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Der Zauberhut

Der Zauberhut

Titel: Der Zauberhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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fröstelte.
»Ich schätze, er befindet sich jetzt an einem wärmeren Ort. Wir sollten die Schachtel schließen.«
Jetzt droht nicht mehr die geringste Gefahr, erklang die Stimme des Hutes aus dem blauen Glanz. Auf diese Weise enden alle Feinde der Zauberei. Rincewind fragte sich, ob er der Auskunft eines Hutes Vertrauen schenken sollte.
    »Wir brauchen irgend etwas, um den Deckel zuzuklappen«, murmelte er. »Ein Messer oder was in der Art. Hast du eins bei dir?«
    »Dreh dich um«, antwortete Conina.
    Es raschelte. Eine Parfümwolke wehte durch die Gasse.
»Jetzt kannst du die Augen wieder öffnen.«
Rincewind nahm ein fast dreißig Zentimeter langes Wurfmesser mit scharfer Schneide entgegen.
»Danke.« Er drehte sich um. »Dies ist doch nicht etwa deine letzte Waffe, oder?«
    »Keine Sorge. Zu meiner Ausrüstung gehören noch einige Dolche und andere Dinge.«
    »Darauf hätte ich gewettet.«
    Rincewind streckte vorsichtig das Messer aus. Langsam näherte es sich der ledernen Schachtel, und die Klinge wurde weiß, begann zu dampfen. Er stöhnte leise, als er Kälte spürte – eine brennende, stechende Kälte, die ihm durch den Arm kroch und nach seinem Bewußtsein tastete. Die geistigen Befehle glitten durch einen mentalen Gletscher, und Rincewind beobachtete, wie sich seine Finger zögernd krümmten. Die Spitze des Messers berührte den Deckel und schoben ihn auf die Schachtel zurück.
    Das blaue Glühen verflüchtigte sich. Aus dem Schnee wurde Graupel, der im Nieselregen schmolz.
Conina stieß ihn beiseite und zog die Hutschachtel aus gefrorenen Händen.
»Ich wünschte, wir könnten ihm irgendwie helfen. Es erscheint mir nicht richtig, ihn einfach so zurückzulassen.«
    »Ich bezweifle, ob er uns irgendwelche Vorwürfe machen wird«, sagte Rincewind.
»Wir sollten ihn wenigstens an die Wand lehnen. Oder so.« Rincewind nickte und griff nach einem Eiszapfenarm des Diebs. Der Rauhreif erwies sich als recht glatt, und er versuchte vergeblich, den Mann festzuhalten. Die Gestalt wankte, fiel aufs Kopfsteinpflaster…
    … und zerbrach.
Conina starrte auf die Splitter hinab.
»Grgh«, machte sie.
Am Ende der Gasse, am Hinterausgang des Trollkopfs, bewegte sich etwas. Rincewind spürte, wie ihm die junge Frau das Messer aus der Hand riß, und einen Sekundenbruchteil später raste die Klinge dicht an seinem Ohr vorbei und bohrte sich zwanzig Meter entfernt in den Türpfosten. Ein neugieriger Kopf wich hastig zurück.
    »Ich schlage vor, wir verlassen diesen ungastlichen Ort«, sagte Conina und lief weiter. »Können wir uns irgendwo verstecken? Vielleicht bei dir?«
    »Ich wohne in der Universität«, erklärte Rincewind und achtete einmal mehr darauf, nicht den Anschluß zu verlieren.
    Kehr nicht in die Unsichtbare Universität zurück, knurrte der Hut aus den Tiefen der Schachtel. Rincewind nickte geistesabwesend. Eine solche Vorstellung behagte ihm ohnehin nicht.
    »Außerdem dürfen sich dort nach Sonnenuntergang keine Frauen aufhalten«, sagte er.
»Und vor Sonnenuntergang?«
    »Das Verbot gilt, äh, auch tagsüber.«
Conina seufzte. »So ein Unsinn. Was haben Zauberer nur gegen Frauen?«
    Rincewind runzelte die Stirn. »Überhaupt nichts«, erwiderte er. »Das ist es ja gerade.«
     

    U nheimliche graue Dunstschwaden zogen über die Docks von Morpork, umwallten Takelagen, krochen an schiefen Dächern entlang und lauerten in den Gassen. Bei gewissen Personen stand der nächtliche Hafen in dem Ruf, noch gefährlicher zu sein als die Schatten. Zwei Straßenräuber, ein Dieb und jemand, der Conina auf die Schulter geklopft hatte, um sie nach der Uhrzeit zu fragen, konnten das bestätigen.
    »Darf ich mich nach etwas erkundigen?« sagte Rincewind, als er über den unglücklichen Fußgänger hinwegtrat, der zusammengekrümmt am Boden lag, leise wimmerte und es nun bedauerte, keine Uhr zu besitzen.
    »Ich höre.«
    »Ich möchte dich natürlich nicht beleidigen.«
    »Ja?«
    »Mir ist nur aufgefallen…«
    »Hm?«
    »Fremden gegenüber zeigst du eine, äh, recht eigentümliche Verhaltensweise.« Rincewind duckte sich, aber nichts geschah.
    »Was machst du da unten?« fragte Conina verwundert.
»Entschuldige bitte.«
    »Ich weiß, was du denkst. Ich kann nichts dafür, gerate ganz nach meinem Vater.«
    »Und wer ist dein Vater? Etwa Cohen der Barbar?« Rincewind lächelte, um zu zeigen, daß er seine Frage scherzhaft meinte. Zumindest formten seine Lippen eine Art Sichel.
»Kein Grund zum Lachen,

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