Der Zauber deiner Lippen
Zusätzlich werde ich mir noch etwas ganz Abscheuliches ausdenken. Du wirst schon sehen.“
„Du meinst, etwas noch Scheußlicheres als das, was du kochst?“
„Na warte!“ Er kam lachend auf sie zu, und sie lief davon, kichernd wie ein junges Mädchen.
„Langsam!“, rief er, als sie die Treppe erreicht hatte, die von der Terrasse auf die große Rasenfläche führte. Gehorsam blieb sie stehen. Er packte sie beim Arm, plötzlich todernst geworden. Zögernd lächelnd sah sie ihn an. „Ich dachte, du wolltest mich nicht mehr mit Samthandschuhen anfassen.“
„Ausnahmen bestätigen die Regel.“ Er legte ihr den Arm um die Taille und ging mit ihr zusammen die Treppe hinunter. Sofort hatte sie das Gefühl, als könne ihr nie mehr in ihrem ganzen Leben etwas passieren, so sicher fühlte sie sich mit ihm. Und wenn das Land im Meer versinken oder sie mit ihm zusammen in die Lüfte steigen würde … Um ihr Verlangen, sich an ihn zu schmiegen, zu unterdrücken, alberte sie weiter herum. „Aha, so ist das also. Ich hätte mir ja gleich denken können, dass du das mit meiner Selbstständigkeit nicht ernst gemeint hast.“
„Wieso?“ Lächelnd sah er sie an. „Wer hat jemals etwas von Selbstständigkeit gesagt? Lass uns das später diskutieren, jetzt kommt erst mal Strafe Nummer eins.“
Sie hatten die nach zwei Seiten offene Hütte erreicht, in der der Grill untergebracht war. Schnell duckte sie sich unter das Vordach und setzte sich auf die lange Holzbank, während Rodrigo nach hinten in den Küchenteil ging, um die „Strafe“ vorzubereiten. Während er die Küchengeräte aus den Schränken holte und bereitstellte, bewegte er sich mit einer kraftvollen Geschmeidigkeit, die an ein Raubtier erinnerte und Cybele faszinierte. Wahrscheinlich bereitete er seine Operationen mit der gleichen Sorgfalt vor. Und als sie ihn dabei beobachtete, mit welcher Konzentration und Präzision er beim Schneiden und Hacken zu Werke ging, gestand sie sich lächelnd ein, dass er den Chirurgen in sich nicht verleugnen konnte.
Tief durchatmend wandte sie sich dem Meer zu. Was für einen wunderbaren Blick man von hier oben hatte. Helle kleine Sandbuchten schmiegten sich in die Felsen, das Meer leuchtete tief grünblau. Die Natur, die Stille, das luxuriöse Haus und die unaufdringliche Fürsorge von Consuelo brachten Cybele fast dazu, die reale Welt und ihre Probleme zu vergessen. Ihr war, als sei sie an dem Ort angekommen, den sie schon immer herbeigesehnt hatte. Sie empfand ein Gefühl der Vollkommenheit, einen tiefen inneren Frieden. Was ohne Rodrigo allerdings ganz anders gewesen wäre, dessen war sie sich wohl bewusst.
7. KAPITEL
Zusammen mit Rodrigo fühlte Cybele sich wie im Paradies, so sehr hatte sie das Leben in den letzten Wochen genossen. Alles hatten sie gemeinsam gemacht. Sie hatten Obst und Gemüse geerntet, hatten ihre Mahlzeiten zu zweit in der riesigen Küche oder wie jetzt in der Barbecue-Hütte eingenommen und nach dem Dinner auf der überdachten Terrasse gesessen und die Landschaft bewundert.
Sie hatte zugesehen, wenn Rodrigo mit Gustavo, Consuelos Mann, Tennis spielte, und am Beckenrand gesessen, wenn Rodrigo seine Bahnen in dem großen Pool zog. Wie sehr sehnte sie sich danach, einfach ihre Kleidung abzuwerfen und in das glitzernde Wasser zu springen, aber dazu war es noch zu früh, wie sie fand.
„Bist du bereit für die erste Strafmaßnahme?“, riss Rodrigo sie plötzlich aus ihren Tagträumen.
Frech grinste sie ihn an. „Ist das Essen etwa ungenießbar?“
Er blickte auf die Salatschüssel in seinen Händen. „Einfach ekelhaft.“
„Gib her.“ Sie griff nach der Schüssel und stellte sie vor sich auf den Tisch. „Hm, es ist auf alle Fälle sehr farbenfroh. Und es riecht ungewöhnlich.“ Mit ernster Miene nahm sie ihre Gabel in die Hand. „Ich hätte nie gedacht, dass all diese verschiedenen Sachen sich miteinander harmonieren.“
„Na ja, sie haben sich zumindest nicht beschwert, als ich sie zusammengemischt habe“, erwiderte er lächelnd und setzte sich Cybele gegenüber.
Sie lachte. „Da bin ich aber froh. Ehrlich gesagt weiß ich nämlich nicht genau, was du alles vermixt hast.“
„Keine Ausrede. Iss!“
Zögernd führte sie die Gabel zum Mund und versuchte, das Ganze möglichst schnell hinunterzuschlucken, ohne den Geschmack wirklich wahrzunehmen. Doch das gelang ihr nicht. Sekunden später riss sie erstaunt die Augen auf. „Donnerwetter, das ist fantastisch! Du solltest das
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