Der Zauber von Avalon 03 - Die ewige Flamme
können jetzt nicht aufgeben.«
Sie sagte nichts.
Stunden vergingen. Die entmutigte Gruppe schwieg. Nur das Schnarchen des Wachmanns, der im Vollrausch auf der Bank lag, durchbrach die Stille.
»Au!«, schrie Shim plötzlich. Er rollte zur Seite und griff nach seinem Rumpf. »Ich sein gestochen!«
Brionna schaute auf die Stelle, wo er gesessen hatte. Als sie ein rundes Loch im Lehmboden sah, groß genug für ihren Daumen, schüttelte sie den Kopf. »Ameisen«, sagte sie mitfühlend. »Sie beißen gemein.«
»Besonders wenn jemand auf ihrer Haustür sitzt«, fügte Lleu hinzu.
Shim rümpfte die Nase, während er auf sein empfindliches Hinterteil klopfte. Eine dünne Blutspur zeigte sich auf seinen zerrissenen Leggings. »Diese ameislichen Biester! Beißen ganz mächtiglich, wirklich.« Er schaute Brionna unglücklich an. »Und Rowanna, gerade denken ich, schlimmer sein ganz unmöglich.«
»Mach dir keine Sorgen, Shim. Irgendwie kommen wir hier hinaus.« Doch noch während Brionna das sagte, wusste sie, dass sie es nicht glaubte.
Shim glaubte es offenbar ebenso wenig. Ob er es gehört hatte oder nicht, er ließ unglücklich den Kopf hängen.
»So, so, das sind also meine neuen Gäste.«
Alle in der Zelle drehten sich nach der tiefen angenehmen Stimme um. Direkt vor der vergitterten Tür neben der schlafenden Wache stand ein weißhaariger Mann im grauen schmutzigen Gewand. Eine Kette Knoblauchzwiebeln trug er um den Hals, Pflanzenheber, Scheren und andere Gartengeräte hingen von den Haken oder staken in den Taschen an seinem Gewand. In jeder Runzel seiner wettergegerbten Hände und unter dem abgebrochenen Daumennagel steckte Schmutz.
»Belamir!« Lleus erfreuter Ruf hallte durch die Zelle. Der Priester sprang so schnell auf die Füße, dass Catha sich geradenoch an seiner Schulter festhalten konnte. »Wir müssen mit dir reden.«
Der Alte lächelte, Falten überzogen sein Gesicht wie Ackerfurchen. »Ich bin glücklich zu hören, was ihr zu sagen habt.« Das Lächeln verschwand. »Obwohl man mich wissen ließ, dass ihr gekommen seid, um mir zu schaden.«
»Nein, das ist nicht wahr.« Lleu umklammerte mit beiden Händen die Gitterstäbe der Zellentür. »Wir sind gekommen, um dir zu helfen! Um dich davon abzuhalten, unwissentlich diesem Kriegsherrn der Anderswelt zu dienen, Rhita Gawr.«
Der Gärtner straffte die Schultern. »Hanwan Belamir ist kein Diener von Rhita Gawr.«
»Aber dein Anhänger Morrigon ist einer.« Brionna stand auf und machte einen Schritt auf die Tür zu. Mit funkelnden Augen erklärte sie: »Er ist nämlich überhaupt kein Mann. Er ist ein
Wechselbalg
.«
Deutlich erschrocken sank Belamir in sich zusammen und suchte mit der schmutzverkrusteten Hand Halt an der Tür. »Ein … was?«
»Ein Wechselbalg«, wiederholte das Elfenmädchen. »Er hat deine Gefolgsleute und vielleicht auch dich beeinflusst, schreckliche Dinge zu tun.«
»Zum Beispiel, das Drumanergelände zu zerstören«, sagte Lleu. »Und Hohepriesterin Coerria schwer zu verwunden.«
Noch betroffener verzog Belamir das Gesicht. Er sah aus, als hätte er große Schmerzen und würde gleich in Tränen ausbrechen.
Doch er brach in Gelächter aus. Herzhaftes, brüllendes Gelächter.
Die Gefangenen betrachteten ihn entsetzt. Als er schließlich aufhörte, musterte er sie von der anderen Seite der Zellentür mit belustigt zwinkernden Augen. »Ihr glaubt, Morrigons geschwollenes Auge bedeutet, dass er ein Wechselbalg ist?«
»Ja«, versicherten Brionna und Lleu einstimmig.
»Nun denn«, sagte der Gärtner wesentlich leiser, »was wäre, wenn ich euch erzähle, dass ich schon über den Wechselbalg in meiner Siedlung Bescheid weiß? Dass ich bereits jede seiner Bewegungen kenne?«
»Wirklich?« Lleu ließ die Gitterstäbe los. »Warum hast du ihm dann nicht das Handwerk gelegt?«
»Und ihn vernichtet?«, fügte Brionna hinzu.
Hanwan Belamir atmete langsam, nachdenklich ein. »Nun, meine lieben Gäste, der Wechselbalg in meiner Siedlung … bin
ich.
«
Lleu und Brionna taumelten überrascht zurück, während er wieder in Gelächter ausbrach. Dann schwenkte er seinen schlimm abgebrochenen Daumennagel vor ihren Gesichtern und flüsterte: »Ein geschwollenes Auge ist nicht der Makel, der euch aufgefallen sein sollte.«
Vor der Zellentür wurde hörbar Luft geholt. Der Wachmann! Er war aufgewacht – gerade rechtzeitig für die verblüffendste Neuigkeit in seinem Leben. Er wollte von der Steinbank aufstehen.
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