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Der Zauber deiner Lippen

Der Zauber deiner Lippen

Titel: Der Zauber deiner Lippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: OLIVIA GATES
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allem, was dazugehörte – inklusive der modernsten Untersuchungsgeräte. Und das nur, um ihren Heilungsprozess zu verfolgen? Und den Verlauf der Schwangerschaft zu kontrollieren?
    Sie waren gerade auf dem Weg zur Terrasse, um dort ihren Lunch einzunehmen, als er sie mit der Bemerkung überraschte. Was meinte er damit, sie habe keinen …? Plötzlich kam ihr ein schrecklicher Gedanke. Wollte er damit etwa behaupten, dass sie in den letzten vier Wochen nur so getan hatte, als habe sie ihr Gedächtnis noch nicht wiedergefunden? Nur um hier eine gute Zeit zu verbringen? Oder glaubte er gar, sie habe ihm von Anfang an etwas vorgemacht?
    „Willst du damit sagen, dass ich dir etwas vorspiele?“, platzte sie heraus.
    „Was?“ Erst allmählich begriff er, wie sie auf diese Idee gekommen war. „Nein, natürlich nicht!“
    Sie wartete darauf, dass er seine Bemerkung erläuterte. Doch als nichts kam, bohrte sie nach. „Was soll es denn sonst sein? Ich bin aus der Bewusstlosigkeit aufgewacht und hatte mein Gedächtnis verloren. Das ist vielleicht nicht gerade ein klassischer Fall von posttraumatischer Amnesie, aber hast du eine andere Erklärung dafür?“
    Doch anstatt zu antworten, hielt er ihr nur die Tür zur Terrasse auf. Tief atmete Cybele die würzige Seeluft ein und genoss die Brise, die mit ihrem Haar spielte. Irritierend war, dass Rodrigo auf sie heruntersah, als habe er ihre Frage nicht gehört. Sie erschauerte. Weniger wegen der Brise, sondern weil sie sich seines zärtlichen Blicks bewusst war. Oder bildete sie sich das auch nur wieder ein? War er nur tief in Gedanken versunken, während er mehr oder weniger zufällig die Augen auf sie richtete?
    Er war stehen geblieben und drehte sich jetzt zu ihr um. „Lass uns das Ganze noch einmal von Anfang an durchgehen. Als du aus der Bewusstlosigkeit aufgewacht bist, hattest du alles vergessen, was sich vor dem Flugzeugabsturz in deinem Leben abgespielt hatte. Allmählich hast du dich dann an das eine oder andere wieder erinnert, oft aber zusammenhanglos. Und auch in den letzten vier Wochen hast du in diesem Punkt nur wenig Fortschritte gemacht, obgleich du keine Probleme hast, dir neue Dinge zu merken. Aber die alten Erinnerungsfetzen kannst du nicht zusammensetzen.“
    „Ist das so ungewöhnlich? Auch sogenannte gesunde Menschen können manches nur punktuell erinnern. Und manches überhaupt nicht.“
    „Das stimmt. Doch große Erinnerungslücken wie bei dir – und das noch nach vier Wochen – sprechen eigentlich dafür, dass du Hirnverletzungen haben musst. Doch du hast keine motorischen oder Koordinierungsprobleme, kannst denken und fühlen wie ein gesunder Mensch. Deshalb hat, so glaube ich, die anhaltende Amnesie eher psychische als organische Ursachen.“
    Nachdenklich zog sie die feinen Augenbrauen zusammen. „Du meinst, ich will vergessen? Ich will mich nicht erinnern können? Was ich schon vermutet habe, als ich aus dem Koma aufgewacht bin?“
    „Ja, du hast damals gleich die richtige Diagnose gestellt.“
    „Es war weniger eine Diagnose als vielmehr der verzweifelte Versuch, eine Erklärung dafür zu finden, keine weiteren Symptome zu haben. Ich dachte, du könntest mir dabei helfen. Aber du weißt offenbar auch nicht weiter.“ Enttäuscht ließ sie den Kopf hängen. „Dann bin ich eben hysterisch …“
    „Aber Cybele!“ Er legte ihr kurz den Arm um die Schultern, ließ sie dann aber schnell wieder los, als habe er sich verbrannt. „Du weißt doch selbst, dass ein Erinnerungsverlust aus psychischen Gründen genauso ernst zu nehmen ist wie der aus organischen. Meist ist das eine unbewusste Schutzfunktion. Mit Hysterie hat das nichts zu tun, im Gegenteil. Eine solche Reaktion ist sinnvoll und nützlich.“
    Wie lieb von ihm, dass er sie gegen ihre eigenen Vorwürfe verteidigte. Langsam hob sie den Kopf und sah Rodrigo an. „Dann glaubst du also, dass meine Amnesie mich davor bewahren will, schlimme Dinge aus der Vergangenheit zu erinnern?“
    „Allerdings.“ Er nickte ernst, zog ein Blatt Papier aus der Jackentasche und entfaltete es. „Hier, sieh selbst. Dies ist eine Aufnahme deiner letzten Kernspintomographie. Man sieht deutlich die aktiven und weniger aktiven Bereiche des Gehirns und erkennt auch die Blockaden. Organisch aber ist alles in Ordnung. Und deshalb mache ich mir auch keine Sorgen darum, wann dein Erinnerungsvermögen wiederkommt.“
    „Falls es jemals zurückkommt.“ Vielleicht war sie besser dran, wenn das Vergangene auf

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