Der Wunschzettelzauber
â¦Â«
»Und jetzt sind alle Kesslers wieder vereint, und das ist einfach wunderbar. Ha, darauf trinke ich.« Chloe kippte den Inhalt ihres Glases auf einen Satz hinunter. Dann lächelte sie strahlend. Er sollte es nur wagen zu glauben, dass sie sich etwas aus ihm machte.
Charlie blickte verblüfft drein. Er zog die Augenbrauen zusammen. Chloe sehnte sich danach, sie zu berühren. Sie waren so schön geformt, dunkel und schmal, gerade kräftig genug, um irgendwie den Eindruck zu erwecken, dass er noch ungezähmt war.
»Wie kommen Sie darauf, dass Karen und ich wieder zusammen wären?«, fragte er.
»Ach, wissen Sie«, meinte Chloe leichthin und füllte ihr Glas neu, »ich habe meine Ohren überall. Ich habe es gehört.«
»Na, dann haben Sie falsch gehört. Wir sind noch immer geschiedene Leute.«
»Ach wirklich? Für immer?«
»Das hoffe ich sehr. Ich bin ein Musterbeispiel dafür, dass man nicht zu jung heiraten sollte.«
»Und wer passt dann heute Abend auf Katie auf?«
»Sie ist bei Anna. Sie kennen doch Anna? Die mit dem kleinen Mädchen namens Charlotte?«
Anne/Anna vom Supermarkt, die manchmal Hallo sagte und manchmal nicht. Anna, in deren Haus er seine grüne Jacke liegen gelassen hatte. Anna, sehr wahrscheinlich eine von seinen »Engeln«. Was?, dachte Chloe verwirrt und griff nach ihrem Glas, um einen klareren Kopf zu bekommen. War Anna bei ihm eingezogen, oder was?
»Sie ist Katies Babysitterin, wenn ich mal eine Pause brauche. Manchmal komme ich gern hierher, um etwas zu essen und ein Buch zu lesen. Kleiner Tapetenwechsel.«
Chloe nickte langsam. Sie leerte ihr Glas Prosecco und entschied sich, Annas exakte Rolle in Charlies Leben für den Augenblick beiseitezulassen und sich wieder dem Hauptthema zuzuwenden. »Aha. Also sind Sie und Karen nicht wieder zusammen?«
»Nein, absolut nicht.«
Chloe bemühte sich sehr, sich zu beherrschen, aber ihr Kopf war wie mit glücklichen Luftbläschen gefüllt und die Erleichterung so groÃ, dass sie glatt vergaÃ, sich zurückzuhalten. Sie gab ihrem Verlangen nach. Als sie sich auf Charlie stürzte, um ihn auf den Mund zu küssen, schoss ihr kurz der Gedanke durch den Kopf, dass daran wohl die paar Gläser Wein und Prosecco schuld waren, die sie nach einem ermüdenden Tag auf nüchternen Magen getrunken hatte. Doch zu ihrer Ãberraschung wich er ihr aus, und ihr Mund saugte sich stattdessen an seinem Kinn fest. Warme Haut. Wunderbar. Eine Andeutung von Bartstoppeln. Sie erinnerte sich an Bartstoppeln von vor langer, langer Zeit. Es war sehr nett, wieder Stoppeln zu fühlen. AuÃerdem roch er köstlich â nach Zitronen oder so etwas, irgendetwas Frisches mit einer aufregenden Note. In ihrem erleuchteten Bewusstseinszustand konnte sie alles riechen â seine Haut, seinen Scotch-aromatisierten Atem, das Leder seiner Jacke.
Sie drehte den Kopf ein wenig, lieà ihn auf seiner Schulter ruhen und sah zu ihm auf. Sie betrachtete die wunderschöne Linie seines Wangenknochens, die so nah war, und direkt daneben der Flügel seiner elegant geformten Nase, den Fächer seiner dunklen Wimpern und den schwungvollen Bogen seiner Augenbraue. So musste es sein, wenn man oben auf dem Mount Rushmore stand, diesem berühmten Felsen in South Dakota, in die skulpturartig die Köpfe von vier amerikanischen Präsidenten geschlagen worden waren. »Hallo«, murmelte Chloe sanft.
»Sie sind betrunken.«
»Ja, ein bisschen«, gab Chloe zu und schob ihre Hand in seine. Als sie nicht auf Widerstand traf, schob sie ihre Finger zwischen seine. »Kennst du meine Freundin Sally?«
»Ja. Philips Frau. Sie ist sehr nett. Und sie hat eine interessante kleine Tochter, und ein süÃes Baby.«
»Ja, hat sie. Ja. Und Sally nennt Prosecco Prozac co. Sie meint, der wirke wie ein Antidepressivum, weil er alles weicher zeichnet.« Chloe kicherte. »Ich muss sagen, sie hat recht. Ich fühle mich so schwebend.«
»Chloe, möchten Sie vielleicht etwas essen?«, fragte die freundliche Stimme des Mount Rushmore. »Vielleicht ein paar Kartoffelchips?«
Sie drehte ihr Gesicht und küsste Charlies Hals, langsam und genüsslich. Sie hörte, wie sich sein Atmen beschleunigte, aber er machte keine Anstalten, sie in die Arme zu nehmen. Er wich ihr auch nicht aus. Ihre Finger blieben ineinander verschlungen. Chloe
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