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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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abzugeben.«
    Miranda schüttelte verständnislos den Kopf. »Wie kann sie bloß so sein?«
    Dieselbe Frage hatte Belle sich schon unzählige Male gestellt. Annie hatte sie nie wegen des Verlustes des Babys getröstet oder sich besorgt um Jimmy gezeigt und sich auch nicht für Belles Arbeit im Lazarett interessiert. Alles, worüber sie sich ausließ, war, wie gut ihre Pension lief und wie viele reizende Offiziere bei ihr abstiegen. Es schien ihr nicht einmal sonderlich viel auszumachen, wie viele Namen ihrer Gäste später auf den Gefallenenlisten erschienen waren.
    »Sie ist mir nie eine richtige Mutter gewesen«, seufzte Belle. »Sie ist eine kalte, egozentrische Person. Das Beste, was sie für mich getan hat, war, mich in Mogs Obhut zu geben.«
    »Meine ist genauso arg. Als wir klein waren, sah sie uns pro Tag zehn Minuten, bevor wir zu Bett gingen. Aber anderen Leuten erzählt sie, dass sie alles für uns getan hat! In Wirklichkeit sind wir von Dienstboten aufgezogen worden. Papa hat mir übrigens heute Morgen Geld zugesteckt.« Miranda grinste. »Einhundert Pfund! Ich weiß nicht, ob er sichergehen wollte, dass ich nicht zurückkomme, oder ob es ein Versuch war, mir zu zeigen, dass ihm etwas an mir liegt.«
    Belle dachte an die neuen Sachen, die Mog für sie genäht hatte, an den Obstkuchen, den sie gebacken und eingepackt hatte. Die Zeit und die Mühe, die sie für derlei Dinge opferte, machten ihre Liebe greifbar, und all das bedeutete so viel mehr als ein Haufen Geld. Was Jimmy anging, so zeigte er seine Liebe, indem er sich freute, dass sie Gelegenheit hatte, das zu tun, was sie sich wünschte. Er sagte, er sei stolz, weil sie so wichtige Arbeit leistete, und er hoffte freizubekommen, um sie zu besuchen.
    »Tja, jetzt sind wir auf uns gestellt«, meinte Belle. »Hoffentlich können wir diese Krankenwagen wirklich lenken und erinnern uns an unsere Französischkenntnisse!«
    »Aber natürlich, wir werden unsere Sache glänzend machen! Sag mal, müssen wir unbedingt hier im Damenabteil bleiben? Bei den Soldaten macht es bestimmt mehr Spaß.«
    »Miss Forbes-Alton, Sie sind nicht zum Spaß hier«, ahmte Belle die Stimme der Oberschwester im Royal Herbert Military Hospital nach. »Außerdem ist der Zug total überfüllt. Wir können von Glück reden, dass wir Sitzplätze haben, ganz zu schweigen von einem Abteil für uns allein.«
    »Wir könnten bei jemandem auf dem Knie sitzen«, meinte Miranda keck.
    »Genieße den Komfort, solange du kannst! Auf der Fähre wird es anders aussehen. Ich wette, wenn wir erst einmal in Calais landen, wirst sogar du genug vom Flirten haben.«
    »Ich fasse es nicht, dass es uns verboten ist, privat mit Soldaten zu verkehren.« Miranda zückte die Puderdose und puderte sich die Nase. »Ich hatte gehofft, einen schmucken Offizier aufzugabeln, der uns begleitet, wenn wir dienstfrei haben.«
    Belle lachte. »Ich fürchte, wir werden so müde sein, dass wir nur noch schlafen wollen, wenn wir nicht im Dienst sind.«
    »Ob du wohl Jimmy sehen wirst oder vielleicht sogar diesen Franzosen?«, überlegte Miranda.
    »Ich hoffe stark, dass wir keinen von beiden in einem Rettungswagen sehen«, erwiderte Belle. Sie wünschte, Miranda würde nicht so oft auf »diesen Franzosen« anspielen. Belle hatte keine Ahnung, ob Etienne überhaupt noch am Leben war, und es beunruhigte sie ein wenig, dass er sich so oft in ihre Gedanken stahl. »Was ist eigentlich mit deinen Brüdern? Wo sind sie?« Sie wusste, dass sie sich erst gemeldet hatten, als die Wehrpflicht eingeführt worden war, und beide Offiziere waren, aber Miranda hatte nicht erwähnt, wo sie stationiert waren.
    Die Freundin wirkte ein bisschen verlegen. »Sie haben beideSchreibtischjobs in London. Wie ihnen das gelungen ist, weiß ich nicht, aber wahrscheinlich hat die liebe Mama ihre Beziehungen spielen lassen.«
    Belle verzog den Mund zu einem höhnischen Lächeln. Mrs. Forbes-Alton hatte wirklich Nerven! Andere Männer unter Druck setzen, damit sie sich zum Militär meldeten, doch die eigenen Söhne in Sicherheit bringen! Wie konnte die Frau überhaupt noch erhobenen Hauptes durch die Straßen gehen?
    Es war spät in der Nacht, als die beiden Mädchen schließlich in Camiers, dem Basislager der britischen Armee, eintrafen. Belle wusste, dass es nicht weit von der Küste und nördlich von Etaples war, wo Jimmy seine Grundausbildung absolviert hatte, aber eine so gewaltige Anlage hatte sie nicht erwartet. Zu beiden Seiten der Straße

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