel wurde schon dunkler. Bald würde die Sonne über London untergehen.
    Als die Westminster Bridge und das Parlament in Sicht kamen, legte Guillaume einen Arm um Chloe, und sie tat das Gleiche. Sie war froh um seine Wärme und Stärke und schmiegte sich eng an seinen Körper, trost- und schutzsuchend. Sie blieben stehen, um die kleinen Boote zu beobachten, die wie Geister unter der Brücke hindurchglitten.
    Â»Erinnerst du dich, was du gesagt hast, als wir das letzte Mal spazieren gegangen sind?«, fragte Chloe. »Du hast gesagt, dass im Winter die Schönheit der Landschaft weniger zutage treten und man die Menschen so besser kennenlernen würde.«
    Â»Ja, ich erinnere mich daran.«
    Â»Kennen wir uns jetzt ein bisschen besser?«
    Â»Ich glaube, ja«, erwiderte Guillaume und berührte sie an der Wange.
    Eigentlich kannten sie sich nicht viel besser. Sie hatten noch nicht viel Zeit für Gespräche gehabt. Aber sie mochte ihn gern, oder etwa nicht? Und er mochte sie. Na also. In diesem Augenblick wollte Chloe unbedingt geküsst werden, und so zog sie sein Gesicht zu sich hinunter und schloss die Augen.

36
    Im Zeichen des Einhorns
    Auf dem ganzen Weg zurück zum Bahnhof St. Pancras löste Guillaume seinen Arm nicht mehr von Chloe. Als der Zug abgefahren war, stieg Chloe in den Bus, um Nicolas bei ihren Eltern abzuholen. Sie suchte auf ihrem iPod nach etwas, das ihrer Stimmung entsprach, aber vergeblich, und so starrte sie schließlich ins Leere. Da klingelte ihr Handy. Es war Bruno.
    Â»Hallo«, meldete Chloe sich, etwas aufgeheitert durch sein vertrautes gallisches Bellen. »Deine dégustation du dimanche war genial! Hat alles super geklappt. Bist du zufrieden?«
    Â»Ja«, erwiderte Bruno. »Ich bin stolz auf meinen Sohn.«
    Chloe hörte eine leichte Spannung in seiner Stimme und lächelte. »Das Lamm war wirklich köstlich. Ihr beide seid ein gutes Team – Balsan Père et Fils .«
    Â»Wo bist du, Chloe? Zu’ause?«
    Â»Nicht mehr weit. Auf dem Heimweg. Warum?«
    Â»Und Nicolas ist noch bei deinen Eltern?«
    Â»Ja.«
    Â»Ich bin im Unicorn . Pascal ist schon zu Bett gegangen. Komm noch auf ein Glas mit mir ’er, ja?«
    Das hatte es noch nie gegeben. Chloe war schon einige Male mit ihrem Chef in dem Pub in der Rosemary Street gewesen, aber immer nur zu Besprechungen mit anderen Ladenbesitzern aus der Umgebung, nie mit ihm allein.
    Â»Ist alles in Ordnung?«, fragte sie.
    Â»Ja, natürlich«, erwiderte Bruno brummig. »Ich wollte nur gern ein oder zwei Dinge mit dir besprechen.«
    Als Chloe ihre Mutter anrief, erklärte Jenny, dass Nicolas bereits schlief. Warum ließ Chloe ihn nicht einfach über Nacht da? Jenny würde ihn sehr gern am Morgen in den Kindergarten bringen.
    Â»Netter Kerl, dieser Guillaume«, meinte Bruno und wischte sich den Bierschaum aus dem Schnurrbart.
    Sie hatten sich einen Tisch in der Nähe des Kamins gesichert. Das Unicorn , ein gemütliches Lokal mit holzvertäfelten, kleinen Nischen, füllte sich langsam.
    Â»Ja, sehr nett«, erwiderte Chloe mit einem breiten, strahlenden Lächeln. Sie hatte sich ein großes Glas Rotwein bestellt. Das hatte sie jetzt nötig. Sie fühlte sich durchfroren und kaputt.
    Bruno musterte sie. »Du

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