Der Wunschzettelzauber
Szene. Der Gedanke dabei war, dass man nach Hause zurückkehren wollte und es nicht konnte. Nostalgie â Heimweh, wie Odysseus.
»Vielleicht hast du recht«, meinte sie langsam. »Aber wie passt das zu meinem Traum?«
»Onkel James!«, rief Nicolas. »Komm, wir entern das groÃe Piratenschiff!«
»In meinem Traum taucht keine Freiheitsstatue auf«, fuhr Chloe nachdenklich fort. »Da bin ich mir ziemlich sicher.«
»Trotzdem könnte es darin um Freiheit gehen«, meinte James, dann stürzte er mit der Begeisterung eines Vierjährigen hinter seinem Neffen her. Irgendwann in der Zukunft würde ihr Bruder vielleicht erwachsen werden und nicht mehr zu den Lost Boys gehören, überlegte Chloe mit nachsichtigem Lächeln.
Auch Guillaume hatte etwas von einem Lost Boy , aber bei ihm war es anders. Er besaà nicht wie James diese kindliche SorgÂlosigkeit, dieses Spielerische. Nein, bei Guillaume war es etwas, das ihn an seine Kindheit band â seine Kindheit mit Antoine. Chloe Âschüttelte ungeduldig den Kopf. Daran war nichts auszusetzen. Es bedeutete lediglich, dass sie und auch Guillaume eine enge Bindung zu Antoine hatten. Das konnte doch wohl nur etwas Gutes sein.
In Gedanken kehrte sie zu ihrem Traum zurück. Der Strand. Die geheimnisvollen Farben, so voller Ausdruck, dass man meinte, sie wollten einem etwas sagen. Was hatte das zu bedeuten? Und das Kätzchen? Sie hatte niemals eine Katze besessen. Sehr verwirrend.
»Und dann diese Sache mit dem Nach-Hause-gehen-Wollen«, erzählte sie Bruno am nächsten Tag, kurz bevor sie das Café öffneten. »Und Freiheit. Ich verstehe nicht, wie das alles zusammenpassen soll.«
Bruno räusperte sich. »Chloe, seit ich dich kenne, âast du immer davon geträumt, nach Frankreich zurückzugeâen. Ich vermute, dass du vielleicht wegen Antoine immer das Gefühl âattest, dass Frankreich für dich Zuâause ist.«
Chloe nickte. »Irgendwie ja. Wegen Nicolas.«
»Aber gleichzeitig bist du âier in London auch sehr glücklich. Du âast deine Familie und viele Freunde. Es ist kompliziert, ich weiÃ. Ich verstehe das, weil ich auch das Gefühl âabe, mit einem Fuà in jedem Land zu stehen. Jetzt âat Pascal die Entscheidung für mich getroffen«, erklärte er lächelnd. »In deinem Traum vielleicht versuchst du zu entscheiden, wo du sein willst.«
»Ja, aber das ist der seltsame Teil. Ich glaube, er mischt sich da mit dem Planet der Affen , und in der Schluss-Szene stellt sich heraus, dass das Zuhause eine schreckliche Falle ist â ich meine, es ist die Erde nach dem nuklearen Holocaust, und sie wird von mutierten Affen beherrscht. Nicht gerade berauschend.«
Bruno lachte. »Tja, so sind die Träume. Vermischt mit der Wirklichkeit, und sie âaben eine versteckte Botschaft, die du âerausfinden musst. à propos , mein Angebot wegen des Ladens steht noch, wie du weiÃt. Ãberlege es dir ruhig noch eine Weile, lass dir Zeit.«
»Nein danke, Bruno«, erwiderte Chloe. »Meine Entscheidung steht ziemlich fest. Wenn meine Beziehung mit Guillaume funktioÂnieren soll, dann werden wir nach Frankreich ziehen und bei ihm Âleben müssen.«
»Na gut, wenn du dir sicher bist.«
»Und überhaupt, weiÃt du«, fuhr Chloe fort, während sie auf dem Ladentisch kleine Gebäckstücke appetitlich in einem Korb anordnete, »selbst wenn ich in London bleiben sollte, glaube ich, ich würde lieber etwas anderes machen, etwas Eigenes.«
»Und was wäre das?«, erkundigte sich Bruno und sah sie an.
»Na ja â¦Â« Chloe schloss halb die Augen. Diese wunderbare Idee spukte schon eine ganze Weile in ihrem Hinterkopf, zuerst nur als ein vages Fantasiebild. Sie hatte es nicht einmal Megan oder Kaja gegenüber erwähnt. »Neulich im Pub hätte ich es dir beinahe schon gesagt, aber dann habe ich mich nicht getraut. Also gut, es geht um Folgendes: Du weiÃt doch, dass Kaja diesen Schneiderkurs gemacht hat?«
»Ja.«
»Und sie ist einfach genial im Entwerfen von Kleidern. Hast du gesehen, was für schöne Sachen sie für Triinu und für die anderen Kinder näht?«
»Ja, sehr âübsch.«
»Und Megan strickt diese wunderschönen Jacken für alle unsere Kinder. Sie hat sogar angefangen, auf dem Markt hier einen kleinen Stand
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