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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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Bemerkungen über den Abschiedsabend, den sie am Vorabend im Pub veranstaltet hatten, doch es war nicht zu übersehen, dass ihm vor dem Moment graute, in dem sein Neffe abfuhr. Mog packte mit bekümmerter Miene belegte Brote und Kuchen für Jimmy ein, und Belle brachte kein Wort über die Lippen.
    Um acht standen alle vier auf dem Bahnhof von Blackheath. Belle klammerte sich an Jimmy, während Mog und Garth sich umschauten. Als sich die ersten ihrer Kunden zur Armee gemeldet hatten, hatten sie beide noch draußen vor dem Wirtshaus gestanden, um ihnen zuzuwinken, aber seither hatten sie die Listen der Gefallenen gesehen und die bittere Realität des Krieges erlebt. Jetzt stand blanke Angst auf ihren Gesichtern.
    »Du wirst Tag und Nacht jede Sekunde in meinem Herzen sein«, flüsterte Belle. An der Station London Bridge würde Jimmy einen Truppentransportzug nach Dover nehmen, von dort nach Frankreich übersetzen und weiter nach Etaples fahren, um dort seine Grundausbildung zu absolvieren.
    Der Bahnsteig war voller Leute. Es waren ganze Scharen von Freunden und Verwandten, die den Männern das Geleit gaben. Einige waren kaum mehr als Knaben; sie wurden von Müttern und Schwestern begleitet und umsorgt, die sich die Tränen kaum verbeißen konnten. Einige Männer, die vielleicht einen Heimaturlaub hinter sich hatten, trugen schon Uniform, eine Handvoll schneidiger Offiziere, aber die überwiegende Mehrheit war in Jimmys Alter. Vermutlich hatten sie genau wie er den begeisterten Ansturm zu den Rekrutierungsbüros für unüberlegt gehalten, fanden jetzt aber angesichts der Kitchener-Plakate und weißen Federn, dass auch sie ihren Beitrag leisten sollten.
    Belle fiel auf, dass eine der Frauen hochschwanger war. Ihr Gesicht war verschwollen und rotfleckig, als hätte sie die ganze Nacht geweint.
    »Und du wirst jede Sekunde in meinem Herzen sein«, flüsterte Jimmy zurück. »Gewöhn dich lieber nicht daran, das ganze Bett für dich allein zu haben! Wahrscheinlich entpuppe ich mich als so schlechter Schütze, dass sie mich postwendend zurückschicken.«
    Belle zwang sich zu einem Lächeln. Jimmy machte ständig solche Scherze, seit er sich gemeldet hatte. Aber er konnte ihr nichts vormachen: Er hatte Angst.
    Als sie den Zug kommen hörte und wusste, dass ihr nur noch eine Minute mit ihm blieb, traten ihr die Tränen in die Augen, die sie unterdrückte, seit sie vor zwei Stunden aufgewacht war und noch einmal mit ihm geschlafen hatte. Jede Liebkosung war so zärtlich gewesen, jeder Kuss so liebevoll, dass der Gedanke, der Tod könne sie trennen, undenkbar erschienen war. Doch als jetzt der Zug immer näher kam, schien das nicht mehr so gewiss zu sein.
    »Lass mich mit zur London Bridge fahren!«, bettelte sie.
    »Nein, mein Liebling«, sagte er, legte die Arme um sie und drückte sie fest an sich. »Es ist schlimm genug, hier von dir Abschied zu nehmen. Dort wäre es noch schlimmer, und du müsstest allein zurückfahren.«
    »Du schreibst mir doch, ja?«, fragte sie.
    »Natürlich, jeden Tag, wenn ich kann, aber die Post wird wahrscheinlich eine Weile brauchen. Mach dir also keine Sorgen, wenn du nicht so bald von mir hörst!«
    Jetzt ratterte die Lok mit Schwaden von Dampfwolken an ihnen vorbei. Jimmy küsste Belle noch einmal, bevor er sich umdrehte, um Mog und Garth zu umarmen.
    »Pass gut auf dich auf!«, sagte Mog mit bebender Stimme.
    »Immer schön den Kopf einziehen, Junge!«, brummte Garth barsch. »Überlass es anderen, den Helden zu spielen!«
    Plötzlich standen alle Zugtüren offen, und der Schaffner forderte die Männer mit einem schrillen Pfiff zum Einsteigen auf.
    Belle hielt Jimmy fest und umarmte ihn stürmisch. »Ich liebe dich«, flüsterte sie, während sie sich auf die Zehenspitzen reckte, um ihn zu küssen. »Pass auf dich auf!«
    Er musste sich aus ihrem Griff lösen und einsteigen, aber nachdem sich die Tür geschlossen hatte, lehnte er sich aus dem Fenster und warf Belle Kusshände zu. Zum letzten Mal schrillte die Pfeife, der Zug setzte sich in Bewegung, und Belle, der Tränen übers Gesicht liefen, ging erst nebenher und wurde dann immer schneller, bis sie schließlich rannte.
    Sie sah, wie sich Jimmy die Augen rieb und mit den Lippen die Worte »Ich liebe dich« formte, dann war auf einmal der Bahnsteig zu Ende, und sie musste stehen bleiben. Erst jetzt merkte sie, dass sie nicht allein war. Mindestens zwanzig andere Frauen waren wie sie dem Zug nachgelaufen. Und sie alle standen nun weinend am

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