Der Zauberhut
sollten ihn besser holen«, schlug Krempel vor.
Er blieb an der Tür stehen und zupfte nachdenklich an seinem Bart. »Ich erinnere mich an Allesweiß«, murmelte er. »Wir haben zusammen studiert. Komischer Typ. Seltsame Angewohnheiten. Ein sehr begabter Zauberer, bevor er überschnappte. Zuckte immer mit den Brauen, wenn er aufgeregt war.« Krempel starrte über eine vierzig Jahre breite Reminiszenzenkluft und schauderte.
»Der Hut«, sagte er. »Bringen wir ihn in Sicherheit. Es wäre sehr schade, wenn etwas damit passierte.«
K rempel wußte es noch nicht, aber er lag mit seinen Ahnungen genau richtig: Der Hut wollte vermeiden, daß irgend etwas mit ihm passierte, und darum hatte er gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Derzeit war er zur Geflickten Trommel unterwegs und wurde von einem verwirrten, ganz in Schwarz gekleideten Dieb getragen – nicht etwa auf dem Kopf, sondern unterm Arm.
Wie sich bald herausstellen wird, handelte es sich um eine ganz besondere Art von Dieb. Dieser Dieb beherrschte die Kunst des Diebstahls wahrhaft meisterlich. Andere Diebe stahlen alles, was nicht niet- und nagelfest war, aber dieser Dieb nahm auch die Nieten und Nägel mit. Dieser Dieb hatte ganz Ankh schockiert, indem er mit erstaunlichem Erfolg Dinge stahl, die in absolut einbruchsicheren Schatzkammern aufbewahrt und von wachsamen, bis an die Zähne bewaffneten Soldaten kontrolliert wurden. Es gibt Künstler, die Kapellen- und Kirchendecken mit herrlichen Gemälden schmücken – dieser Dieb hätte sie stehlen können.
Dieser spezielle Dieb stand in dem für seine Zunft beneidenswerten Ruf, während eines gut besuchten Abendgottesdienstes das edelsteinbesetzte Opfermesser aus dem Tempel des Krokodilgottes Offler gestohlen zu haben. Angeblich war es ihm sogar gelungen, die silbernen Hufeisen des besten Rennpferds aus dem Gestüt des Patriziers verschwinden zu lassen, während sich das Roß der Ziellinie näherte. Als Gritoller Hehlegut, Vizepräsident der Diebesgilde, auf dem Marktplatz angerempelt wurde, kurze Zeit später nach Hause zurückkehrte und feststellte, daß ihm einige geraubte Diamanten fehlten, zweifelte er nicht daran, wem sein Zorn gebührte. 7 Dieser Dieb konnte Initiative, den Augenblick und alle Worte stehlen, die einem auf der Zunge lagen.
Aber zum erstenmal hatte er nun etwas entwendet, das ihn darum bat, gestohlen zu werden, mit einer respekteinflößenden Stimme sprach und ihm genaue Anweisungen darüber gab, wohin es gebracht werden wollte.
In Ankh-Morpork fand gerade ein interessanter Übergang statt: Wer seinen Lebensunterhalt bei hellem Tageslicht verdiente, machte Feierabend und ruhte sich aus, während die Fleißigen der Nacht aufstanden und mit erneuerter Energie ihre Arbeit begannen. Ihre handwerklichen Utensilien bestanden aus Messern, Dolchen, Totschlägern, Knüppeln, kleinen Morgensternen, gezinkten Karten, manipulierten Würfeln, Falschgeld und finsteren Blicken, die sich manchmal mit einem freundlichen Lächeln tarnten.
Mit anderen Worten: Der Tag hatte gerade jenen subtilen Wendepunkt erreicht, an dem es für Überfälle zu spät ist und Einbrecher noch ein wenig warten müssen.
Rincewind saß allein in einem lauten Zimmer, in dem Dutzende von Gästen saßen, rauchten, tranken und die nächsten Morde planten. Er sah
nicht auf, als ein Schatten über den Tisch kroch und eine dunkle Gestalt ihm gegenüber Platz nahm. Dunkle Gestalten waren in dieser Schenke recht häufig anzutreffen. Die Geflickte Trommel wahrte eifersüchtig ihren Ruf, die stilvollste anrüchigste Taverne in ganz Ankh-Morpork zu sein, und der große Troll an der Tür beurteilte die Eignung der Gäste anhand von schwarzen Umhängen, glühenden Augen, magischen Schwertern und so weiter. Rincewind hatte nie herausgefunden, was mit den Leuten geschah, die den Test nicht bestanden. Vielleicht endeten sie im geräumigen Trollmagen.
Die Gestalt beugte sich ein wenig vor, und ihre Stimme ertönte aus den Tiefen einer schwarzen, pelzbesetzten Samtkapuze.
»Pscht«, sagte sie bedeutungsvoll.
»Danke für das Angebot«, erwiderte Rincewind, der zunehmend Mühe hatte, seine Gedanken zu ordnen. »Aber ich verzichte lieber darauf.«
»Ich suche einen Zauberer«, sagte die Stimme. Sie klang heiser, versuchte offenbar, nicht erkannt zu werden – ein typisches Verhalten für die Stimmen in der Geflickten Trommel.
»Hast du einen bestimmten Zauberer im Sinn?« erkundigte sich Rincewind vorsichtig. In seiner gegenwärtigen
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