Der Zauberhut
Schreckensherrschaft aus, gab sich dann und wann mit einer Prise Furcht zufrieden.
Der Patrizier seufzte und legte den letzten Geheimdienstbericht auf den hohen Stapel, der sich neben seinem Sessel gebildet hatte.
Als kleiner Junge hatte er einmal einen Akrobaten gesehen, der mit zehn Tellern jonglieren konnte. Wenn jener Mann in der Lage gewesen wäre, ein solches Kunststück mit hundert Tellern zu wiederholen, hätte er damit die Voraussetzung erworben, als Auszubildender in die Dienste des amtierenden Patriziers zu treten und zu lernen, wie man Ankh-Morpork regierte. Lord Vetinari dachte kummervoll daran, daß die Stadt ab und zu mit einem Termitenhaufen verglichen wurde, unter dem ein Feuer brannte.
Er sah aus dem Fenster, beobachtete den fernen Kunstturm der Unsichtbaren Universität und fragte sich, ob die dort wohnenden alten Narren eine Möglichkeit kannten, die Arbeit mit diversen Papieren, Unterlagen und Dokumenten auf ein unbedingt notwendiges Minimum zu beschränken. Wahrscheinlich nicht. Von Zauberern konnte man wohl kaum erwarten, daß sie den Umgang mit so elementaren Dingen wie allgemeiner Spionage verstanden.
Der Patrizier seufzte erneut und griff nach einem Protokoll, aus dem hervorging, was der Präsident der Diebesgilde um Mitternacht im schalldichten Zimmer hinter dem Gildenhauptquartier zu seinem Stellvertreter gesagt hatte. Er begann zu lesen, und plötzlich…
… war er im Großen S…
Nein, er befand sich nicht im Großen Saal der Unsichtbaren Universität. Er kannte die geräumige Kammer, hatte dort an einigen bemerkenswerten Festen teilgenommen. Dennoch: Von einem Augenblick zum anderen sah er sich von Zauberern umringt, und sie wirkten irgendwie…
… anders.
Einige weniger glückliche Bürger der Stadt vertraten die Ansicht, Lord Vetinari weise erstaunliche Ähnlichkeiten mit Tod auf, und zumindest in einem Punkt hatten sie recht: Der Patrizier wurde erst zornig, wenn er Gelegenheit bekam, über gewisse Dinge nachzudenken. Doch manchmal dachte er ziemlich schnell.
Er starrte die versammelten Zauberer an, aber aus irgendeinem Grund blieben ihm die Worte des Ärgers im Hals stecken. Die Magier sahen aus wie Schafe, die einen gefangenen Wolf fanden und gleichzeitig auf die Idee kamen, daß Einigkeit und Solidarität Stärke schuf.
Ihre Augen glühten sonderbar.
»Was hat diese empörende Entf…« Lord Vetinari zögerte und fügte hinzu: »Ich meine, was hat dies zu bedeuten? Es ist ein kleiner Scherz am Tag der Geringen Götter, nicht wahr?«
Der Patrizier ließ den Blick über faltige Gesichter schweifen und richtete ihn auf einen kleinen Jungen, der einen langen Metallstab in der Hand hielt. Der Knabe lächelte das seltsamste Lächeln, das er jemals gesehen hatte.
Krempel räusperte sich.
»Mein Lord…«, begann er.
»Sprich!« sagte der Patrizier scharf.
Krempel wollte zunächst zurückhaltend und bescheiden bleiben, aber der Tonfall des Lords war entschieden zu gebieterisch. Die Knöchel des Thaumaturgen wurden weiß.
»Ich bin ein Zauberer der achten Stufe«, stellte er ruhig fest. »Und daher wirst du mir mit angemessenem Respekt begegnen.«
»So ist es richtig«, warf Münze ein.
»Werft ihn in den Kerker«, sagte Krempel.
»Wir haben überhaupt keinen Kerker«, gab Spelzdinkel zu bedenken. »Wir sind hier in der Universität.«
»Bring ihn in den Weinkeller«, zischte Krempel. »Und wenn du schon dort unten bist… Bau ein Verlies.«
»Ist euch eigentlich klar, auf was ihr euch einlaßt?« fragte der Patrizier. »Ich verlange auf der Stelle eine Erklärung!«
»Du hast nichts mehr zu verlangen«, erwiderte Krempel. »Und was deinen freundlichen Wunsch nach einer Erklärung betrifft… Von nun an herrschen Zauberer über die Stadt, wie es sich gehört. Bringt den Lord jetzt…«
»Zauberer? Ihr wollt über Ankh-Morpork herrschen? Es fällt euch doch schon schwer genug, die Universität zu verwalten.«
»Ja!« Krempel ahnte, daß er damit keine besonders schlagfertige Antwort gab, aber es blieb ihm kaum Zeit, sich eine bessere einfallen zu lassen. Argwöhnisch beobachtete er den Hund Wuffel, der zusammen mit seinem Herrchen in den neuen Großen Saal teleportiert worden war und auffälliges Interesse am Stiefel des Zauberers zeigte.
»In einem solchen Fall ziehen alle weisen Männer die Sicherheit eines möglichst tiefen Kerkers vor«, verkündete der Patrizier. Er seufzte zum drittenmal innerhalb weniger Minuten. »Wenn ihr nun mit dem Unsinn aufhört und mich
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